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Wexford Festival Opera
22.10.2019 - 03.11.2019


Don Quichotte

Comédie-héroïque in fünf Akten
Libretto von Henri Cain nach dem Schauspiel Le chevalier de la longue figure (1904) von Jacques Le Lorrain
basierend auf Don Quixote von Miguel de Cervantes
Musik von
Jules Massenet

In französischer Sprache mit englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 35' (eine Pause)

Premiere im O'Reilly Theatre im National Opera House in Wexford am 22. Oktober 2019



 

 

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Bewegendes Alterswerk voller Melancholie

Von Thomas Molke / Fotos: © Clive Barda

Miguel de Cervantes' Don Quixote gilt als erster moderner Roman der Weltgeschichte, der auch heute noch zu den meistgelesenen Werken der Literatur zählt. Obwohl die Geschichte um den Landadeligen Alonso de Quijana, der nach der Lektüre unzähliger Ritterromane verrückt wird und beschließt, als fahrender Ritter Don Quixote durch die Welt zu reisen und das Unrecht zu bekämpfen, auch zahlreiche Komponisten inspiriert hat, den Stoff zu vertonen, konnten nur wenige dieser musikalischen Bearbeitungen sich dauerhaft auf den Spielplänen der Opernhäuser durchsetzen. Ausnahmen bilden das Musical Man of La Mancha von Mitch Leigh und Dale Wasserman und vielleicht seit einigen Jahren Jules Massenets Comédie-héroïque Don Quichotte, die 1910 in Monte Carlo eine äußerst erfolgreiche Uraufführung erlebte und als Alterswerk ähnlich wie bei Verdis zwei Jahrzehnte zuvor komponiertem Falstaff eine Art persönliches Lebensfazit des Komponisten zieht.

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Don Quichotte (Goderdzi Janelidze, vorne rechts) und sein Knappe Sancho Panza (Olafur Sigurdarson, vorne links) auf dem Weg zu neuen Abenteuern

Dabei orientiert sich Massenet in seiner Vertonung mit Ausnahme der verbalen Auseinandersetzungen zwischen Don Quichotte und seinem Knappen Sancho Panza sowie dem legendären Kampf gegen die Windmühlen weniger an Cervantes' zweibändigem Ritterroman als vielmehr an dem Theaterstück Le chevalier de la longue figure von Jacques Le Lorrain, das am 3. April 1904 uraufgeführt wurde und den Schwerpunkt auf das Lebensende Don Quichottes setzt. Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Figur der Dulcinea, die bei Cervantes die Wirtsmagd Aldonza ist, die von Don Quixote zu einer Edeldame idealisiert wird und somit eigentlich nur dessen Fantasie entspringt. Bei Lorrain und Massenet wird diese Figur als La Belle Dulcinée nun Realität. Allerdings ist sie als Kurtisane, die mit den Männern spielt, für Don Quichotte genauso unerreichbar wie das Traumbild Dulcinea bei Cervantes. Obwohl Don Quichotte nämlich bei Massenet ihren Wunsch erfüllt, ihr als Liebesbeweis eine von Räubern gestohlene Perlenkette zurückzubringen, indem er auf wundersame Weise die Räuber bekehrt und zur Herausgabe ihrer Beute bringt, weist Dulcinée den Ritter spöttisch zurück. Mit gebrochenem Herzen zieht sich Don Quichotte mit seinem Diener Sancho Panza in den Wald zurück und nimmt todkrank Abschied von der Welt, wobei ihm im Tod noch einmal Dulcinée als Stern am Firmament erscheint.

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Don Quichotte (Goderdzi Janelidze) verehrt La Belle Dulcinée (Aigul Akhmetshina).

Das Regie-Team um Rodula Gaitanou verzichtet in seiner Inszenierung auf eine Modernisierung oder Umdeutung der Geschichte und vertraut ganz auf die Kraft der Vorlage, zu Recht. Selten hat man diese Oper bewegender gesehen, so dass man sich an einen Stellen wirklich fragt, ob man jetzt vor Begeisterung klatschen oder vor Rührung weinen möchte. Mit vier variablen hohen Bühnenelementen aus Holz werden für die fünf Akte unterschiedliche Räume geschaffen, die mit dem Prospekt im Bühnenhintergrund durchaus spanisches Flair vermitteln. La Belle Dulcinée erinnert in ihren verführerischen Kostümen an Carmen und scheint Teil eines Wanderzirkus zu sein, der mit Clown, Ritter und Zauberkünstler zu Beginn der Oper in der Stadt seine Zelte aufschlägt. In der Mitte befindet sich im ersten Akt eine kleine Bühne mit rotem Vorhang und zahlreichen Lämpchen, auf der Dulcinée ihren ersten großen Auftritt hat. Von den vier Verehrern, die die wunderschöne Frau umgarnen, kann man allerdings nur zwei wirklich ernst nehmen. Elly Hunter Smith und Dominick Felix wirken als Garcias und Rodriguez in ihren Schuluniformen mit Mütze eher wie auf einem Schulausflug. Aber auch Gabriele Dundoni und Gavan Ring können als Pedro und Juan nicht bei La Belle Dulcinée landen. Der von Errol Girdlestone einstudierte Chor des Wexford Festival Opera punktet durch große Spielfreude und kräftigen Klang.

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Kampf gegen die Windmühlen: Don Quichotte (Goderdzi Janelidze, oben) und Sancho (Olafur Sigurdarson, unten)

Don Quichotte und sein Knappe Sancho Panza sind optisch so gezeichnet, wie man sich die beiden aus Cervantes' Roman vorstellt. Dem noch recht jungen Goderdzi Janelidze gelingt es in der Titelpartie dabei absolut glaubhaft, in seinen Bewegungen einen alten, bereits etwas gebrechlichen Menschen darzustellen. Olafur Sigurdarson ist darstellerisch und stimmlich eine Idealbesetzung für den Knappen Sancho Panza. Mit großem Spielwitz kommentiert er einerseits die Zweifel an den hehren Träumen seines Herrn, weist aber andererseits das Volk, das sich über Don Quichottes seltsames Wesen lustig macht, beherzt und entschieden in seine Schranken. Mit beweglichem Bariton glänzt Sigurdarson und beherrscht dabei genauso einen leichten Parlando-Ton wie große dramatische Ausbrüche. Ein Höhepunkt des Abends stellt seine Arie im zweiten Akt dar, wenn er sein allgemeines Misstrauen gegenüber Frauen zum Ausdruck bringt. Janelidze verfügt mit seinem Bass über eine markante Tiefe, die sich auch mühelos in baritonale Höhen schwingt. Ihm gelingt es, diesen "Ritter der traurigen Gestalt" in keinem Moment der Lächerlichkeit preiszugeben, auch wenn er den Spott der anderen auf sich zieht. Als Pferd Rosinante und als Esel fungieren ein altes klappriges Fahrrad und eine nicht mehr ganz funktionstüchtige Vespa. Auch die Windmühlenszene wird überzeugend umgesetzt. An den Bühnenelementen sind zwei Windmühlenräder befestigt, die allmählich beginnen sich zu drehen. Don Quichotte wird beim Kampf an zwei Schnüren emporgezogen, bevor der Vorhang fällt.

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In seiner Todesstunde sieht Don Quichotte (Goderdzi Janelidze, im Bett) Dulcinée (Aigul Akhmetshina) als Stern am Firmament (links: Sancho (Olafur Sigurdarson)).

Bewegend wird auch die Szene bei den Banditen im dritten Akt gestaltet. Die Situation scheint bereits völlig aussichtslos zu sein, als es Don Quichotte mit seinem Gebet gelingt, die Räuber zum Umdenken zu bringen und ihm die gestohlene Kette auszuhändigen. Dulcinée und das Volk sind absolut überrascht, als Don Quichotte im vierten Akt siegreich in die Stadt zurückkehrt. Aigul Akhmetshina ist optisch und stimmlich eine Idealbesetzung für die Partie der Belle Dulcinée. Mit samtweichem Mezzosopran fängt sie einerseits die Melancholie der Figur ein, wenn sie in ihrer Auftrittsarie die Vergänglichkeit der Jugend beklagt, und spielt andererseits absolut glaubhaft die Verführungskunst dieser Femme fatale aus, die ihre Verehrer zappeln lässt. Wenn Don Quichotte im vierten Akt um ihre Hand anhält, ist sie zunächst amüsiert und weist ihn zurück, empfindet im Gegensatz zum Volk aber schließlich doch Mitleid, wenn sie ihn anschließend als gebrochenen Mann erlebt. Da handelt sie beinahe wie Sancho und will nicht, dass das Volk Don Quichotte in seinem Elend sieht. Von daher verwundert es nicht, dass sie Don Quichotte in seiner Todesstunde als strahlender Stern am Firmament erscheint. Akhmetshina schreitet dabei in einem reinen weißen Kleid, das im Schnitt den vorherigen Kleidern nachempfunden ist, im Hintergrund über die Bühne. Timothy Myers lotet mit dem Wexford Festival Opera das lebhafte Treiben in der Stadt ebenso formschön aus wie die melancholischen Klänge, die Don Quichottes Welt beschreiben. Hervorzuheben ist hier vor allem das großartige Cello-Solo im Zwischenspiel vor dem fünften Akt, das Don Quichottes Sterbeszene einleitet und zu Recht großen Zwischenapplaus erntet. So gibt es am Ende für alle Beteiligten verdienten Beifall.

FAZIT

Diese Inszenierung geht unter die Haut und zeigt, wie viel Melancholie und Schönheit in Massenets letzter Oper steckt.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Timothy Myers

Regie
Rodula Gaitanou

Bühne und Kostüme
takis

Licht
Simon Corder

Choreographie
Luisa Baldinetti

Chorleitung
Errol Girdlestone



Orchester des Wexford Festival Opera

Chor des Wexford Festival Opera


Solisten

La Belle Dulcinée
Aigul Akhmetshina

Don Quichotte
Goderdzi Janelidze

Sancho
Olafur Sigurdarson

Pedro
Gabrielle Dundoni

Garcias
Elly Hunter Smith

Rodriguez
Dominick Felix

Juan
Gavan Ring

Ténébrun
Henry Grant Kerswell

Banditen
Mark Bonney
Jack Holton
René Bloice-Sanders
Richard Shaffrey
Huw Ynyr

Footman One
Thomas Chenhall

Footman Two
René Bloice-Sanders

Tänzerinnen und Tänzer
Luisa Baldinetti
Nicola Marrapodi
Luca Nava
Andrea Valfre

 


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