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Klangvokal
Musikfestival Dortmund
11.05.2018 - 10.06.2018

Maddalena ai piedi di Cristo

Oratorium in zwei Teilen
Libretto von Bernardo Sandrinelli nach Lodovico Forni
Musik von Antonio Caldara

in italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 50' (eine Pause)

Aufführung in der St. Reinoldikirche Dortmund  am 10. Juni 2018

 

 

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Wettstreit der irdischen und himmlischen Liebe

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum

Antonio Caldara zählt neben Georg Philipp Telemann zu den produktivsten Komponisten der Musikgeschichte. Doch von seinen weit über 3000 Werken, darunter 80 Opern, 40 Oratorien und rund 300 Kantaten, steht heutzutage nur selten etwas auf dem Konzertprogramm. Da bildete die "Zeitinsel", die Andrea Marcon mit dem La Cetra Barockorchester Basel im Konzerthaus Dortmund an drei aufeinander folgenden Abenden 2014 diesem Komponisten widmete (siehe auch unsere Rezensionen), durchaus eine Ausnahme. Nun beendet das Klangvokal Musikfestival mit Caldaras Oratorium Maddalena ai piedi di Cristo das Jubiläums-Festival in der St. Reinoldikirche Dortmund. Auch wenn es als Quelle für dieses Stück lediglich eine Partitur-Abschrift in Wien aus dem Jahr 1713 gibt, legt die musikalische Struktur des Werkes nahe, dass das Oratorium noch Ende des 17. Jahrhunderts in Venedig entstand, bevor Caldara als "Maestro di capella" einen Ruf an den Hof des Herzogs von Mantua erhielt, dem dann eine Anstellung in Rom und schließlich bis zu seinem Tod 1736 ein Posten als Kapellmeister des Habsburger Kaisers Karl VI. in Wien folgten.

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Damien Guillon in Doppelfunktion: als musikalischer Leiter des Ensembles Le Banquet Céleste und als Amore celeste

Das Libretto war bereits 1690 von Giovanni Maria Bononconi vertont worden, basiert auf dem Ereignis, das im Lukas-Evangelium 7, 36-50, geschildert wird, und bezieht Auszüge aus dem Johannes-Evangelium (11, 1-2 und 12, 1-4) mit ein. Der von Maddalena (Magdalena) erlebte innere Kampf wird im Oratorium vor allem von zwei allegorischen Figuren verantwortet: der himmlischen Liebe (Amore celeste) und der irdischen Liebe (Amore terreno), die um Maddalenas Seele kämpfen. Im gesamten ersten Teil steht Maddalena als verzweifelte Frau an einem Scheideweg und weiß nicht, ob sie dem Ruf der irdischen oder der himmlischen Liebe folgen soll. Schließlich ist es ihre Schwester Marta (Martha), die ihr rät, Cristo (Christus), den geheimnisvollen Mann aus Nazareth, aufzusuchen und bei ihm ihr Seelenheil zu suchen. Im zweiten Teil gelangt Maddalena dann zu Cristo und wirft sich reumütig zu seinen Füßen. Ein Pharisäer will sie vertreiben und traut ihren Absichten nicht. Doch Cristo weist den Pharisäer in seine Schranken und zeigt Maddalena den richtigen Weg zum inneren Frieden. So triumphiert die himmlische über die irdische Liebe.

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Benedetta Mazzucato als Amore terreno

Nach einer kurzen einleitenden Sinfonia, die von dem französischen Alte-Musik-Ensemble Le Banquet Céleste unter der musikalischen Leitung seines Gründers Damien Guillon differenziert präsentiert wird, gehört der Anfang der irdischen Liebe. Benedetta Mazzucato versucht mit dunkel gefärbtem Alt als Amore terreno, Maddalena im Schlaf zu irdischen Vergnügen zu verführen. Mazzucatos warm-timbrierter Alt hat dabei etwas Laszives, Verführerisches und kann mit dem weichen Klang einen Menschen durchaus auf Irrwege führen. Doch schon schreitet die himmlische Liebe ein. Guillon übernimmt hier eine Doppelfunktion. So ist er nicht nur als musikalischer Leiter in dieser Produktion tätig, sondern bietet als Amore celeste mit klarem Countertenor und sauber ausgesungenen Bögen der irdischen Liebe Einhalt. Mazzucato lässt sich allerdings nicht so leicht einschüchtern, und so kommt es zwischen den beiden zu einer musikalisch furiosen Kampfansage.

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von links: Maddalena (Emmanuelle de Negri), Marta (Maïlys De Villoutreys), Amore celeste (Damien Guillon), Amore terreno (Benedetta Mazzucato) und Pharisäer (Benoît Arnould)

Jetzt erst tritt Maddalena auf und beklagt in einem ausgedehnten Rezitativ ihre innere Unruhe. Emmanuelle de Negri begeistert als Maddalena dabei mit leuchtendem Sopran und reinen Höhen, die bereits nahelegen, dass die himmlische Liebe den Kampf um Maddalenas Seele wohl gewinnen wird, auch wenn ihre erste große Arie "In un bivio è mio volere" ("Auf einem Scheideweg befindet sich mein Wille") dies noch offen lässt. De Negri punktet dabei mit rund angesetzten Spitzentönen. Ein musikalischer Höhepunkt ist die folgende Arie der himmlischen Liebe, "Spera, consolati", in der Amore celesto Maddalena Hoffnung gibt und Trost spendet. Guillon gestaltet dieses Stück mit solcher Wärme in der Stimme und so fließenden Bögen, dass der Zuhörer bei diesen Worten wirklich die Zuversicht zu Maddalenas Rettung findet. Beim folgenden Auftritt der irdischen Liebe schleichen sich hingegen leichte Disharmonien ein, die deutlich machen, dass Amore terreno den falschen Weg vorgibt.

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Cristo (Reinoud Van Mechelen)

Mit warmem Sopran überzeugt auch Maïlys de Villoutreys als Maddalenas Schwester Marta, die für ihre Schwester stets einen passenden Rat hat. Hervorzuheben ist dann im Anschluss das Cello-Vorspiel zu Maddalenas Arie "Pompe inutili che il fasto animate", in der sie den irdischen Sünden entsagen will. Für den Pharisäer hätte man sich vielleicht einen noch dunkleren Bass gewünscht. Benoît Arnould gestaltet die Partie gut, hätte mit mehr Schwärze und Volumen in den Tiefen der Figur jedoch noch mehr Autorität verleihen können. Reinoud Van Mechelen hingegen überzeugt als Cristo mit strahlendem Tenor, dem Maddalena auf der Suche nach ihrer Bestimmung nur zu gerne folgt. Wenn sie Cristo weinend im zweiten Teil zu Füßen fällt, wird dies musikalisch von Caldara in einem weiteren bewegenden Vorspiel umgesetzt. De Negri begeistert anschließend in ihrer großen Arie "In lagrime stemprato il cor qui cade". Auch ihre Arie "Per il mar del pianto mio" stellt einen weiteren musikalischen Glanzpunkt des Oratoriums dar. Nachdem die irdische Liebe bereits den Kampf um Maddalenas Seele verloren hat, darf Mazzucato noch in einer furiosen Arie, "Orribili, terribili", die Geister der Unterwelt herbeirufen und ihre Niederlage verfluchen. Mazzucato begeistert dabei mit wunderbar flexiblen Läufen, die ihre Wut genauso gut zum Ausdruck bringen wie ihr Abgang am Ende in den Tartarus.

So enthält dieses Oratorium zahlreiche musikalische Perlen, die in der wunderbaren Akustik der St. Reinoldikirche bei dem gut disponierten Ensemble bestens zur Geltung kommen. Das Publikum zeigt sich begeistert und spendet am Ende verdienten Beifall für alle Beteiligten.

FAZIT

Dem Klangvokal Musikfestival gelingt mit dieser Rarität von Antonio Caldara ein würdiger Abschluss des Jubiläums-Festivals, der Lust auf mehr "Caldara" macht. Le Banquet Céleste wird dieses Oratorium im September auf CD bei Alpha Classics herausbringen.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2018

 

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Damien Guillon

Le Banque Céleste

 

Solisten

Amore celeste (Himmlische Liebe)
Damien Guillon

Maddalena (Magdalena)
Emmanuelle de Negri

Marta (Martha)
Maïlys de Villoutreys

Amore terreno (Irdische Liebe)
Benedetta Mazzucato

Cristo (Christus)
Reinoud Van Mechelen

Fariseo (Pharisäer)
Benoît Arnould

 

Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



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