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Rossini in Wildbad
Belcanto Opera Festival
18.07.2024 - 28.07.2024


Porque existe otro querer

Spanische und französische Liebeslieder
Marina Viotti, Mezzosopran
Gabriel Bianco, Gitarre

In französischer und spanischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 35' (keine Pause)

Aufführung im Königlichen Kurtheater am 20. Juli 2024

 

 

 

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Spanische und französische Emotionen

Von Thomas Molke / Foto: © Rossini in Wildbad

Neun Jahre ist es mittlerweile her, dass die Karriere der jungen Mezzosopranistin Marina Viotti in Bad Wildbad begann. Damals nahm sie an den beiden Meisterklassen von Lorenzo Regazzo und Raúl Giménez teil und erarbeitete im Rahmen eines Workshops der Akademie BelCanto die Partie der Isabella in Rossinis L'italiana in Algeri. Mit ihrer Darstellung begeisterte sie das Publikum und die Festspielleitung so sehr, dass sie mit dem renommierten Internationalen Belcanto-Preis in Bad Wildbad ausgezeichnet wurde und zwei Jahre später als Arsace in der konzertanten Aufführung von Aureliano in Palmira zurückkehrte. Kurz vor Beginn der Corona-Pandemie traf sie auf den klassischen Gitarristen Gabriel Bianco, der ähnlich wie Viotti eine steile Karriere aufweisen konnte. Im ersten kurzen Zusammenspiel erkannte Viotti, dass sie für ein gemeinsames Programm ein "Perfect Match" seien, doch erst durch den Lockdown der Corona-Pandemie fanden die beiden Zeit und Muße, ein gemeinsames Programm zu erarbeiten. Das brachten sie dann 2023 unter dem Titel Porque existe otro querer (Weil es eine andere Liebe gibt) heraus und nahmen es auch auf CD auf. Ein Jahr später präsentieren Viotti und Bianco dieses Programm nun im Rahmen des Belcanto Opera Festivals Rossini in Wildbad im nahezu ausverkauften Kurtheater.

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Marina Viotti und Gabriel Bianco

Der Titel des Konzerts ist eine Zeile aus dem Song "Dos gardenias" aus dem Album Buena Vista Social Club von 1996, das der US-amerikanische Gitarrist Ry Cooder in einem Projekt mit von Juan de Marcos Gonzáles zusammengestellten Altmeistern der kubanischen Musik der 1940er und 1950er Jahre aufgenommen hatte und das mit über 8 Millionen Verkäufen zu den erfolgreichsten Alben des Genres zählte. Viotti und Bianco kombinieren unter diesem Titel französische und spanische Liebesromanzen verschiedener Epochen vom 19. bis zum 20. Jahrhundert und erkunden so das Thema Liebe in einer Mischung von unterschiedlichen Gattungen in teilweise neuen Arrangements. Den Anfang machen dabei drei Stücke von Gabriel Fauré, der vor allem für Vokal-, Klavier- und Kammermusik populär ist. Die drei Lieder sind eigentlich für Klavier und Gesang komponiert, werden von Bianco jedoch für Gitarre arrangiert. Dabei findet Bianco einen faszinierenden Anschlag, der das Klavier gewissermaßen imitiert und dabei nahezu "original" klingt. Viotti interpretiert die drei Stücke mit warmem, leicht geführtem Mezzosopran, der das Konzert wie eine leichte Sommerbrise beginnen lässt. "Après un rêve" erzählt vom Erwachen aus einem schönen Traum, den man gerne noch zu Ende geträumt hätte. "Chanson d'amour" kann als eine klassische Liebeserklärung betrachtet werden, und "Les berceaux" handelt vom Abschied des Geliebten, der auf das Meer hinauszieht. Dabei hört man in der Begleitung sehr lautmalerisch das Wogen der Wellen, die das Boot in die Ferne tragen.

Nach diesem lieblichen Einstieg begibt man sich auf halbem Weg von Frankreich nach Spanien. Der Komponist Jules Massenet ist zwar Franzose, hat aber eine Nuit d'Espagne komponiert, die in der musikalischen Gestaltung spanisches Temperament besitzt und die Hitze auf der Bühne noch steigert. Hier zeigt Viotti mit verführerischen Mezzo, der ein wenig Bizets Carmen durchschimmern lässt, welches Feuer in ihr steckt. Bianco macht deutlich, dass die Gitarre hier das ideale Instrument ist, dieses Feuer auch aus der musikalischen Begleitung herauszuholen. Noch leidenschaftlicher geht es dann mit einem relativ modernen Komponisten des Konzertes weiter: Carlos Eleta Almarán. Auch seine Historia de un amor erzählt von einer heißblütigen Liebe, die von Viotti stimmlich und von Bianco an der Gitarre expressiv und sehr impulsiv gestaltet wird. Nach diesen beiden feurigen Nummern wird es dann sehr melancholisch. Viotti interpretiert das Lied "Nantes" der französischen Chanson-Sängerin Barbara. Darin erzählt Barbara eine sehr persönliche, traurige Geschichte. Nach 20 Jahren der Funkstille zwischen ihr und ihrem Vater erhält sie die Nachricht, dass ihr Vater im Sterben liege. Sie macht sich auf den Weg nach Nantes, um ihn noch einmal zu sehen und sich mit ihm auszusprechen. Doch sie kommt zu spät. Diese bewegende Geschichte wird von Viotti mit sehr leisen und fast gebrochenen Tönen intensiv umgesetzt.

Danach überlässt Viotti Bianco die Bühne. Er hat ein Solo-Stück für Gitarre ausgewählt, das prädestiniert für ein Rossini-Festival ist: Rossiniana Nr. 5 von Mauro Giuliani. Der Zeitgenosse Rossinis hat in insgesamt sechs Stücken für Gitarre Auszüge aus Rossinis Werken für die Gitarre adaptiert und bewiesen, dass Rossinis Esprit auch an der Gitarre umzusetzen ist. Was Bianco in der Rossiniana Nr. 5 hier aus den Saiten holt, lässt das Publikum in Begeisterungsstürme ausbrechen. Normalerweise, sagt er in der Ankündigung, lasse er das Publikum jeweils raten, welche Stücke Rossinis in diesem Werk verarbeitet würden. Aber beim Festival-Publikum gehe er davon aus, dass man das sowieso wisse. So macht er an der Gitarre einen fulminanten Streifzug durch Rossinis Werk, arbeitet die Leichtigkeit der berühmten Rosina-Arie "Una voce poco fa" aus Il barbiere di Siviglia mit großer Beweglichkeit heraus und schafft es sogar, beim berühmten Sextett aus La Cenerentola, "Questo è un nodo avviluppato", den unterschiedlichen Charakteren eine eigene Stimme zu geben und sie zu einem Ensemble zusammenzuführen. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, wieso Bianco zu den besten klassischen Gitarristen der heutigen Zeit zählt.

Mit Rossini geht es dann auch weiter, der nicht zuletzt durch seine Verbundenheit mit dem spanischen Star-Tenor Manuel García auch spanische Lieder vertont hat. Diese adaptiert Viotti für Mezzosopran und zeigt, dass sie auch mit einer weiblichen Stimme große Leidenschaft besitzen. Es folgt dann ein "Klassiker" für Mezzosopran: Siete canciones españolas. Diese behandeln noch einmal die ganze Klaviatur der Emotionen, die von Viotti mit großer Leidenschaft stimmlich interpretiert werden, während Bianco jeweils kurz den folgenden Titel ansagt. Beendet wird das offizielle Programm mit einer sehr ruhigen Nummer. Viotti präsentiert "La chanson des vieux amants". Dabei setzt sie sich auf den Bühnenboden und besingt recht verträumt die langjährige Liebe, die sich jeder Mensch wünscht und bei der man auch in Auseinandersetzungen und Streit noch zueinandersteht. Das Publikum bedankt sich für das abwechslungsreiche Programm mit großem Beifall.

Natürlich lässt man Viotti und Bianco nicht ohne Zugaben gehen. Zwei Zugaben sind auch eingeplant. Den Anfang macht das Lied "Dos gardenias", aus dem die Titelzeile des Programms stammt. Zum Abschluss gibt es dann noch einmal Rossini, wobei Viotti das Publikum auffordert, nach Möglichkeit mitzusingen. Schließlich seien ja auch zahlreiche junge Sängerinnen und Sänger im Publikum, denen La danza, Nr. 8 aus Les soirées musicales nicht unbekannt ist. Beim "Frinche, frinche, frinche..." steigen dann auch die ersten Zuschauerinnen und Zuschauer zunächst zögerlich in den Gesang ein. Das zweite "Frinche, frinche, frinche..." überlässt Viotti dann bis zum "Mamma mia" ganz dem Publikum. Weil das Publikum nach dieser Nummer vor Begeisterung so richtig aufgeheizt ist, beschließen Viotti und Bianco kurzerhand, noch eine dritte Zugabe zu geben, und wiederholen Rossinis Canzonetta Spagnuola, um den Abend passend zum Festival immer noch mit Rossini enden zu lassen. So werden aus den angesetzten 70 Minuten für das Konzert ganz schnell kurzweilige 95 Minuten.

FAZIT

Marina Viotti und Gabriel Bianco zeigen in einem abwechslungsreichen Programm, wie gut Stimme und Gitarre beim Thema Liebe sowohl im klassischen Bereich als auch in der Unterhaltungsmusik harmonieren.

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Ausführende

Marina Viotti, Mezzosopran

Gabriel Bianco, Gitarre


Werke

Gabriel Fauré
"Après un rêve"
aus Trois mélodies Op. 7

Chanson d'amour Nr. 1 aus Op. 27

"Les berceaux" Nr. 1
aus Trois mélodies Op. 23

Jules Massenet
Nuit d'Espagne

Carlos Eleta Almarán
Historia de un amor

Barbara
Nantes

Mauro Giuliani
Rossiniana Nr. 5 Op. 123

Gioachino Rossini
"En medio a mis colores"
Canzonetta Spagnuola

"À Grenade" ("La nuit regne")

Manuel de Falla
Siete canciones españolas
1. "El paño moruno"
2. "Seguidilla murciana"
3. "Asturiana"
4. "Jota"
5. "Nana"
6. "Canción"
7. "Polo"

Jacques Brel
"La chanson des vieux amants"

 


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