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Klangvokal 2023
Musikfestival Dortmund
21.05.2023 - 18.06.2023

Il giuramento (Das Gelübde)

Melodramma in drei Akten
Libretto von Gaetano Rossi nach der Tragödie Angelo, tyran de Padoue von Victor Hugo
Musik von Saverio Mercadante

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause)

Aufführung im Konzerthaus Dortmund am 3. Juni 2023, 20.00 Uhr

 

 

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Rarität der Meisterklasse mit großartigen Stimmen

Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum

Saverio Mercadante zählt neben Giovanni Pacini zu den bedeutendsten italienischen Opernkomponisten der Übergangszeit zwischen Vincenzo Bellini und Giuseppe Verdi und hat mit dem von ihm bezeichneten "canto dramatico" eine Reform der italienischen Oper eingeleitet, die heutzutage eher Verdi zugeschrieben wird, ohne die nach Meinung des Direktors des Klangvokal Musikfestivals Dortmund, Torsten Mosgraber, Verdi mit seinen großen Werken aber vielleicht gar nicht denkbar gewesen wäre. Die meisten seiner fast 60 Opern, mit denen er zu Lebzeiten große Erfolge feierte, sind allerdings heute völlig in Vergessenheit geraten, was vielleicht daran liegt, dass in der damaligen Zeit die Repertoirebildung an den Opernhäusern noch nicht eingesetzt hatte und Mercadante seine Arbeit schwerpunktmäßig auf Italien konzentrierte. Eine Sonderstellung in Mercadantes Schaffen nimmt seine heute vielleicht noch bekannteste Oper Il giuramento ein, die am 11. März 1837 an der Mailänder Scala zur Uraufführung gelangte und eine neue "Reform" der Oper einleitete. Mercadante versuchte darin, sich vom reinen Belcanto zu verabschieden und in Anlehnung an das dramaturgische Modell einer Grand opéra den Gesang in ein wirkliches Drama einzubetten. Das Klangvokal Musikfestival Dortmund widmet sich nun mit einer hochkarätigen Besetzung diesem Opernjuwel, das es musikalisch durchaus verdienen würde, häufiger auf dem Spielplan zu stehen.

Gaetano Rossi nutzte als Vorlage für sein Opernlibretto das 1835 in Paris uraufgeführte Schauerdrama Angelo, tyran de Padue von Victor Hugo. Rossi behielt die Grundzüge des Stückes bei, verlegte allerdings die Handlung von Padua nach Syrakus und machte aus dem Tyrannen Angelo Manfredo, den Grafen von Syrakus. Dieser ist mit Bianca verheiratet, die allerdings Viscardo liebt, von ihrem Vater jedoch gezwungen wurde, aus politischen Gründen die Ehe mit Manfredo einzugehen. Viscardo kommt auf der Suche nach Bianca ebenso nach Syrakus wie die wohlhabende Französin Elaísa, die die Frau finden will, die vor einigen Jahren in Kriegszeiten ihrem Vater das Leben gerettet hat und der sie daraufhin ewige Dankbarkeit geschworen hat. Da Viscardo Elaísa auf dem Weg nach Syrakus vor Räubern gerettet hat, hat sie sich in ihn verliebt, muss jedoch erkennen, dass sein Herz einer anderen Frau gehört. Manfredo, der für Elaísa schwärmt und seine Frau Bianca für untreu hält, schmiedet mit seinem Sekretär Brunoro einen Komplott. Dieser erschleicht sich Viscardos Vertrauen und organisiert ein Rendezvous mit Bianca. Da Brunoro selbst ebenfalls in Elaísa verliebt ist, verrät er auch ihr von dem heimlichen Treffen. Elaísa kommt Manfredo bei dem Treffen zuvor und erkennt in Bianca die Retterin ihres Vaters. Daraufhin ermöglicht sie Viscardo die Flucht. Manfredo plant jedoch weiterhin, seine Frau zu töten. Um sie zu retten, gibt ihr Elaísa einen Trank, der sie in einen todesähnlichen Schlaf versetzt. Viscardo hingegen glaubt, dass Elaísa Bianca tatsächlich vergiftet hat und tötet Elaísa daraufhin mit einem Dolch. Als Bianca aus dem Schlaf erwacht, gesteht die sterbende Elaísa Viscardo, dass sie für seine Liebe ihr eigenes Glück geopfert habe, und fordert die beiden auf zu fliehen.

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Großes Fest bei Elaísa (Roberta Mantegna): von links: Viscardo (Jean-François Borras), Manfredo (Germán E. Alcántara) und Brunoro (John Heuzenroeder), in der Mitte: Carlo Montanaro, dahinter: WDR Funkhausorchester, oben: WDR Rundfunkchor

Mercadante hält sich bei seinem mit 120 Minuten Spieldauer recht kurzen Werk nicht lange mit einem orchestralen Vorspiel auf, sondern beginnt sofort mit einem fulminanten Chor, der in fröhlichen Tönen das Fest in Elaísas Palast beschreibt. Der von Tilman Michael einstudierte WDR Rundfunkchor, der im Konzerthaus auf der Chorempore platziert ist, punktet hier mit großartigem, homogenem Klang und macht die große Freude des Volkes beim Fest deutlich. Carlo Montanaro unterstreicht mit dem WDR Funkhausorchester, welchen Ideenreichtum Mercadante direkt in diesen Beginn gesteckt hat und wie einzelne Instrumentengruppen hierbei eine exponierte Stellung erhalten. Es folgt der Auftritt Viscardos, der beim Fest auf der Suche nach der unbekannten Schönen (Bianca) ist. Hierbei löst Jean-François Borras als Viscardo mit tenoralem Schmelz und strahlenden Höhen direkt in seiner Auftritts-Arie beim Publikum Begeisterungsstürme aus. Zunächst greift er den Jubel des Chors für die Gastgeberin Elaísa mit leuchtendem Tenor auf, um dann zu bekennen, das sein Herz allerdings einer anderen Frau gehört. Hier punktet Borras mit weich geführter Stimme und schraubt sich ohne Forcieren in klare Höhen empor. Einen absoluten Gegensatz dazu bietet im Anschluss Germán E. Alcántara als Manfredo. Mit großer Beweglichkeit und enormem Volumen in den tiefen Tönen lässt Alcántara Manfredos Eifersucht auf den vermeintlichen Rivalen um die Gunst bei Elaísa erklingen.

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Elaísa (Roberta Mantegna, links) und Bianca (Teresa Iervolino, rechts) lieben denselben Mann.

In der zweiten Szene des ersten Aktes tritt dann Roberta Mantegna als von den Männern umschwärmte Elaísa auf. Um Viscardo zu schützen, gibt sie ihn als ihren Bruder aus. Es kommt zu einem wunderbaren Terzett zwischen Mantegna, Borras und Alcántara, in der jeder mit Innbrunst die Liebe besingt, die aber in keinem der drei Fälle auf Gegenseitigkeit beruht. Dann hat Mantegna ihre erste große Arie, in der Elaísa von der Suche nach der Frau erzählt, die ihrem Vater einst das Leben gerettet hat und der sie sich nun gegenüber dankbar erweisen will. Hier begeistert Mantegna mit klaren, strahlenden Höhen und großer Beweglichkeit in den Koloraturen. Auch hier folgt ein großer Kontrast zu der zweiten großen Frauenstimme, die dann in der folgenden Szene auftritt. Teresa Iervolino verfügt als Bianca über einen dunkel gefärbten Mezzosopran, der eine enorme Beweglichkeit in den Läufen besitzt. Von der Stimmfarbe würde sie eigentlich besser zu ihrem Gatten Manfredo passen, so wie auch Elaísa und Viscardo als Sopran und Tenor stimmlich besser harmonieren, aber die Geschichte hat hier musikalisch anderes im Sinn.

Der weitere Teil erscheint dann ein wenig verworren, wobei nicht ganz klar ist, ob es vielleicht an Strichen liegt, die in der Dortmunder Fassung vorgenommen worden sind. Jedenfalls versteht man zunächst nicht wirklich, wieso der Frauenchor zunächst Biancas Tod beklagt, während sich hinterher herausstellt, dass Bianca lebend in der Gruft eingesperrt worden ist. Dass Borras als Viscardo in einer großartigen Arie mit weich angesetzten Höhen seine Geliebte für tot hält, ist nach der Chorpassage noch nachvollziehbar. Aber Alcántaras Klagegesang vor den Grabmälern seiner Vorfahren wirft bei aller musikalischen Schönheit doch Fragen auf. Danach geht es dann aber mit großer Dramatik Schlag auf Schlag weiter. Mantegna und Iervolino finden in einem großartigen Duett zueinander, in dem Elaísa Bianca versichert, sie vor dem Tod zu bewahren und sie mit dem Trank nur in einen todesähnlichen Schlaf zu versetzen. Die anschließende Auseinandersetzung, in der Bianca sich weigert, Manfredo den Namen ihres Geliebten zu nennen, wird von Iervolino, Alcántara und Mantegna mit großer Dramatik umgesetzt. Diese entfaltet sich auch im relativ kurzen dritten Akt, wenn Viscardo auf Elaísa trifft. In einem eindringlichen Duett kämpft Mantegna zunächst um die Liebe des von Elaísa geliebten Mannes, um ihn dann resigniert in dem Glauben zu lassen, seine Geliebte Bianca getötet zu haben. Umso erschütterter ist dann seine Reaktion, als Bianca aus dem todesähnlichen Schlaf erwacht, Iervolino sich dabei als Bianca mit gebrochener Stimme auf die Bühne schleppt, und Viscardo erkennt, dass er gerade die Frau getötet hat, die ihm mit Bianca nun die Flucht ermöglicht. Das alles wird von Borras mit höhensicherem Tenor eindringlich umgesetzt. Montanara sorgt mit dem WDR Funkhausorchester dafür, dass der Abend nicht nur ein Fest der Stimmen wird, sondern unterstreicht auch mit großer Emphase die Dramatik des Werkes, die stellenweise vielleicht ein bisschen zu dick aufgetragen ist, aber ein wahrer Ohrenschmaus ist. So gibt es am Ende für alle Beteiligten verdienten Jubel.

FAZIT

Das Klangvokal Musikfestival bricht eine Lanze für den Komponisten Saverio Mercadante, dessen Werke man gerne häufiger in den Opernhäusern hören würde.

Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2023

 

Ausführende

Musikalische Leitung
Carlo Montanaro

Choreinstudierung
Tilman Michael

 

WDR Funkhausorchester

WDR Rundfunkchor

 

Solistinnen und Solisten

Elaísa
Roberta Mantegna

Manfredo
Germán E. Alcántara

Bianca
Teresa Iervolino

Viscardo
Jean-François Borras

Brunoro
John Heuzenroeder

Isaura
Ivana Rusko


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Klangvokal Dortmund
(Homepage)



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