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Wexford Festival Opera
18.10.2024 - 02.11.2024


Puccini: Man of the Theatre

geschrieben und inszeniert von William Niall Morris
Musik von Giacomo Puccini

Arien In italienischer Sprache, gesprochene Texte in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 10' (keine Pause)

Uraufführung im Jerome Hynes Theatre in Wexford am 19. Oktober 2024



 

 

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Memoiren eines Komponisten als Oper

Von Thomas Molke / Fotos: © Pádraig Grant

Giacomo Puccinis Opern sind für das Wexford Festival Opera, das sich auf die Ausgrabung unbekannter Werke spezialisiert hat, eigentlich allesamt viel zu bekannt, so dass sie in der Regel beim Festival höchstens in den "Short Works" bzw. den neuen Formaten, den "Pocket Operas" oder der "Community Opera", einen Platz im Spielplan finden. Da sich in diesem Jahr Puccinis Todestag zum 100. Mal jährt, wollte man diesen Komponisten nicht unbeachtet lassen und hat William Niall Morris, einen irischen Tenor, der bereits biographische Stücke über Maria Callas und Luciano Pavarotti verfasst hat, beauftragt, auch Puccini als "Mann des Theaters" ein Denkmal zu setzen. So hat Morris ein knapp 70-minütiges Stück verfasst, in der er den Komponisten selbst sein Leben Revue passieren lässt und dabei Stationen seiner Biographie mit Auszügen aus den komponierten Opern verbindet. Herausgekommen ist dabei eine liebevolle Hommage an einen großartigen Komponisten, ohne ihn dabei als Mensch allerdings zu glorifizieren.

Lisa Krugel hat dafür im Jerome Hynes Theatre einen Raum entworfen, der Puccinis Villa in Torre del Lago nachempfunden ist. Auf der rechten Seite sieht man einen Schreibtisch, an dem Puccini wahrscheinlich seine Opern komponiert hat, auf der linken Seite eine Art Wohnzimmer mit mehreren Sesseln, wo Puccinis Freunde aus Studienzeiten sich immer wieder zum Kartenspielen, Trinken und Diskutieren einfinden. Im Hintergrund befindet sich ein breiter Türrahmen, in dem ein roter Vorhang hängt, was eine Anspielung auf das Theater sein soll, da hier einige von Puccinis Gefährten einen bühnenreifen Auftritt haben. Auf der linken Seite im Hintergrund befindet sich das Klavier, an dem das Stück musikalisch begleitet wird. Giorgio d'Alonzo schlüpft dabei nicht nur in die Rolle des Pianisten, sondern spielt auch Puccinis Weggefährten Giuseppe, der häufig Puccinis Kompositionen begleitet hat.

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Der alte Puccini (William Niall Morris) lässt sein Leben Revue passieren.

Morris führt in dem von ihm geschriebenen Stück nicht nur Regie, sondern übernimmt auch die Rolle des alten Giacomo Puccini, der zu den Klängen des berühmten "O mio babbino caro" verträumt auftritt. Dass Puccini ein von sich selbst überzeugter Egomane war, macht Morris direkt in der Vorstellung deutlich, wenn er mit herrlich italienischem Akzent auf Englisch dem Publikum nach der Vorstellung mit allen seinen sechs Vornamen sagt, dass man ihn ruhig mit "Maestro" ansprechen dürfe. Optisch ist er dem alten Puccini, wie man ihn von zahlreichen Abbildungen kennt, sehr gut nachempfunden. Dass sein Leben einer Oper gleicht und zahlreiche der von ihm komponierten Figuren in der Realität ihre Entsprechungen finden, wird dann herrlich mit passenden Arien aus den bekannten Puccini-Opern erläutert, so dass man in diesem Stück auch sehr viel über den Menschen Puccini erfahren kann. Morris gelingt in der Erzählstruktur eine herrliche Gratwanderung, wenn Puccini versucht, sich seine diversen Verfehlungen schönzureden.

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Elvira Puccini (Iúnó Connolly) als Vorbild für Floria Tosca

Zunächst tritt Liam Forrest als junger Puccini mit einer Arie des Cavaradossi auf, der die Sängerin Tosca anhimmelt, hinter der sich niemand anders als Puccinis spätere Ehefrau Elvira verbirgt. Zwar hatte Puccini zu der Zeit an eine Komposition von Tosca noch gar nicht gedacht. Schließlich war er noch relativ mittellos, als er Elvira kennen lernte, die unglücklicher Weise auch noch mit einem äußerst unsympathischen Obstverkäufer verheiratet war, der einer Scheidung viele Jahre lang nicht zustimmte, obwohl Elvira mittlerweile ein Kind von Puccini hatte. Das habe Puccini ihm derart übel genommen, dass er die Vorlage für seinen "größten" Bösewicht Scarpia gewesen sei. Philip Kalmanovitch tritt dann auch in der Rolle des Narciso Gemignani als finsterer Scarpia in schwarzem Mantel nahezu furchterregend durch den Zuschauerraum auf, entblößt die ganze Szene dann aber als Lügengeschichte, wenn er äußerst freundlich Obst und Gemüse an das Publikum verteilt und er unter dem schwarzen Mantel ein ganz harmloser Verkäufer ist, der Gemüsezwiebeln und Karotten in seiner Tasche trägt und unter seinem schwarzen Hut einen roten Apfel auf dem Kopf balanciert.

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Luigi (Michael Ferguson, links), Pietro (Andrew Henley, 2. von links) und Marco (Meilir Jones, Mitte) inspirieren Puccini (William Niall Morris, rechts) zu seiner Oper La bohème (rechts im Hintergrund: Iúnó Connolly als Elvira / Mimì, links am Klavier: Pantesilena Jaho).

Nachdem Puccini sich mit Elvira zunächst glücklich in seine Villa in Torre del Lago zurückgezogen hat und seinen ersten Triumph mit Manon Lescaut feiert, der ihm finanzielle Unabhängigkeit garantiert, hält die Freude für Elvira nicht lange an. Zunächst bevölkern Puccinis Freunde Pietro, Luigi und Marco die Villa und gründen dort den "Club de Bohème", der als Inspiration zu Puccinis nächstem Meisterwerk diente. Während Andrew Henley, Michael Ferguson und Meilir Jones in die Rollen von Rodolfo, Marcello und Coline schlüpfen und einzelne Passagen aus La bohème vortragen, ergeht sich Iúnó Connolly als Mimì Elviras Leid. Doch damit ist noch nicht genug. Für die nächsten Frauenrollen nach Tosca dient sie Puccini nicht mehr als Inspirationsquelle. Er hat sich nun in das junge Dienstmädchen Doria Manfredi verliebt, die für ihn zu Cio-Cio-San wird. Isabel Araujo präsentiert ein wunderbares Duett mit Katie MacDonald als Suzuki. Wie weit das Verhältnis der beiden wirklich gegangen ist, ist umstritten. Puccini behauptet steif und fest, dass er nichts mit Doria gehabt habe, was ihm Elvira jedoch nicht glaubt. Als Doria sich mit Gift aus Verzweiflung das Leben nimmt und Elvira Puccini mit dem gemeinsamen Sohn Antonio verlässt, bricht für Puccini eine Welt zusammen. Er stürzt sich in die Arbeit und versucht, in seinen Opern Trost zu finden.

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Den Selbstmord seines Dienstmädchens Doria Manfredi (Isabel Araujo) versucht Puccini (William Niall Morris) in der Partie der Liù in der Oper Turandot zu verarbeiten.

Keinen Erfolg hat er bei Rosa Raisa, für die er die Hauptpartie in La rondine komponiert hat. Federica Raja tritt zunächst als verführerische Musetta aus La bohème durch den Vorhang, um nach der großen Arie aus La rondine den Komponisten eiskalt abblitzen zu lassen. Der Tod Dorias geht Puccini nicht aus dem Kopf und so komponiert er schließlich in seiner letzten unvollendeten Oper Turandot für sie die Partie der Sklavin Liù, die für den geliebten Prinzen Calàf den Freitod wählt. Araujo hat dabei einen bewegenden Auftritt, der unter die Haut geht. Der Abend schließt dann mit einem Ensemble von "Nessun dorma", das zunächst Forrest und Henley anstimmen, bevor alle anderen in den Schlussgesang einstimmen. In einem kurzen Epilog bittet Puccini dann Giuseppe, irgendetwas von ihm zu spielen, und so kommt noch einmal "O mio babbino caro" vom Anfang. Dieses Mal singt Conolly als Elvira diese Arie, und bei aller Melancholie und dem Happy End, das es am Ende für Elvira und Puccini dann doch noch gegeben hat, weil sie schließlich zu ihm zurückgekehrt ist, lässt Morris immer noch mit bösem Witz den untreuen Puccini durchscheinen, der die Arie damit kommentiert, er sei nie dafür zu alt gewesen, von jungen Frauen angehimmelt zu werden.

FAZIT

Zahlreiche bekannte Nummern aus Puccini-Opern werden mit der Biographie absolut gekonnt zu einer kurzweiligen Geschichte verwoben, die dem Publikum einen Einblick in das Privatleben des berühmten Komponisten gibt.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung und Klavier
Giorgio d'Alonzo

Inszenierung
William Niall Morris

Bühne und Kostüme
Lisa Krugel

Licht
Maksym Diedov

 

Solistinnen und Solisten

*Premierenbesetzung

Puccini
William Niall Morris

Young Puccini
Liam Forrest

Elvira Puccini
Iúnó Connolly

Narciso Gemignani
Philip Kalmanovitch

Doria Manfredi
Isabel Araujo

Giulia Manfredi
Judith Le Breuilly /
*Katie MacDonald

Pietro, a Bohemian
Andrew Henley

Luigi, a Bohemian
Michael Ferguson

Marco, a Bohemian
Meilir Jones

Rosa Raisa
Federica Raja

Giuseppe
Giorgio d'Alonzo

Antonio Puccini
*Marcus Hussey /
Blake Thomas
Tomas Meyler

 

 


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