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Rossini Opera Festival

Pesaro
11.08.2018 - 23.08.2018


Adina

Farsa in einem Akt
Libretto von Gherardo Bevilacqua Aldobrandini
Musik von Gioachino Rossini

In italienischer Sprache mit italienischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 20' (keine Pause)

Koproduktion mit dem Wexford Festival Opera

Premiere im Teatro Rossini in Pesaro am 12. August 2018


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Rossini Opera Festival

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Flucht von der Hochzeitstorte

Von Thomas Molke / Fotos: © Studio Amati Bacciardi (Rossini Opera Festival)

Rossinis einaktige Farsa Adina gehört nicht nur zu den recht unbekannten und wenig beachteten Werken des Schwans von Pesaro, sondern gibt der Forschung bis heute auch noch einige Rätsel auf. Zum einen ist unklar, von wem Rossini den Kompositionsauftrag im Dezember 1817 erhielt. Hier werden mehrere Namen genannt, die das Werk für eine verehrte Sopranistin am Teatro São Carlos in Lissabon in Auftrag gegeben haben sollen, deren Name ebenso unbekannt ist wie der des vermeintlichen Liebhabers der Dame. Zum anderen weiß man nicht, wieso die für 1818 geplante Aufführung nicht zustande kam. Hatte Rossini die Oper nicht zum vereinbarten Zeitpunkt abgeliefert, hatte die besagte Sopranistin das Theater in Lissabon bereits verlassen oder war ihre Beziehung zu dem Auftraggeber in die Brüche gegangen? Jedenfalls erlebte das Stück erst acht Jahre später am 22. Juni 1826 in Lissabon seine Uraufführung, als der renommierte Bass Giovanni Orazio Cartagenova diese Farsa zusammen mit dem 2. Akt von Rossinis Semiramide für eine einmalige Benefizvorstellung präsentierte. Eine weitere Aufführung im 19. Jahrhundert ist nicht belegt, so dass Rossini selbst dieses Werk wohl nie persönlich auf der Bühne gesehen haben dürfte. Daher verwundert es nicht, dass das Rossini Opera Festival für diesen Einakter als Kooperationspartner das Wexford Festival Opera gewonnen hat, das sein Programm stets aus Werken fernab des gängigen Repertoires zusammenstellt.

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Selimo (Levy Sekgapane, 2. von links vorne) erfährt von Mustafà (Davide Giangregorio, vorne links), dass seine Geliebte Adina im Serail des Califo (Vito Priante, Mitte) lebt.

Die Geschichte erinnert an eine Variante von Mozarts berühmter Entführung aus dem Serail, dürfte allerdings eher auf ein Libretto von Felice Romani für Francesco Basilis zweiaktige komische Oper Il califo e la schiava zurückgehen. Basilis Oper kam zwar erst 1819 zur Uraufführung, aber es wird gemutmaßt, dass Romani dieses Libretto vorher schon einmal Rossini angeboten, dieser es jedoch zugunsten von La gazza ladra abgelehnt und es nun für den Kompositionsauftrag, den er parallel zu seinem Mosè in Egitto abwickelte, wieder hervorgeholt habe. Die Handlung spielt im Serail des Kalifen von Bagdad, der sich in die junge Sklavin Adina verliebt hat und sie heiraten möchte, weil sie ihn an seine frühe Jugendliebe Zora erinnert. Adina, die ihren Geliebten Selimo verloren hat und diesen für tot hält, fühlt sich vom Werben des Kalifen geschmeichelt und ist bereit, die Verbindung mit dem älteren Mann einzugehen, auch wenn sie ihn nicht wirklich liebt. Da taucht plötzlich der tot geglaubte Selimo wieder auf. Adina beschließt, mit ihm zu fliehen. Doch der Fluchtplan wird vom Kalifen entdeckt, und Selimo soll hingerichtet werden. Als Adina bei ihren erfolglosen Bitten für das Leben des Geliebten das Bewusstsein verliert, entdeckt der Kalif ein Schmuckstück, das Adina als seine Tochter ausweist. Folglich beschließt er, den vermeintlichen Nebenbuhler zu begnadigen und mit seinem wieder gefundenen Kind zu vermählen.

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Adina (Lisette Oropesa) plant mit Selimo (Levy Sekgapane, vorne rechts) die gemeinsame Flucht.

Das Regieteam um Rosetta Cucchi setzt die Geschichte als knallbuntes Spektakel um. Tiziano Santis Bühnenbild besteht aus einer riesigen Hochzeitstorte in mehreren Ebenen. Im unteren Bereich eröffnet sich hinter den Tortenwänden ein luxuriös ausgestatteter Zimmer des Kalifen mit Badewanne und orientalisch anmutenden Kacheln. In der ersten Etage ist Adina mit zwei Dienerinnen untergebracht, die in ihren knallroten Kleidern genauso wie das übrige Personal des Kalifen an Figuren aus einem Märchenland à la Oz erinnern. Die dritte Ebene entpuppt sich im Verlauf des Stückes als Kerker, in den Selimo für die geplante Hinrichtung gesperrt wird. Ein Akrobat wird als Henker aus dem Schnürboden herabgelassen, der an dem Henkersseil atemberaubende Kunststücke vollzieht. Auf der Torte thront ein Hochzeitspärchen, dem Cucchi in einer ausgefeilten Personenregie eine ganz eigene Geschichte gibt. Während die Torte nämlich für die bevorstehende Hochzeit mit weiteren Baiser-Häubchen perfektioniert wird, bekommt das Pärchen auf der Hochzeitstorte Streit. Vergeblich bemüht sich der Bräutigam im weiteren Verlauf des Stückes um die Braut, die sein Werben zurückweist. Damit wird die Geschichte um den Kalifen und Adina gewissermaßen gedoppelt. Erst als Adina am Ende mit Selimo vermählt wird, findet auch das Paar auf der Torte wieder zueinander.

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Alì (Matteo Macchioni, vorne rechts) berichtet dem Califo (Vito Priante, hinten Mitte) von Adinas heimlichem Treffen mit dem unbekannten Sklaven.

Die Inszenierung beginnt bereits vor der Aufführung im Saal. Im Foyer sind die Diener mit zahlreichem Blumenschmuck verteilt, und der Kalif betritt mit Adina und einer riesigen Entourage genauso wie das Publikum den Saal über das Parkett. Auf dem Prospekt, der den Vorhang ersetzt, wird feierlich die Vermählung Adinas mit dem Kalifen angekündigt, und der Kalif schreitet mit seiner zukünftigen Braut Aufmerksamkeit heischend, wie man es von unliebsamen Pseudo-Prominenten kennt, durch den Saal. Wenn der Prospekt am Ende der Vorstellung wieder herabgelassen wird, ändert ein Diener noch schnell die Namen und ersetzt den Kalifen durch Selimo. Der Pomp bei dieser neuen Hochzeit bleibt folglich der gleiche. Sehr liebevoll sind auch die Buchsbäume um die Hochzeitstorte gestaltet, die in ihren Formen ebenfalls an eine Märchenwelt erinnern. In der Personenregie setzt Cucchi alles daran, den "Semiseria"-Charakter des Stückes nicht zu stark zu betonen. Wenn Selimo mit Adina fliehen will, lassen beispielsweise die beiden Dienstmädchen derart viel Gepäck aus der ersten Etage herab, dass eine erfolgreiche Flucht mit allen Koffern eigentlich gar nicht mehr möglich ist. Adinas Frage nach ihrer Ohnmacht, ob sie verrückt sei, wird von dem sie tröstenden Chor nicht gerade verneint. Das Schmuckstück, an dem der Kalif in Adina am Ende seine Tochter erkennt, ist bei Cucchi kein Medaillon, sondern ein Armreif, den Adina unter ihrem Gewand getragen hat. Sonst hätte der Kalif sie vielleicht auch vorher schon als seine Tochter erkannt.

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Happy End auf der Hochzeitstorte: auf der mittleren Ebene: Adina (Lisette Oropesa) und Selimo (Levy Sekgapane), unten Mitte: Califo (Vito Priante) mit zwei Sklavinnen

Musikalisch bewegt sich die Aufführung auf hohem Niveau. Vito Priante begeistert als Califo mit profundem Bass und großer Beweglichkeit in den Läufen. Ein Höhepunkt stellt seine große Arie "D'intorno il Serraglio" dar, in der er nach einem Gespräch mit seinem Diener Alì befürchtet, dass seine geliebte Adina ihn hintergehen will. Hier punktet Priante mit großem dramatischem Ausdruck. Lisette Oropesa legt die Partie der Adina als eine Art Luxusweibchen an, das dem Reichtum des Kalifen erlegen ist, was bereits in ihrer Auftrittskavatine "Fragolette fortunate" deutlich wird, wenn sie mit den gepflückten Erdbeeren die Hochzeitstorte schmücken will und ihr Leben sichtlich genießt. Die glasklar ausgesungenen Koloraturen werden von Oropesa wunderbar in Szene gesetzt. So jubiliert sie im Finale mit den Koloraturen beispielsweise über das neue Hochzeitskleid, das ihr nun zur Vermählung mit Selimo überreicht wird. Auch die flehentlichen Bitten um das Leben des Geliebten werden von ihr stimmlich und szenisch in wunderbarem Einklang umgesetzt. Levy Sekgapane verfügt als Selimo über einen sehr hellen Tenor, der in den Höhen große Strahlkraft besitzt. So stellt seine Arie "Giusto ciel, che i dubbi miei", in der er sich Mut für die geplante Flucht mit der Geliebten zuspricht, einen weiteren musikalischen Höhepunkt des Abends dar.

Matteo Macchioni legt die Partie des Dieners Alì sehr effeminiert an. So stöbert er in seiner Sorbetto-Arie "Pur troppo la donna", in der er kurz vor dem Finale sein Unverständnis über das Verhalten der Frauen ausdrückt, in Adinas Kleidern und tauscht seine Schuhe gegen Pomps aus. Dabei überzeugt er stimmlich mit einem hohen und geschmeidig fließenden Tenor. Davide Giangregorio hat zwar als Diener Mustafà keine eigene Arie, gefällt aber durch dunklen Bass und komisches Spiel. Auch der von Mirca Rosciani einstudierte Coro del Teatro della Fortuna M. Agostini überzeugt durch homogenen Klang und große Spielfreude. Diego Matheuz rundet mit dem Orchestra Sinfonica G. Rossini mit frischem Rossini-Klang aus dem Graben den Abend wundervoll ab, so dass es am Ende für alle Beteiligten verdienten und großen Beifall gibt, in den sich auch das Regie-Team unter großem Jubel einreiht.

FAZIT

Rossinis Adina mag zwar im Schaffen des Schwans von Pesaro keine allzu große Rolle spielen, die hochkarätige Besetzung und die unterhaltsame Inszenierung machen das Stück aber dennoch hörens- und sehenswert.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Diego Matheuz

Regie
Rosetta Cucchi

Bühnenbild
Tiziano Santi

Kostüme
Claudia Pernigotti

Licht
Daniele Naldi

Chorleitung
Mirca Rosciani



Coro del Teatro della Fortuna M. Agostini

Orchestra Sinfonica G. Rossini


Solisten

Califo
Vito Priante

Adina
Lisette Oropesa

Selimo
Levy Sekgapane

Alì
Matteo Macchioni

Mustafà
Davide Giangregorio

 


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