Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
|
Klangvokal 2023 Musikfestival Dortmund 21.05.2023 - 18.06.2023
Apollo und Daphne in italienischer Sprache Aufführungsdauer: ca. 1 h 45' (eine Pause) Aufführung im Reinoldihaus Dortmund am 2. Juni 2023, 19.30 Uhr |
|
Metamorphose in unterschiedlichem Gewand Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum Die Geschichte um Apollo und die Nymphe Daphne, die sich der aufdringlichen und fordernden Liebe des Gottes nur entziehen kann, indem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelt, dessen Blätter fortan als Kranz einen Sieger ehren, diente nicht nur in der Malerei und Bildhauerei als Inspiration für zahlreiche Kunstwerke. Auch im Bereich der Oper ist diese Erzählung ein beliebtes Sujet. Nicht nur die nachweislich allererste, in Florenz uraufgeführte Oper La Dafne von Jacopo Peri handelt von der unerwiderten Liebe des Gottes Apollo. Auch Francesco Cavalli und Richard Strauss widmeten der Nymphe eine große Oper. Das Klangvokal Musikfestival stellt nun im Reinoldihaus zwei "kleinere" Vertonungen von Carl Heinrich Graun und Georg Friedrich Händel auf den Spielplan, die zu dem Thema jeweils eine kurze Kantate schufen, die wahrscheinlich eher für einen privaten Rahmen gedacht war. Den Anfang macht allerdings eine Ouvertüre-Suite von Georg Philipp Telemann, die nichts mit dem Titel des Abends zu tun hat: L'Omphale. Telemann hat das Werk nach der gleichnamigen Oper benannt, die er 1724 für die Gänsemarktoper in Hamburg geschrieben hat und die heute leider verlorengegangen ist. Erzählt wird die Liebesgeschichte zwischen Omphale, der Königin von Lydien, und Hercules, den sie als Sklaven gekauft hat und zu ihrem Gatten macht, als sie erfährt, wer er in Wirklichkeit ist. Mit einer Metamorphose hat diese Geschichte eigentlich nichts zu tun, wenn man davon absieht, dass Hercules derart in Omphale verliebt ist, dass er sich für sie als Frau verkleidet und Wolle spinnt. Telemann zerlegt die Suite in sieben Sätze, die teilweise auch an eine Vertonung von André Cardinale Destouche angelehnt sind, der die Geschichte bereits 1701 im Musik gesetzt hatte. So ist die Suite im französischen Stil gehalten und zeigt in der Unterschiedlichkeit der einzelnen Sätze Telemanns flexible Kompositionskunst. Martyna Pastuszka arbeitet mit dem von ihr 2012 im polnischen Kattowitz gegründeten Ensemble {oh!} Orkiestra, das sie als erste Geigerin begleitet, mit großem Fingerspitzengefühl die Vielseitigkeit der einzelnen Sätze differenziert heraus, die teilweise sehr unterschiedlich und dabei auch so abgeschlossen klingen, dass das Publikum sogar am Ende eines Satzes begeistert applaudiert. Sophie Junker (Mitte) als Apollo mit Martyna Pastuszka (links an der Violine) und dem {oh!} Orkiestra Dann geht es mit den titelgebenden Figuren des Abends weiter. Zunächst wird die relativ kurze Kantate Apollo amante di Dafne von Carl Heinrich Graun präsentiert, der zu seinen Lebzeiten als einer der populärsten Komponisten im Bereich der Oper galt, heute jedoch größtenteils vergessen ist. Wann und für welchen Rahmen er die Kantate komponiert hat, ist nicht bekannt. Das Stück besteht aus zwei Rezitativen, denen jeweils eine Arie folgt, und beginnt mit dem Ende der Verfolgungsjagd. Im ersten Rezitativ hat der Gott die fliehende Nymphe fast eingeholt, als er sieht, wie sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelt. In der folgenden Arie besingt er, dass er fortan auch den Lorbeer wie die Nymphe verehren und lieben werde. Sophie Junker schlüpft hier in die Rolle des Gottes und macht zunächst mit ausdrucksstarker Stimme das Entsetzen Apollos deutlich, wenn er die Metamorphose beobachtet. Mit flexiblem, leuchtendem Sopran gestaltet sie im Anschluss die Liebesbekundungen des Gottes. In der zweiten Arie folgt dann der Entschluss des Gottes, mit den Lorbeerblättern künftige Sieger zu krönen. Hier begeistert Junker mit heroischen, strahlenden Höhen. Tomáš Král als Apollo mit Martyna Pastuszka (links) und dem {oh!} Orkiestra Nach der Pause folgt Händels Kantate Apollo e Dafne, die er 1709 während seines Italien-Aufenthalts für zwei Singstimmen komponierte. Gedacht war sie als Präsentation für die sonntäglichen Zusammenkünfte der "Arcadia"-Akademie, eines Kreises von literarisch, künstlerisch und musikalisch interessierten Zeitgenossen. Händel folgt dabei in seiner Vertonung ziemlich exakt der kompletten Geschichte, wie sie in Ovids Metamorphosen überliefert ist. Apollo hat gerade den Python besiegt, der Griechenland in Angst und Schrecken versetzt hat, und spottet nun über den Liebesgott Cupido, dessen Pfeile nach Apollos Meinung keinerlei Wirkung erzielen. Daraufhin wird er vom Liebespfeil getroffen und verliebt sich unsterblich in die Nymphe Daphne. Dass Cupido Daphne mit einem Pfeil trifft, der in ihr die größte Abneigung gegen die Liebe hervorruft, lässt Händel in der Vertonung aus und führt nur Daphnes jungfräuliches Gelübde als Gefolgsfrau der Jagdgöttin Diana als Grund dafür an, dass sie sich dem Werben des Gottes heftig widersetzt. Es folgt Daphnes Flucht und schließlich ihre Verwandlung. Das Stück endet mit Apollos Lobpreisung auf die "cara pianta" (geliebte Pflanze). Schlussapplaus: von links: Martyna Pastuszka, Sophie Junker und Tomáš Král, dahinter: {oh!} Orkiestra Jetzt schlüpft der tschechische Bariton Tomáš Král in die Rolle des Gottes und präsentiert den siegessicheren Apollo mit kraftvollem Bariton. Obwohl es sich um eine konzertante Aufführung handelt, lässt Král es sich nicht nehmen, die Partie auch mit überzeugender Mimik und Gestik darzustellen. So wendet er sich einem imaginären Cupido im Publikum zu, den er mit glaubhaft gespielter Überheblichkeit verspottet, bevor er dann völlig unerwartet von dessen Pfeil mitten ins Herz getroffen wird. Nun erscheint Sophie Junker als ahnungslose Nymphe Daphne, die zunächst verträumt vor der Bühne spaziert und regelrecht erschrocken ist, als der Gott sie plötzlich erblickt und anspricht. Junker begeistert hier mit lieblichem, weichem Sopran. Im Anschluss liefern sich die beiden einen regelrechten musikalischen Wettstreit. Král will die Nymphe erobern, Junker leistet erbitterten Widerstand. Die folgende Flucht zeigt musikalisch, dass Händel ein Theatermensch gewesen ist und für die Bühne komponiert hat. Pastuszka begleitet mit dem Ensemble {oh!} Orkiestra beide Kantaten mit viel Gefühl, so dass es am Ende großen Applaus für alle Beteiligten gibt. Auf eine Zugabe muss das begeisterte Publikum allerdings leider verzichten. FAZIT Das Klangvokal Musikfestival hebt an diesem Abend mit einem hervorragenden Ensemble kleinere Schätze des Barock, die musikalisch auf ganzer Linie überzeugen können. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2023
|
AusführendeMusikalische Leitung Sophie Junker, Sopran Tomáš Král, Bariton {oh!} Orkiestra
Werke
Georg Philipp Telemann
Carl Heinrich Graun
Georg Friedrich Händel
|
- Fine -