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Ruhrtriennale 2021 - 2023 (Intendantin: Barbara Frey)

11.08.2022 - 18.08.2022

 

Mysteriensonaten

Musik von Heinrich Ignaz  Franz Biber

Dauer: ca. 1h 5' (keine Pause)

Aufführung in der Turbinenhalle an der Jahrhunderthalle Bochum am 11. August 2022, 19.00 Uhr
(Parallele Aufführungen in der Pumpenhalle im Landschaftspark Duisburg-Nord und auf PACT Zollverein Essen)

 

Mysterium auf vier Geigen

von Thomas Molke / Fotos: © Volker Beushausen (Ruhrtriennale 2022)

Die Ruhrtriennale, die am Ende des Festivalsommers mit einem vielseitigen Programm in zahlreiche ehemalige Industriehallen des Ruhrgebiets einlädt, bekommt - wie es der Titel des Festivals nahe legt - im dreijährigen Rhythmus durch eine neue Intendanz eine stets andere Ausrichtung. Barbara Frey, die im vergangenen Jahr unter erschwerten Corona-Bedingungen diesen Posten übernommen hat, hofft nun, in diesem Jahr, auch wenn Corona noch immer unser Leben bestimmt, wieder zu etwas Normalität zurückkehren zu können und das Publikum zahlreiche Entdeckungen machen zu lassen. Zum Auftakt werden an drei Spielstätten unter dem Titel Mysteriensonaten einzelne Sonaten aus den Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber präsentiert. Dafür haben die jeweiligen Künstlerinnen und Künstler aus den insgesamt 16 Sonaten jeweils sechs ausgewählt, die sie am jeweiligen Ort präsentieren. Einheitlich bilden in allen drei Spielstätten die Sonate I in d-Moll Die Verkündigung den Anfang und die Pascaglia in g-Moll Der Schutzengel den Abschluss, um die drei Orte Bochum, Duisburg und Essen mit diesem Auftakt in einem "dezentralen Resonanzraum" zu verbinden.

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Julia Galic mit Jens Wollenschläger im Hintergrund

Die insgesamt 16 Sonaten entstanden zwischen 1678 und 1687. Biber widmete sie dem Fürstbischof Maximilian Gandolph von Kuenburg, in dessen Diensten er von 1670 bis 1687 stand und der als Schirmherr und Förderer der Salzburger Rosenkranzbruderschaft der Marienverehrung und der damit verbundenen meditativen Gebetsübung mit dem Rosenkranz große Bedeutung einräumte. Die Sonaten beschreiben in 15 Mysterien das Leben der heiligen Jungfrau Maria und ihres Sohnes Jesus Christus. Dabei kann die Geschichte in drei Phasen unterteilt werden. Die ersten fünf Sonaten werden zum "freudenreichen Rosenkranz" zusammengefasst. Diese reichen von der Verkündigung der Geburt Christi bis hin zur Auffindung im Tempel. die Sonaten VI bis X beschreiben unter dem Untertitel "schmerzvoller Rosenkranz" Christi Leiden am Ölberg bis hin zur Kreuzigung. Die folgenden fünf Sonaten stellen dann mit der Auferstehung bis hin zur Krönung der Jungfrau Maria im Himmel den "glorreichen Rosenkranz" dar. Während diese 15 Sonaten für Violine und Basso Continuo komponiert worden sind, folgt als Abschluss eine Pascaglia für eine Solo-Violine, die ganz im Zeichen des Schutzengels steht.

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Julia Galic mit Thorsten Bleich (rechts) an der Theorbe und Jens Wollenschläger (hinten links) an der Orgel in der Turbinenhalle an der Jahrhunderthalle Bochum

Die musikalische Besonderheit dieser Sonaten besteht darin, dass bei jeder Sonate mit Ausnahme der ersten und der Pascaclia am Schluss die herkömmliche Quintstimmung verändert wird, die Saiten der Violine also skordiert werden, was zu einem ungewöhnlichen Klangerlebnis führt. Um die Zeit dieser erforderlichen Umstimmungen beim Konzert möglichst gering zu halten, spielt die Violinistin Julia Galic in Bochum auf vier verschiedenen Geigen, die sie zwischen den einzelnen Sonaten wechselt. Dabei begeistert sie mit virtuosem Spiel und stellt sich problemlos auf das jeweils neue Instrument ein. Mit feinstem Gespür zaubert sie aus den einzelnen Violinen Töne hervor, die Bibers Musik nahezu modern erklingen lassen. Bei der Verkündigung fliegt sie gewissermaßen in atemberaubendem Tempo in der Aria allegro über die Saiten, so wie der Engel sich wohl durch die Luft bewegt hat, und macht Marias Verwirrung und eventuelle Freude über die erwiesene Ehre regelrecht spürbar. Thorsten Blech an der Theorbe und Jens Wollenschläger nehmen sich dabei an der Theorbe und an der Orgel und später am Cembalo dezent zurück und lassen Galic an der Geige strahlen. Für die Ciacona aus der Sonate IV greift Galic dann zur zweiten Geige.

Während aus der vierten Sonate lediglich die Ciacona erklingt, wird die Sonate V über die Auffindung Christi im Tempel wieder in vollem Umfang gespielt. Danach folgt ein inhaltlicher Sprung zum Abschluss des "schmerzvollen Rosenkranzes" mit der Kreuzigung. Im unerbittlichen Rhythmus spürt man nahezu, wie die Nägel durch die Hände und Füße ans Kreuz geschlagen werden. Auch hier setzt Galic mit ihrem Spiel das Geschehen sehr bildlich um. Anschließend ist bei Galic die Wahl auf die Sonate XV gefallen, die von der Krönung der Jungfrau Maria im Himmel handelt. Mit hehrem Spiel auf der vierten vorbereiteten Geige vermittelt Galic die feierliche Zeremonie, bevor sie den Abend mit der eindringlichen Pascaglia für Violine solo wieder auf der ersten Geige zu einem großartigen Abschluss bringt. Das Publikum feiert sie und ihre beiden Mitstreiter mit großer Begeisterung, bevor es im Anschluss dann vor der Turbinenhalle mit Brot und Wein verköstigt wird.

FAZIT

Ein interessanter Einstieg in das diesjährige Festival. Schade ist nur, dass man sich nicht klonen kann. Man hätte auch gerne die Künstler*innen an den anderen beiden Spielstätten gehört.




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Ausführende

Julia Galic, Geige

Thorsten Bleich, Theorbe

Jens Wollenschläger, Cembalo und Orgel


Werke

Heinrich Ignaz Franz Biber
Auszüge aus den Rosenkranzsonaten,
15 Sonaten über die Mysterien des Rosenkranzes
für Violine und Basso Continuo

Sonate I in d-Moll Die Verkündigung
Praeludium
Aria allegro - Variatio
Adagio - Finale

Sonate IV in d-Moll Darstellung Christi im Tempel
Ciacona

Sonate V in A-Dur Auffindung Christi im Tempel
Praeludium
Allemande
Gigue
Sarabande- Double

Sonate X in g-Moll Die Kreuzigung
Praeludium
Aria - Variatio

Sonate XV in C-Dur
Die Krönung der Jungfrau Maria im Himmel
Sonata
Aria
Canzone
Sarabande

Pascaglia in g-Moll Der Schutzengel
für Violine solo




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