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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
11.07.2019 - 28.07.2019


Romilda e Costanza

Melodramma semiserio in zwei Akten
Libretto von Gaetano Rossi
Musik von Giacomo Meyerbeer

In italienischer Sprache mit italienischen und deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h 30' (eine Pause)

Premiere der konzertanten Aufführung in der Trinkhalle am 19. Juli 2019

 

 

 

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Meyerbeers erste italienische Oper

Von Thomas Molke / Fotos folgen

Giacomo Meyerbeer galt im 19. Jahrhundert als größter Komponist der französischen Grand Opéra und beherrschte viele Jahre die Opernbühnen Europas, bis sein Werk im 20. Jahrhundert nicht zuletzt durch den Einfluss der Nationalsozialisten fast vollständig von den Spielplänen verschwand. Erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts setzte mit der Gründung einer Meyerbeer-Gesellschaft die Wiederentdeckung der zu Unrecht vergessenen Werke des 1791 als Jakob Liebmann Meyer Beer auf einer Postkutschenstation zwischen Frankfurt/Oder und Berlin geborenen Komponisten ein. Vernachlässigt werden dabei ein wenig die italienischen Opern, mit denen Meyerbeer vor seiner Pariser Zeit große Erfolge feiern konnte. Das Belcanto Opera Festival Rossini in Wildbad, das 2005 Meyerbeers Semiramide präsentiert und auf CD eingespielt hat, hat nun Meyerbeers erste italienische Oper Romilda e Costanza auf den Spielplan gestellt, die am 19. Juli 1817 im Teatro Nuovo in Padua ihre Uraufführung erlebte und den Grundstein seiner Karriere markierte. Auch wenn er mit den folgenden italienischen Werken noch größere Erfolge feiern konnte, wurden einzelne Nummern aus diesem Opernerstling noch lange Zeit gespielt, bis 1831 mit seiner ersten französischen Oper Robert le Diable eine neue Ära der Oper begann.

Das Libretto stammt von Gaetano Rossi und folgt ganz dem um 1800 verbreiteten Schema der "Rettungsoper". Hier sind es gleich zwei Frauen, Romilda und Costanza, die den von beiden geliebten Prinzen Teobaldo befreien wollen. Teobaldo ist zwar nach seinem Sieg über die Bretonen im Testament seines verstorbenen Vaters Arrigo, des Fürsten der Provence, als Herrscher bestimmt worden. Aber sein Zwillingsbruder Retello, der mit einigen Grafschaften abgefunden werden soll, reißt die Macht mit einigen Verbündeten an sich, überwältigt den Bruder und lässt ihn in ein Turmverlies sperren. Romilda ist in der Verkleidung eines Pagen namens Adelio Teobaldo aus der Bretagne gefolgt, nachdem die beiden dort heimlich geheiratet haben, und will ihrem Gatten gegen den Bruder beistehen. Costanza, die Tochter des Großkanzlers Lotario, hofft, mit Teobaldo vermählt zu werden, da sie ihm schon von Kindheitstagen an als Braut versprochen worden ist, und ist entsetzt, als im Testament verkündet wird, dass Teobaldo nunmehr Romilda heiraten solle. Folglich verbündet sich ihr Vater mit den Verschwörern gegen den Prinzen. Dennoch will sie ihn nicht im Kerker sterben lassen und beschließt mit der als Pagen getarnten Romilda, Teobaldo zu befreien. Romilda verspricht ihr dabei, ihr anschließend die verhasste Rivalin auszuliefern. Der Fluchtplan misslingt, und Teobaldo wird erneut eingesperrt. Retello erteilt dem Burgherrn Albertone den Auftrag, den Bruder umgehend zu töten. Inzwischen sammeln sich Teobaldos Truppen unter der Leitung seines Knappen Ugo, um ihren Herrn zu befreien. Als die Verschwörer schließlich überwältigt werden können, triumphiert Retello dennoch, weil er seinen Bruder für tot hält. Aber Albertone hat den Mordauftrag nicht ausgeführt und stattdessen Teobaldo befreit. Dieser verzeiht seinem Bruder großmütig und ist wieder glücklich mit Romilda vereint, während Costanza leer ausgeht.

Musikalisch merkt man, dass Meyerbeer noch am Anfang seiner Karriere steht. Vieles klingt in der Form noch ein wenig ungeschliffen und besitzt in der Instrumentierung mit einem starken Anteil der Bläser noch nicht die Geschmeidigkeit, die man aus der italienischen Oper dieser Zeit kennt. Dennoch lässt sich auch ein starker Einfluss Rossinis, dessen Werke Meyerbeer während seines langjährigen Italienaufenthalts eingängig studiert hat und den er selbst einmal als "Giove di musica" (Jupiter (höchster Gott) der Musik) bezeichnet hat, erkennen. Das drückt sich vor allem in den beiden Buffo-Partien Albertone und Pierotto aus, die in ihrem schnellen Parlando-Stil ganz den Geist der italienischen Buffo-Oper atmen. Auch die beiden Finali des ersten und zweiten Aktes zeigen in ihrem dramatischen Aufbau eine Nähe zu Rossinis Opern. In den Arien und Kavatinen zeigt Meyerbeer in schnellen Läufen und Koloraturen, dass er nach einem Jahr in Italien den dortigen Stil bereits gut umsetzen kann. Die Handlung ist zwar stellenweise etwas fragwürdig und weist dramaturgisch einige Längen auf, was für die Oper der damaligen Zeit hingegen auch nicht ungewöhnlich ist.

Stimmlich hat man in Bad Wildbad ein Ensemble zusammengestellt, das für den geplanten CD-Mitschnitt ein hohes Niveau besitzt. Bemerkenswert ist, dass drei Sänger am gleichen Nachmittag noch in der Kammeroper I tre gobbi im Königlichen Kurtheater zu erleben waren und auch in der konzertanten Aufführung am Abend keine Ermüdungserscheinungen zeigen. Da ist zunächst Patrick Kabongo als "guter" Prinz Teobaldo zu nennen. Mit strahlenden Höhen glänzt er in seiner Auftrittskavatine "Ombra amata", wenn er von seinem Sieg gegen die Bretonen zurückkehrt und sich besorgt an seinen verstorbenen Vater wendet, weil er nicht weiß, was dieser im Testament für ihn beschlossen hat. Schließlich hat Teobaldo heimlich Romilda geheiratet und fürchtet nun, dass im Testament die Ehe mit Costanza angeordnet werden könnte, der er bereits vorher versprochen war. Kabongo gestaltet die innere Unruhe des Prinzen mit weichen Bögen und sauberer Stimmführung. Javier Povedano legt den "bösen" Bruder Retello mit schwarzem Bass an und wird dem finsteren Charakter wunderbar gerecht. Emmanuel Franco gestaltet die Buffo-Partie des Alberto mit beweglichem Bariton und spielt die Pfiffigkeit des Burgherrn großartig aus. Überzeugend gelingt ihm seine große Arie im zweiten Akt, wenn er überlegt, wie er den Befehl Retellos, Teobaldo zu töten, umgehen kann, ohne dabei seinen Kopf zu riskieren.

Auch die beiden Titelpartien sind großartig besetzt. Interessant ist, dass der Tenor in dieser Oper nicht den Sopran sondern den Mezzosopran liebt und somit nicht die beiden "hohen" Stimmen zueinander finden. Luiza Fatyol punktet als Costanza mit beweglichen Koloraturen und strahlenden Höhen. Ihre Kavatine im ersten Akt wirkt in der Orchestrierung und in der Melodieführung noch wie eine Übung Meyerbeers, die dieser noch nicht zur Perfektion gebracht hat. Vielleicht soll damit aber auch ihre Unsicherheit zum Ausdruck kommen, da sie gehört hat, dass ihr Geliebter Teobaldo nun Romilda liebt, und sie nicht weiß, wie es für sie nun weitergehen soll. Ihre große Arie im zweiten Akt, in der sie ihre enttäuschte Liebe beklagt, entspricht da schon eher dem gewohnten Stil. Fatyol gestaltet auch diese Nummer mit großer Dramatik und beweglicher Stimmführung. Chiara Brunello glänzt als ihre Rivalin Romilda mit dunkel gefärbtem Mezzosopran und großer Flexibilität in den schnellen Läufen. Ein musikalischer Höhepunkt ist ihre Auftrittskavatine, in der sie fürchtet, dass ihr Geliebter Teobaldo untreu sein könne, und sie sich in der Verkleidung des Pagen zunächst nicht zu erkennen geben kann. Mit großer Dramatik gestaltet sie die große Szene am Ende des zweiten Aktes, in der sie erneut auf Teobaldos Rettung durch seine Ritter hofft. Hier punktet Brunello erneut mit wahnsinnig schnellen Läufen und dramatischen Ausbrüchen. Auch im Duett des zweiten Aktes finden Brunellos Mezzosopran und Fatyols Sopran zu einer bewegenden Innigkeit, wenn die beiden Frauen planen, Teobaldo zu retten. Im Terzett im ersten Akt mit Kabongo harmonieren die drei Stimmen wunderbar und lassen Meyerbeers großes Talent erkennen.

Giulio Mastrototaro verleiht als Pierotto mit seinem beweglichen und kräftigen Buffo-Bariton der Aufführung eine weitere komische Note. Besonders überzeugend spielt er die Naivität des Bauern Pierotto aus, der sich zwar stets damit brüstet, gemeinsam mit Teobaldo aufgewachsen zu sein und diesem sehr nahe zu stehen, dabei aber gar nicht bemerkt, in welcher Gefahr sein Ziehbruder steckt. Auch sein Ratschlag an die beiden Frauen, mit einem Lied herauszufinden, ob und in welchem Raum Teobaldo eingesperrt ist, weist einige Komik auf. César Cortés punktet als Costanzas Vater Lotario mit geschmeidigem Tenor. Die kleineren Partien von Pierottos Braut Annina und Teobaldos Knappe Ugo sind mit Claire Gascoin und Timophey Pavlenko, Teilnehmern der Akademie BelCanto, gut besetzt. Die Herren des Górecki Chamber Choir unter der Leitung von Marcin Wróbel überzeugen als Ritter, Adelsstand, Volk, Bauern, Knappen und Pagen durch homogenen Klang. Das Passionart Orchestra Krakow unter der Leitung von Luciano Acocella wirkt an einigen Stellen noch ein bisschen schwerfällig, was aber auch an Meyerbeers Partitur liegen kann, die eben (noch) nicht die italienische Leichtigkeit eines Rossini besitzt. So gibt es am Ende verdienten Beifall für alle Beteiligten.

FAZIT

Meyerbeers italienischer Opernerstling ist interessant, und für Raritätensammler wird die CD-Aufnahme sicherlich empfehlenswert sein. Für einen Platz im Repertoire dürfte es allerdings nicht reichen.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Luciano Acocella

Chorleitung
Marcin Wróbel

Fortepiano
Andrés Jesús Gallucci

 

Passionart Orchestra Krakau
(Leitung: Janusz Wiergzacz)

Górecki Chamber Choir


Solisten

Teobaldo, Prinz der Provence
Patrick Kabongo

Retello, sein Zwillingsbruder
Javier Povedano

Romilda, Tochter des Herzogs von Bretagne
Chiara Brunello

Lotario, Graf von Sisteron
César Cortés

Costanza, seine Tochter
Luiza Fatyol

Albertone, Burgherr von Sénanges
Emmanuel Franco

Annina, seine Nichte
Claire Gascoin

Pierotto, Ziehbruder Teobaldos
Giulio Mastrototaro

Ugo, Knappe Teobaldos
Timophey Pavlenko

Ritter, Adelsstand, Volk, Bauern, Knappen, Pagen
Männerchor

 


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