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Innsbrucker Festwochen der Alten Musik
17.07.2018 - 27.08.2018


Gli amori d'Apollo e di Dafne

Oper in einem Prolog und drei Akten
Libretto von Giovanni Francesco Busenello nach einer Episode aus den Metamorphosen von Ovid
Musik von Francesco Cavalli

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 35' (eine Pause)

Premiere im Innenhof der Theologischen Fakultät in Innsbruck am 20. August 2018




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Zwischen Traum und Wirklichkeit

Von Thomas Molke / Fotos: © Innsbrucker Festwochen / Rupert Larl

Francesco Cavalli zählt mit Claudio Monteverdi zu den Gründungsvätern der frühen venezianischen Oper und avancierte nach Monteverdis Tod zum berühmtesten und meistgespielten Komponisten seiner Zeit, da er anders als seine Vorgänger Opern nicht mehr zu Repräsentationszwecken schuf, sondern für öffentliche Opernhäuser komponierte und damit den Unterhaltungswert in den Vordergrund stellte. Von seinen 27 erhaltenen Opern stehen heutzutage höchstens noch La Calisto, La Didone und sein damaliger größter Erfolg Il Giasone ab und zu auf den Spielplänen der Opernhäuser. Nachdem die Innsbrucker Festwochen sich 2011 im Rahmen der Akademieprojekte bei der ersten Produktion unter dem Titel BAROCKOPER:JUNG Cavallis La Calisto gewidmet hatten, steht dieses Jahr bei diesem mittlerweile fest etablierten Bestandteil des Festivals Cavallis zweite erhaltene Oper auf dem Spielplan, die sich ebenfalls mit einer Episode aus Ovids Metamorphosen beschäftigt: Apollo e Dafne.

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Aurora (Eléonore Pancrazi) betrügt Titone mit Cefalo (Juho Punkeri).

Doch eigentlich muss man hierbei gleich von mehreren Episoden aus Ovids berühmtem Epos sprechen, da Cavallis Librettist Giovanni Francesco Busenello nicht nur die Geschichte der schönen Nymphe Dafne erzählt, die die Liebesbeteuerungen des Gottes Apollo zurückweist und vor ihm flieht, bis sie sich schließlich in einen Lorbeerbaum verwandeln lässt, dessen Blätter fortan als Zeichen des Ruhmes erhabene Häupter krönen sollen. Diese Handlung wird verknüpft mit der Liebe zwischen dem schönen König Cefalo und der Göttin der Morgenröte, Aurora, aus der nach einer mythologischen Überlieferung Phaëton als Sohn hervorgegangen sein soll. Unter dieser Liebesbeziehung leidet nicht nur Cefalos Gattin Procri, die in der Oper ein betörend schönes Lamento erhält, das an Monteverdis Arianna erinnert, sondern auch Auroras ehemaliger Geliebter Titone. Aus Liebe hatte Aurora beim Göttervater Giove das ewige Leben für den trojanischen Königssohn erwirkt, dabei aber das Geschenk der ewigen Jugend vergessen, so dass Titone mittlerweile zu einem alten und weißhaarigen Männchen geschrumpft ist und für Aurora jeglichen Reiz verloren hat. Diese Mythen werden zusammenhanglos miteinander verwoben, ohne dass dabei eine dramaturgisch durchgängige Handlung entsteht. Eingeleitet werden diese Szenen von einem Prolog, in dem der Gott des Schlafes, Sonno, auftritt und seine drei Diener Morfeo, Itaton und Panto beauftragt, die Menschen mit Träumen zu erfüllen. So lässt sich die bunte Szenenfolge als aneinander gereihte Traumsequenzen deuten.

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Amore (Giulia Bolcato) im Kampf mit Apollo (Schattenarm)

Um den Aspekt des Traums zu betonen, startet Alessandra Premoli in ihrer Inszenierung in einem Krankenzimmer oder vielleicht auch einem Schlaflabor. Auf einem Bett liegt eine Frau, Dafne, die von einer obsessiv Kaugummi kauenden Krankenschwester, Amore, mehrere Injektionen erhält, während ein Arzt, der später unter anderem in die Gestalt des Gelehrten Alfesebio schlüpft, Notizen macht und sich mit der Managerin des Krankenhauses, die später als Göttin Venus (Venere) und als Dafnes Vertraute Filena auftritt, austauscht. Mit einer weißen Maske tritt Andrea Pellegrini als Sonno auf und ruft seine drei Diener herbei, bei denen es sich wohl mythologisch um die drei Söhne des Schlafgottes handeln soll. Während Morfeo als Gott der Träume noch bekannt sein könnte und Panto wahrscheinlich nur eine Abwandlung des Namens seines Bruders, Phantasos, darstellt, bleibt der Name des dritten im Libretto, Itaton, der in der Mythologie Phobetor heißt, unverständlich. Als Gestalten treten drei Schattentheater-Spieler des Schattentheaters alTREtacce auf, die einen wichtigen Bestandteil der Inszenierung bilden. Immer wieder schaffen sie als Figuren auf der Bühne und Akteure hinter der Bühne mit beeindruckenden Schattenspielen wunderbar visuelle Effekte, die den Zuschauer in eine Traumwelt abtauchen lassen. Während es im Innenhof durch das einfallende Tageslicht noch relativ hell ist, treten sie mit Masken auf der Bühne auf und lassen die erwachende Dafne in ein riesiges weißes wehendes Laken regelrecht eintauchen oder umgeben den Gott Apollo mit kleinen Lampen mit einer Art Glorienschein. Später agieren sie als Schatten und stellen beispielsweise eine überdimensionale Hand des Gottes Apollo dar, der einerseits dem Liebesgott Amore spöttisch seine Überlegenheit demonstriert und andererseits später nach der fliehenden Dafne greift.

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Noch ist Dafne (Sara-Maria Saalmann) ausgelassen und freut sich ihres Lebens.

Besonders beeindruckend gelingt das Schlussbild, wenn Dafne um die Verwandlung in einen Lorbeerbaum gebeten hat. Während sie ihr Alter Ego betrachtet, das leblos in dem Krankenbett liegt, bringen die übrigen Figuren silbern glänzende Lorbeerzweige und setzen sie vor dem Bett zu einem kleinen Baum zusammen. Apollo erkennt am Bett der scheinbar toten Frau, dass er seine Geliebte verloren hat und nun mit dem Abpflücken eines Zweiges auch noch ihren Körper als Pflanze verletzt hat. In einem rührenden Lamento bittet er Dafne um Vergebung und besänftigt die Nymphe schließlich, die sich hinter dem Bett positioniert und mit den Lorbeerzweigen einen betörend schönen, riesigen Schatten als Lorbeerbaum auf die weiße Rückwand der Bühne wirft. Bei diesen wunderbaren Bildern lässt sich leicht über die fragwürdige Dramaturgie des Stückes hinwegsehen.

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Dafne (Sara-Maria Saalmann) auf der Flucht vor Apollo (Rodrigo Sosa dal Pozzo, mit den Schattentheater-Spielern)

Hinzu kommen die musikalischen Qualitäten des Werkes, die von den jungen Sängerinnen und Sängern und der unter der Leitung von Massimiliano Toni virtuos aufspielenden Accademia La Chimera großartig umgesetzt werden. Da ist zunächst Sara-Maria Saalmann als Dafne zu nennen, die stimmlich mit ihrem strahlend leuchtenden Sopran und optisch nicht nur den Gott Apollo verzaubert. Mit großer Intensität gestaltet sie darstellerisch und stimmlich den Wandel von der selbstbewussten jungen Frau, die sich nicht der Liebe unterwerfen will und den sie umwerbenden Gott brüsk zurückweist, hin zu einem verzweifelten Mädchen, das die einzige Rettung in der Verwandlung in einen Baum sieht. Rodrigo Sosa dal Pozzo setzt die Partie des Apollo mit relativ tiefem Countertenor an, der nur selten in die höheren Bereiche ausbricht und dem Gott damit etwas sehr Majestätisches verleiht. In seinem glänzenden Kostüm und mit seiner blonden Haarpracht erinnert er an einen Popstar. Besonders selbstverliebt gestaltet er seinen ersten Auftritt nach der Pause, wenn ihn die drei Schattenspieler mit einer Weltkugel wie mit einem Fußball spielen lassen. In seinem Lamento am Ende des dritten Aktes zeigt er sehr deutlich die gefühlvolle Seite des Gottes, was die mittlerweile verwandelte Dafne schließlich einlenken lässt. Giulia Bolcato punktet als Liebesgott Amore mit glockenklarem Sopran und niedlichem Spiel. Als Pfeil verwendet sie die Spritze, mit der sie bereits als Krankenschwester zu Beginn aufgetreten ist. Dass sie schwarze Flügel trägt, scheint wohl anzudeuten, dass die Liebe, die Amore bringt, nicht immer glücklich endet.

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Cirilla (Isaiah Bell) ist mit ihrer Armut glücklich.

Die anderen Sängerinnen und Sänger schlüpfen jeweils in mehrere Rollen. Eléonore Pancrazi legt die Partie der Aurora als männermordenden Vamp an. Mit einer blonden Perücke und einem weißen Kleid wirkt sie wie eine Reminiszenz an Marilyn Monroe. Mit kräftigem Mezzosopran macht sie deutlich, dass diese Frau ganz genau weiß, was bzw. wen sie will. Juho Punkeri gestaltet nicht nur ihren mittlerweile alten ehemaligen Geliebten Titone, sondern auch ihren neuen Geliebten Cefalo mit leichtem Tenor und differenziertem Spiel. Isabelle Rejall stattet die Liebesgöttin Venere und Dafnes Vertraute Filena mit vollem Mezzo aus und übernimmt auch zumindest stimmlich die Partie des Itaton im Prolog. Andrea Pellegrini gestaltet den Göttervater Giove und Dafnes Vater Penèo mit autoritärem Bass. Ein besonderes musikalisches Kleinod ist die Arie der alten Cirilla, die von Isaiah Bell mit weichem Tenor interpretiert wird. Darin freut sie sich über ihre Armut, die sie als Reichtum schätzt, da an nichts auf der Erde ihr Herz hänge und sie somit ohne Sorge den Tod erwarten könne. Premoli inszeniert die alte Frau als alternde Putzfrau in dem Krankenzimmer, die sich mit ihren Putzutensilien in einem Schattenspieler mit wertvollen Schmuckstücken spiegelt. Aufhorchen lässt auch Deborah Cachet als Cefalos Gattin Procri, die an der Untreue ihres Gatten leidet. Cachet setzt das großartige Lamento mit weichem, verletzlichem Sopran um. Jasin Rammal-Rykała rundet als Panto und Alfesebio mit dunklem Bass die Solistenriege wunderbar ab, so dass es am Ende zu Recht großen Beifall für alle Beteiligten gibt.

FAZIT

Musikalisch ist dieses Frühwerk Cavallis ein Juwel. Die Geschichte erweist sich mit den zusammenhanglos aneinander gereihten Szenen zwar nicht als repertoiretauglich, ist in dieser fantasievollen Inszenierung von Alessandra Premoli aber auf jeden Fall sehenswert.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Massimiliano Toni

Regie
Alessandra Premoli

Kostüme
Mariana Fracasso



Accademia La Chimera

Schattentheater alTREtacce


Solisten

Dafne
Sara-Maria Saalmann

Apollo
Rodrigo Sosa dal Pozzo

Amore
Giulia Bolcato

Procri / Ninfa / Musa
Deborah Cachet

Aurora / Ninfa / Musa
Eléonore Pancrazi

Itaton / Venere / Filena / Musa
Isabelle Rejall

Morfeo / Cirilla / Pastore
Isaiah Bell

Titone / Cefalo / Pan
Juho Punkeri

Panto / Alfesebio / Pastore
Jasin Rammal-Rykała

Sonno / Giove / Penèo
Andrea Pellegrini

 


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