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Musikfestspiele
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46. Tage Alter Musik in Herne

10.11.2022 - 13.11.2022

La fedeltà premiata

Dramma pastorale giocoso in drei Akten, Hob. XXVIII:10
Libretto von Giambattista Lorenzi
Musik von Joseph Haydn


In italienischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3 h 10' (eine Pause)

Konzertante Aufführung im Kulturzentrum in Herne am 13. November 2022

 

 

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Verrücktes Liebeskarussell

Von Thomas Molke / Fotos: © Thomas Kost / WDR

Joseph Haydn, den der berühmte österreichische Dirigent und Musikschriftsteller Nikolaus Harnoncourt einmal als den "witzigsten Komponisten der Wiener Klassik" bezeichnete, ist zwar im Konzertrepertoire kein Unbekannter. Auch seine beiden Oratorien Die Schöpfung und die Jahreszeiten stehen häufig auf den Spielplänen der Konzerthäuser. Im Bereich der Oper führt Haydn allerdings ein Schattendasein, obwohl er als Kapellmeister der Esterházy insgesamt 13 italienischsprachige Opern komponierte. In den vergangenen Jahren hat es an zahlreichen Opernbühnen Neueinstudierungen seines Dramma eroico-comico Orlando paladino gegeben. Sein Dramma pastorale giocoso La fedeltà premiata, das im ausgehenden 18. Jahrhundert neben Armida zu seinen größten Erfolgen zählte, ist heute wie seine anderen Opern eher selten zu erleben. Komponiert hatte er das Werk für die Wiedereröffnung der im November 1779 abgebrannten Schlossoper von Esterháza, die eigentlich bereits für 1780 vorgesehen war. Da der Hausdichter Pietro Travaglia jedoch in der Kürze der Zeit keinen neuen Text abliefern konnte, griff Haydn auf ein Libretto von Giovanni Battista Lorenzi zurück, das Domenico Cimarosa bereits 1779 unter dem Titel L'infedeltà fedele zur Eröffnung eines Opernhauses in Neapel vertont hatte.

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von links: Celia (Fillide) (Sophia Harmsen), Nerina (Karolina Bengtson), Amaranta (Ylva Sofia Stenberg), Andreas Spering, Fileno (David Fischer), Lindoro (Taejun Sun), Perrucchetto (Bruno Taddia) und Melibeo (Daniel Ochoa) mit der Capella Augustina

Die Handlung spielt in der Antike und ist ziemlich verworren. In Cumae leiden die Nymphen und Schäfer unter einem Fluch der Göttin Diana, wonach jedes Jahr das glücklichste Liebespaar einem Seeungeheuer geopfert werden soll, bis eine reine Seele mit ihrem Freitod die Stadt erlöst. Der junge Schäfer Fileno ist unglücklich, da er glaubt, seine Braut Fillide sei durch einen Schlangenbiss gestorben. Diese ist allerdings unter dem Namen Celia auf der Suche nach ihm. Als sie ihn findet, gibt sie jedoch vor, ihn nicht mehr zur lieben, um ihn vor dem Opfertod zu schützen. Melibeo, ein Priester der Diana, ist in die schöne Amaranta verliebt und will ihr imponieren, indem er ihren Bruder Lindoro mit Celia zusammenführt, in die dieser sich sehr zum Missfallen der Nymphe Nerina verliebt hat. Fileno hält Fillide für untreu und will sich das Leben nehmen, wird jedoch von Nerina gerettet, die sich sofort in ihn verliebt. Zur völligen Verwirrung taucht dann auch noch der Conte Perrucchetto auf, der zunächst Amaranta den Hof macht, sich dann jedoch auch den beiden Nymphen gegenüber nicht abgeneigt zeigt. So gibt es ein buntes Hin und Her, und keiner weiß, wem er eigentlich noch trauen kann. Um den Conte und Celia (Fillide) aus dem Weg zu räumen, lockt Melibeo gemeinsam mit Nerina die beiden in eine Höhle, aus der sie als Liebes- und Opferpaar herausgeführt werden. Fileno und Amaranta fühlen sich von Fillide und dem Conte verraten. Doch kurz bevor die beiden dem Seeungeheuer geopfert werden, ändert Fileno seine Meinung und bietet sich dem Ungeheuer als Opfer an. Da erscheint Diana und rettet Fileno. Ihr Zorn ist endlich besiegt. Nur Melibeo wird für seine Grausamkeit bestraft und getötet. Anschließend werden die "richtigen" Paare zusammengeführt.

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Bruno Taddia als Conte Perrucchetto

Wie die Geschichte spielt auch die Musik mit zahlreichen komischen und tragischen Elementen. Da ist zunächst die Buffo-Partie des Conte Perrucchetto zu nennen. Musikalisch kann man in ihm fast einen Vorgänger von Leporello oder Papageno sehen. Großartig wird sein erster Auftritt in der 4. Szene umgesetzt, wenn er berichtet, von Räubern überfallen worden zu sein, und Linderung seiner Schmerzen nur im Wein finden kann. Bruna Taddia spielt mit wunderbarer Komik und  beweglichem Bariton diese Szene aus, wenn er zunächst in dunkelste Tiefen abtaucht, weil er angeblich seine Sinne verliert, um anschließend zahlreiche Weinsorten aufzuzählen, die sein Leid lindern könnten. Als er dann auf die schöne Amaranta trifft, ist der Schmerz aber sofort vergessen und er beginnt, heftig zu flirten. Amaranta ist auch zunächst sehr angetan von den Avancen des schönen Conte, bis sie erkennt, dass er auch den beiden Nymphen Nerina und Fillide schöne Augen macht. Mit viel Temperament begeistert Taddia auch in seiner großen Arie zum Ende des ersten Aktes, wenn er Nerina mit heißer Liebesglut bedrängt. Besonders komisch ist auch die Jagdszene im zweiten Akt, wenn er zunächst vor einem wilden Eber auf einen Baum flüchtet, der dann, als er Amaranta bedroht, von Fileno getötet wird. Hier brüstet sich Perrucchetto selbstverliebt, den Eber erlegt zu haben, wird aber sofort wieder zum Hasenfuß, wenn der erlegt Eber plötzlich zuckt.

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Ylva Sophia Stenberg als verführerische Amaranta mit Andreas Spering

Amaranta wechselt zwischen komischen und tragischen Momenten. Wenn sie dem Charme des Conte erliegt, zeigt sie sich einerseits schwach, andererseits aber auch sehr taktierend, weil sie ja gleichzeitig den Priester Melibeo auf Abstand halten muss. Ylva Sofia Stenberg gestaltet die Rolle mit beweglichem Sopran und leuchtenden Höhen. Wenn sie sich von Perrucchetto betrogen glaubt, setzt sie zu einer grandiosen Rache-Arie an, bei der Stenberg die Koloraturen nur so perlen lässt. In ihrer großen Arie "Vanne, fuggi, traditore" macht sie mit spitzen Höhen deutlich, dass man es bei dieser Frau nicht zu weit treiben sollte. Daniel Ochoa verfügt als Priester Melibeo über einen dunklen Bass, der den bösen Charakter der Figur unterstreicht. Schließlich nutzt er die Möglichkeit, das Opfer für Diana auszuwählen, schamlos aus, wofür er am Ende seine gerechte Strafe erhält. Ein Glanzpunkt ist seine Arie "Mi dica, il mio signore" im ersten Akt, wenn er den Conte warnt, die Finger von Amaranta zu lassen, da er schließlich selbst ein Auge auf sie geworfen hat. Da vergleicht er sich und seinen Rivalen mit zwei verliebten Stieren, die aufeinander losgehen, was musikalisch sehr lautmalerisch umgesetzt wird.

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Sophia Harmsen als Celia (Fillide) mit Andreas Spering

Einen starken Kontrast zu diesen Figuren bildet das eigentliche Liebespaar Fileno und Fillide, für die Haydn sehr innige Musik komponiert hat. Neben wunderbar abwechslungsreichen Arien - so wählt er beispielsweise in einer Trauerarie Fillides das Fagott als Begleitung der Singstimme - bekommen sie im zweiten Akt auch jeder eine große Szene, in der sie sängerisch besonders glänzen können. Sophia Harmsen punktet als Fillide mit einem vollen Sopran, der in der Mittellage großes Volumen besitzt und der Nymphe damit eine große Tragik verleiht. Wunderbar spielt sie den inneren Kampf aus, ihren Geliebten einerseits vor dem Opfertod zu bewahren und sich andererseits die anderen Freier vom Hals zu halten. Mit großer Leidenschaft interpretiert sie die große Szene, wenn sie glaubt, dass ihr Geliebter Fileno sich das Leben genommen hat. Im Duett kurz vor ihrem bevorstehenden Opfertod findet sie mit David Fischer als Fileno zu einer betörenden Innigkeit. Auch Fischer begeistert in seinen großen Szenen und Arien mit lyrischem Tenor, der in weichen Bögen die Leiden des jungen Schäfers glaubhaft macht. Karolina Bengtson und Taejun Sun runden als Nerina / Diana und Lindoro das Ensemble überzeugend ab. Andreas Spering taucht mit der Capella Augustina mit viel Fingerspitzengefühl in die nuancenreiche Partitur ein und bietet musikalischen Genuss vom Feinsten. Der dritte Akt ist dann stark zusammengestrichen. So geht es am Schluss nach drei Stunden und zehn Minuten beinahe schon ein wenig abrupt zu Ende. Das Publikum spendet verdienten Beifall.

FAZIT

Musikalisch zeigt das Werk, dass Haydns Opern durchaus ins Repertoire gehören. Inhaltlich kann man mit diesem Stück aber nicht viel anfangen.

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Ausführende

Musikalische Leitung
Andreas Spering

 

Capella Augustina

 

Solistinnen und Solisten

Celia (Fillide)
Sophia Harmsen

Fileno
David Fischer

Amaranta
Ylva Sofia Stenberg

Conte Perrucchetto
Bruno Taddia

Nerina / Diana
Karolina Bengtson

Lindoro
Taejun Sun

Melibeo
Daniel Ochoa

 

 

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Informationen

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