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Barbiere-Querschnitt als gelungenes ErsatzprogrammVon Thomas Molke / Fotos: © Rossini in Wildbad Eigentlich war beim Belcanto Opera Festival Rossini in Wildbad in diesem Jahr der Auftakt einer neuen Reihe geplant, die sich in einem Konzert jeweils einem Ausnahme-Tenor des Belcanto widmen sollte. Nachdem bereits 2016 der Tenor Maxim Mironov ein Festkonzert mit Arien für Giovanni Battista Rubini präsentiert und Vittorio Prato ein Jahr später eine Hommage an den Bariton Antonio Tamburini vorgestellt hatte, sollte dies nun institutionalisiert werden. Den Beginn sollte eigentlich ein Konzert mit Arien für den Tenor Giovanni David machen. Da der geplante Sänger aber absagen musste, wurde stattdessen ein Abend über den Tenor Gilbert-Louis Duprez auf das Programm gestellt, da mit Mert Süngü in diesem Jahr ein Solist zur Verfügung stand, dessen Tenor der Stimmfarbe Duprez' relativ ähnlich sein soll. Da Duprez nicht nur als Sänger sondern auch als Komponist Erfolge feiern konnte, sollten die zwei Gesichter des Gilbert-Louis Duprez vorgestellt werden. Dafür hatte man Alessandro De Marchi engagiert, der zum einen das Orchester musikalisch leiten und einzelne Lieder am Klavier begleiten sollte. Zu Festival-Beginn musste De Marchi aber wegen eines nicht verschiebbaren Termins das Konzert absagen, so dass man zwar einen Duprez-Interpreten aber keinen Pianisten und Dirigenten mehr hatte. José Miguel Pérez-Sierra erklärte sich kurzfristig bereit, für die musikalische Leitung einzuspringen. Für die Einstudierung der Lieder am Klavier reichte jedoch die Zeit nicht aus, so dass man aus der Not eine Tugend machte und mit weiteren Solistinnen und Solisten kurzerhand einen Querschnitt aus Rossini-Opern mit dem Schwerpunkt auf Il barbiere di Siviglia zusammenstellte. Mert Süngü (links) als "französischer" Othello mit Dogukan Özkan (rechts) als Iago
Vom ursprünglich geplanten Konzert, das auf jeden Fall bei einem folgenden
Festival nachgeholt werden soll, blieben zwei Arien übrig, die sich gut in den
neuen Abend integrieren ließen. Eine Arie stammt dabei nicht von Rossini sondern
aus Donizettis Oper Lucia di Lammermoor, in
Polina Anikina als Tancredi
Francesco Bossi als Figaro
Den Anfang macht ein Stipendiat der Akademie BelCanto, der nicht nur im
vergangenen Jahr in der szenischen Produktion des Barbiere als Fiorello
zu erleben war, sondern auch mit dem Internationalen Belcanto Preis
ausgezeichnet wurde und deshalb in diesem Jahr als Haly in L'italiana in
Algeri und Gouverneur und Giacomo in der konzertanten Aufführung von Michele
Carafas Masaniello zurückgekehrt ist: Francesco Bossi. Mit großem
Spielwitz präsentiert er die berühmte Auftrittskavatine Figaros "Largo al
factotum" und zeigt mit herrlich beweglichen Läufen, dass er der Partie absolut
gewachsen ist. Großartige Komik versprüht er auch in der folgenden Canzone des
Almaviva, in der er dem Grafen Tipps gibt, wie er bei der Angebeteten Rosina
landen kann. Süngü spielt dazu als Almaviva selbst die Gitarre, während Anikina
als Rosina von der Seite ihre Begeisterung für den vermeintlichen Lindoro kaum
unterdrücken kann. Weiter geht es mit dem Duett "All'idea di quel metallo", in
dem Figaro gegen eine kräftige Entlohnung einen - wenn auch nicht von Erfolg
gekrönten - Plan entwickelt, wie Almaviva bei Rosina landen kann. Auch hier
begeistern Bossi und Süngü musikalisch mit schnellen, perfekt sitzenden Läufen
und komödiantischem Spiel.
Emmanuel Franco (links) als Figaro, Polina
Anikina als Rosina und Mert Süngü (rechts) als Almaviva nach dem Terzett
Nachdem Dogukan Özkan, der in L'italiana in Algeri einen herrlich
machohaften Mustafà mimt, die Verleumdungs-Arie des Don Basilio zum besten
gegeben hat und mit dunklem Bass-Bariton den Donner, in den sich das Lüftchen
der "calunnia" verwandelt hat, mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht hat,
übernimmt der Vollblut-Komödiant Emmanuel Franco, der sein komisches Talent
bereits im ersten Teil als Dandini unter Beweis stellen konnte, der in
Verkleidung als Don Ramiro am Hof die Gäste zum Ball empfangen hat, die Partie
des Figaro. Zunächst versucht er Anikina als Rosina zu überreden, dem verliebten
Lindoro ein Liebesbriefchen zukommen zu lassen, und muss dabei feststellen, dass
die junge Frau mit allen Wassern gewaschen ist. Den Abschluss des Abends bildet
dann das Terzett aus dem zweiten Akt, in dem Rosina und Almaviva endlich
zueinander gefunden haben und Figaro verzweifelt versucht, die beiden Liebenden
zum Aufbruch zu bewegen. Auch hierbei sprüht Franco vor Spielwitz und punktet
mit kraftvollem beweglichem Bariton. So gibt es am Ende großen Applaus für ein
Konzert, das den Titel "Ersatz" eigentlich nicht verdient.
FAZIT
Rossini geht immer. Das zeigt das relativ kurzfristig zusammengesetzte Programm,
das den eigentlichen Abend über den Tenor Gilbert-Louis Duprez ersetzte.
Weitere Rezensionen zu Rossini in
Wildbad 2024
Programm des Konzertes
Gioachino Rossini: La Cenerentola:
Gioachino Rossini: Othello:
Gioachino Rossini: Tancredi:
Gaetano Donizetti: Lucia di Lammermoor:
Gioachino Rossini: Guillaume Tell:
Gioachino Rossini: Il barbiere di Siviglia:
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AusführendeMusikalische LeitungJosé Miguel Pérez-Sierra
Szymanowski-Philharmonie Krakau Polina Anikina, Mezzosopran Mert Süngü, Tenor Francesco Bossi, Bariton Emmanuel Franco, Bariton Dogukan Özkan, Bass-Bariton
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