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Auf den Spuren einer irischen LadyVon Thomas Molke / Fotos: © Pádraig Grant
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Lady Gregory (Erin Fflur, Mitte) begleitet die
Theatertruppe (von links: Deirdre Higgins als Eileen, Jane Burnell als Molly,
Holly Teague als Máire und Helen Maree Cooper als Eithne) nach Amerika.
Die Geschichte spielt um 1911, als das Abbey Theatre mit dem Stück The
Playboy of the Western World von John Millington Synge eine USA-Tournee
plant, die der katholischen Kirche und der Fenian Bewegung, die sich für ein
unabhängiges Irland einsetzt, ein Dorn im Auge ist, weil in diesem Stück die
Keuschheit der irischen Frauen ins Lächerliche gezogen wird. William Butler Yeats bittet Lady Gregory, die Tournee zu begleiten und zu unterstützen. Die
Unannehmlichkeiten beginnen bereits vor der Abreise. Die strenge Mrs. Kerrigan
will verhindern, dass ihr Sohn J. M. Kerrigan die Hauptrolle in dem Stück
übernimmt und sich von der reizenden Molly Allgood bezirzen lässt. Als ihre
Bemühungen zunächst erfolglos bleiben, schleicht sie sich inkognito auf das
Schiff, um Verwandte in den USA gegen das Stück aufzubringen. Nach mehreren
skandalträchtigen Aufführungen, die von heftigen Protesten und geworfenen
Stinkbomben überschattet werden, kommt es zur Verhaftung der Truppe. Nun wendet
sich Lady Gregory an den Staranwalt John Quinn, der einen Freispruch erzielt.
Die drei Cops, die die Truppe verhaftet haben, finden Gefallen an den drei
Darstellerinnen Eileen, Máire und Eithne. Molly und J. M. werden endlich ein
Paar, und Mrs. Kerrigan tröstet sich mit dem Richter. Die im Programmheft
angedeutete enge Beziehung zwischen Lady Gregory und Quinn bleibt im Stück
allerdings größtenteils unausgesprochen.
Die Cops (von links: Henry Grant Kerswell,
Michael Ferguson und Vladimir Sima) wollen die Theatertruppe (im Hintergrund:
Jane Burnell als Molly und Henry Strutt als J. M. Kerrigan) verhaften.
Wie schon bei The Master begleitet der Komponist die Uraufführung
höchstpersönlich am Klavier, das auf der linken Seite der Bühne positioniert
ist. Die Bühne von Lisa Krugel ist relativ einfach und abstrakt gehalten. Ein
großer roter Vorhang auf der rechten Bühnenseite deutet an, dass es hierbei um
ein Theaterstück geht. Auf einer Rückwand hängt ein riesiges Plakat, das für
eine Aufführung in Philadelphia wirbt. Die Bühnenelemente sind wahrscheinlich
die Rückseiten der Wände, die man tags zuvor für Puccini: Man of the Theatre
verwendet hat. Ansonsten werden Szenenwechsel mit einzelnen Kisten und einer
Leiter für die Richterszene angedeutet. Die Kostüme, für die ebenfalls Krugel
verantwortlich zeichnet, entsprechen der Zeit, in der die Geschichte spielt.
Aoife Spillane-Hinks nutzt in ihrer Inszenierung der Geschichte die intime
Atmosphäre des Jerome Hynes Theatres gekonnt aus. So wird die Aufführung von
Synges The Playboy of the Western World von heftigen Unmutsbekundungen
der "Shouter" aus dem Publikum begleitet. Da kann man mit den Personen auf der
Bühne schon Mitleid bekommen.
Lady Gregory (Erin Fflur) lässt sich von dem Cop
(Vladimir Sima) nicht einschüchtern.
Insgesamt ist die Geschichte aber doch sehr trivial und eindimensional. So wird
eigentlich nicht wirklich klar, was denn das Skandalträchtige an Synges Stück
sein soll, da die Liebesszenen zwischen Molly und J. M. absolut harmlos wirken.
Vielleicht muss man das allerdings aus der Zeit betrachten, in der die
Geschichte spielt. Die Gerichtsverhandlung führt jedenfalls alle Vorwürfe gegen
die Truppe und das Stück relativ schnell ad absurdum, so dass der große
dramatische Spannungsbogen fehlt. Dass dann alle in einem musikalischen Ensemble
zu einem Happy End zusammenfinden, wirkt ein wenig abrupt und unmotiviert.
Auch der Gesinnungswechsel bei Mrs. Kerrigan bleibt dramaturgisch fragwürdig.
Das Ensemble jedenfalls zeigt bei der Aufführung große Spielfreude. Erin Fflur
gibt eine resolute Lady Gregory, die sich von niemandem Vorschriften machen und
nicht einschüchtern lässt. So gelingt es ihr immer, den Mut der Truppe
aufrechtzuerhalten und allen Widerständen zu trotzen. Stimmlich punktet sie mit
sattem Mezzosopran. Bríd Ní Ghruagáin stellt als Mrs. Kerrigan mit kraftvollem
Mezzo und dramatischen Höhen eine ernstzunehmende Gegnerin dar, die nicht
akzeptieren will, dass ihr Sohn in der Titelrolle die Produktion begleitet.
Dabei verfügt sie auch über eine gewisse Komik, wenn sie ihre Identität hinter
einem Buch oder unter einem bunten Tuch in einem ausladenden Kostüm zu verbergen
sucht. Dass Lady Gregory sie nicht erkennen soll, ist zwar nicht glaubwürdig,
aber zumindest witzig. Jane Burnell legt die schöne Molly Allgood mit lieblichem
Sopran absolut verführerisch an und macht deutlich, wieso Mrs. Kerrigan bei
ihrem Sohn bei derartiger Konkurrenz keine Chance hat. Henry Strutt gestaltet
die Partie des J. M. mit leichtem Tenor recht naiv und liebevoll.
Großes komisches Potenzial entfalten Vladimir Sima, Michael Ferguson und Henry
Grant Kerswell als die drei Cops, die sich zunächst von Mrs. Kerrigan anstiften
lassen, die Truppe festzunehmen, dann aber vor Gericht eingestehen müssen, dass
sie eigentlich dafür keinen Anlass gehabt haben. Hier ist auch Carusos Musik
sehr humorvoll angelegt. Ansonsten weist sie einen eleganten Parlando-Stil auf, der den gesungenen Text ins Zentrum stellt. So gibt es nach
gut 75 Minuten begeisterten Applaus, in den sich neben der Regisseurin und dem
Komponisten auch der Schriftsteller Colm Tóibín einreiht.
FAZIT
Die Oper erzählt eine nette Geschichte über eine interessante irische
Persönlichkeit, die allerdings außerhalb Irlands auf kein großes Interesse
treffen dürfte.
Weitere Rezensionen zum
Wexford Festival Opera 2024 |
ProduktionsteamMusikalische LeitungAlberto Caruso Inszenierung Bühne und Kostüme Licht
Solistinnen und SolistenLady Augusta Gregory
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- Fine -