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Klangvokal 2023 Musikfestival Dortmund 21.05.2023 - 18.06.2023
Messa di Requiem in lateinischer Sprache Aufführungsdauer: ca. 1 h 15' (keine Pause) Aufführung in der St. Reinoldikirche in Dortmund am 17. Juni 2023, 19.30 Uhr |
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Unbekannter Donizetti Von Thomas Molke / Fotos: © Bülent Kirschbaum Bei Gaetano Donizetti denkt man in der Regel zunächst an den Komponisten zahlreicher Opern wie Lucia di Lammermoor, L'elisir d'amore und Don Pasquale, die auch heute noch zum festen Repertoire der Opernhäuser gehören. Dass Donizetti sich neben den fast 70 kreierten Opern auch der geistlichen Musik gewidmet hat, ist ziemlich in Vergessenheit geraten. So hat er zu insgesamt drei Anlässen ein Requiem geschaffen, wahrscheinlich aber selbst keines davon zur Aufführung bringen können. Erhalten ist einzig eine Messa di Requiem, die Donizetti 1835 kurz nach dem Tod seines Kollegen Vincenzo Bellini komponiert hat und die er ursprünglich im Dezember 1835 am Conservatorio in Mailand dirigieren sollte. Zu diesem Zeitpunkt war er jedoch nicht vor Ort, so dass es unwahrscheinlich ist, dass das Werk 1835 dort vorgestellt wurde. Donizetti widmete die Partitur später einem Maestro Dolci, der sie nach seinem Tod der Congregazione di Carità vermachte. So gelangte das Werk schließlich am 28. April 1870 zur Uraufführung in Mailand, geriet dann aber relativ schnell wieder in Vergessenheit. In den letzten Jahren wurde das Werk unter anderem in Donizettis Heimatstadt Bergamo, beim Festival in St. Denis, in Lissabon und Moskau aufgeführt und ist nun im Rahmen des Klangvokal Musikfestivals in der St. Reinoldikirche in Dortmund zu erleben. Granville Walker mit dem Philharmonischen Chor des Dortmunder Musikvereins und den Dortmunder Philharmonikern in der St. Reinoldikirche Anders als bei den wesentlich bekannteren Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Giuseppe Verdi verzichtet Donizetti auf ein "Sanctus", "Benedictus" und "Agnus Dei", folgt aber ansonsten dem traditionellen lateinischen Text. In manchen Passagen ist das Requiem ganz im Stile Mozarts gehalten, nimmt an anderen Stellen allerdings in der Dramatik die theatralische Wucht eines Verdi bereits vorweg. So lässt bereits die orchestrale Einleitung den vielseitigen Opernkomponisten erkennen. Granville Walker arbeitet mit den Dortmunder Philharmonikern die unterschiedlichen Klangfarben dieses spannenden Werkes detailliert heraus. Das erste "Requiem aeternam" wird wie das anschließende "Te decet" vom Chor gesungen. Der Philharmonische Chor des Dortmunder Musikvereins, der ebenfalls unter Walkers Leitung steht, überzeugt hier mit fulminantem Klang. In das "Te decet" stimmen auch die fünf Solist*innen mit ein, die anschließend ein weiteres "Requiem aeternam" a cappella übernehmen. Dennoch hat man das Gefühl, dass der Chor eine insgesamt zentralere Rolle einnimmt als bei Mozarts und Verdis Vertonungen. Aufhorchen lässt dann auch das "Dies irae", das zwar noch nicht die Wucht von Verdis Requiem enthält, aber dennoch den "Tag der Rache" mit großer Intensität heraufbeschwört. Germán E. Alcántara (rechts) und Carlo Cardoso (Mitte) beim "Iuste iudex" (links: Granville Walker) Das anschließende "Tuba mirum" ist für Tenor, Bariton und Bass komponiert. Hier überzeugen Carlos Cardoso mit kraftvollem Tenor, Germán E. Alcántara mit beweglichem Bariton und Jens Hamann mit profundem Bass. Beim folgenden "Iudex ergo" hat man erstmals das Gefühl, den Opernkomponisten Donizetti aus dem Werk herauszuhören, da dieser Part sehr verspielt im Stile des Belcanto gehalten ist. Hier begeistern Cardoso und Alcántara im Duett mit großer Flexibilität in den schnellen Läufen. Im folgenden "Rex tremendae majestatis" haben dann Anna Sohn und Jens Hamann einen kleinen Solo-Part. Mit strahlenden Höhen bittet Sohn im "Recordare" Jesus um Gnade, während Hamann mit sanften Tiefen im "Iuste iudex" Nachsicht vom Richter erhofft. Es folgt ein bewegendes "Ingemisco", das sowohl in der Instrumentierung als auch in Cardosos gesanglicher Interpretation unter die Haut geht. Cardoso lässt hier mit weich angesetzten Höhen die Verzweiflung eines Menschen hörbar werden, der schuldbeladen vor dem Jüngsten Gericht steht. Auch hier begeistert er mit großer Beweglichkeit in der Stimmführung. Im anschließenden "Praeces meae" finden dann Anna Harvey mit dunkel gefärbtem Mezzosopran, Cardoso und Alcántara in einem bewegenden Terzett zu einer eindringlichen Innigkeit. Erwähnenswert sind auch die beiden großen Solo-Passagen für den Bariton, die sich anschließen. Zunächst glänzt Alcántara im "Oro supplex" mit kraftvollen Tiefen, bevor der Chor zu einem eindrucksvollen "Lacrymosa" ansetzt. Anschließend beginnt Alcántara mit beweglicher Stimmführung das "Offertorio", in das der Chor mit fulminantem Klang einsteigt. Beim folgenden "Lux aeterna" des Chors hat man beinahe das Gefühl, das ewige Licht wirklich scheinen zu sehen. Im folgenden "Libera me Domine" finden dann noch einmal alle Stimmen zusammen. Hier werden sowohl das "Dies irae", als auch das "Requiem aeternam" noch einmal aufgenommen, bevor das Werk dann mit einem kraftvollen "Kyrie eleison" seinen Abschluss findet. Es verwundert, dass dieses Werk nicht häufiger im Konzertsaal erklingt, weil es Mozarts und Verdis Vertonungen durchaus ebenbürtig ist. Das sieht wohl auch das Publikum in der St. Reinoldikirche ähnlich, das die Solistinnen und Solisten, den Chor und das Orchester mit frenetischem Beifall feiert. Eine Zugabe gibt es hierbei natürlich nicht. FAZIT Durch dieses Requiem lernt man den "Opernvielschreiber" Gaetano Donizetti einmal von einer anderen Seite kennen und kann ihm attestieren, dass er auch im Bereich der sakralen Musik Großartiges geschaffen hat. Weitere Rezensionen zum Klangvokal Festival Dortmund 2023
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AusführendeMusikalische Leitung Anna Sohn, Sopran Anna Harvey, Mezzosopran Carlos Cardoso, Tenor Germán E. Alcántara, Bariton Jens Hamann, Bass Philharmonischer Chor des Dortmunder Philharmoniker
Werk
Gaetano Donizetti
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