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Musikfestspiele
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Osterfestspiele Baden-Baden 2025
12.04.2025 - 21.04.2025

Madama Butterfly

Tragedia giapponese in tre atti
Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach dem Schauspiel Madame Butterfly. A Tragedy of Japan (1900)
Musik von Giacomo Puccini

in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Dauer: ca. 3 h (eine Pause)

Premiere im Festspielhaus Baden-Baden am 12. April 2025
(rezensierte Aufführung: 15.04.2025)

 

(Homepage)

 

 

Traumbesetzung und grandiose Orchesterbegleitung

Von Christoph Wurzel / Fotos: © Monika Rittershaus

Nach dreizehn Jahren Osterfestspielen (mit einer von Corona erzwungenen Pause) kam die Serie von Opern mit den Berliner Philharmonikern in Baden- Baden nun an ihr Ende. Puccini war in dieser Zeit wie auch Richard Strauss dreimal vertreten. Mozart, Verdi, Wagner jeweils nur einmal, die Moderne sogar gar nicht. Der rein privat finanzierte Spielbetrieb in Baden-Baden ist auf Publikumsmagneten angewiesen. Da war zum Schluss die Wahl auf Madama Butterfly gefallen.

Es war allerdings keine schlechte Wahl, denn vor allem musikalisch stach diese Produktion weit aus dem Routinebetrieb heraus. Kirill Petrenko adelte Puccinis Musik durch Seriosität und musikdramatische Wahrhaftigkeit - selbst dort, wo der Komponist etwas zu viel Zuckerguss über die Partitur gegossen hat.

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So stellen wir uns Japan vor: Butterfly (links: Eleonora Buratto) und Suzuki (Teresa Iervolino)

Auf der Bühne allerdings war man den gängigen Japan-Klischees nicht aus dem Wege gegangen. Giò Formas Bühnenbild aus verschiebbaren Wandelementen und die computergenerierten Oberflächen des Elektronikstudios D-Wok brachten eine Menge japanisches Kolorit in den großen Bühnenraum, das sich sogar noch in die Foyers verlängerte. Vor allem im ersten Akt wechselte das Bilderangebot beinahe permanent: rieselnde Kirschblüten rauf, runter und seitwärts, Meereswellen, wechselnde Stadtlandschaften - es wuchs sich oftmals zur Bilderflut aus. Die Tragedia giapponese wurde sehr wörtlich genommen.

Davide Livermore, ein Schwergewicht unter den italienischen Regisseuren und ständiger Gast in Mailand, hatte dabei wohl vor allem im Sinn, die Geschichte opulent zu bebildern. Auf der großen Baden-Badener Bühne kamen unter derart dominanter Bühnenausstattung eine subtile Personenregie oder eine psychologische Feinzeichnung der Figuren allzu oft zu kurz. Es blieb in der Regel weitgehend bei allerdings perfekten Szenenarrangements und eher konventioneller Interaktion. Im 2. und 3. Akt allerdings konzentrierte die Regie das Bühnengeschehen glücklicherweise mehr.

Überzeugend war, dass Livermore der Geschichte einen Rahmen gab. Er rückte Butterflys Sohn in den Blick und ließ ihn, der ja nach Butterflys Suizid bei Pinkerton und dessen Frau in Amerika aufgewachsen ist, als Jugendlichen zurück nach Nagasaki kommen. Von dort ruft er in einer kleinen Szene noch vor Beginn der eigentlichen Opernhandlung seine Stiefmutter an: Er sei an seine Wurzeln zurückgekehrt. So hat die Regie dem Trauma dieses Kindes, das Butterfly selbst Dolore nennt, berechtigte Aufmerksamkeit geschenkt.

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Eleonora Buratto (Cio-Cio-San) und Jonathan Tetelman (Pinkerton)

Ansonsten erzählt die Regie die Handlung genau am Text. Dramatische Aussagekraft bekam sie vor allem durch die Gesangssolisten und das Orchester. Eleonora Buratto und Jonathan Tetelman waren die Traumbesetzung in ihren Rollen. Mit strahlender Höhe und eminenter Intonationssicherheit auf technisch höchstem Niveau, faszinierte Buratto nicht zuletzt durch die vokale Gestaltung ihrer Rolle. Ihre Butterfly überzeugte mit einer Reinheit und Unbedingtheit ihrer Liebe, die zugleich ein tragisches Verkennen der Realität bedeutet. Nachdem Cio-Cio-San Pinkertons Liebesbetrug erkennt, steigerte sich Burattos Ausdrucksgesang zu tragischer Größe. Packender ist die vokale Gestaltung dieser Rolle kaum zu denken.

"America forever!" Es kommt Beklemmung auf, wenn der US-Leutnant Benjamin Franklin Pinkerton mit stolzgeschwellter Brust diese Parole schmettert. Dieser Opernheld kommt im Libretto nicht gut weg. Sein forscher Nationalismus lässt ihn die fremde Kultur vollkommen verkennen. Er nutzt sie aber, wenn sie ihm entgegenkommt und ihm erlaubt, die fünfzehnjährige Geisha Cio-Cio-San nach japanischer Art zu heiraten, das heißt ohne Verpflichtung, allein zum Lustgewinn. Das illustriert die Regie mit einem drastischen Bild. Im Liebesduett stillt Pinkerton sein Verlangen mit einem Butterfly-Double, während sie selbst noch scheu bei ihrer Idealvorstellung ihrer zukünftigen "Ehe" verharrt. Wo der Komponist musikalisch eine heile Welt zu suggerieren versucht, zeigt die Regie eine fatale Diskrepanz auf. Tetelman singt diesen Schuft in allen Facetten von dessen Charakter: als Draufgänger und Abenteurer am Anfang, als manipulierenden Verführer und am Schluss als Versager, der vor allem von Selbstmitleid erfüllt.

Menschlichkeit zu zeigen, bleibt nur Cio-Cio-Sans Dienerin Suzuki, die von Teresa Iervolino ergreifend mitfühlend gesungen wurde und Sharpless, dem Konsul, den Tassis Christoyannis sonor mit warmem Bariton zum väterlichen Freund der Butterfly werden ließ.

Grandios ließen die Philharmoniker die Vielfarbigkeit dieser Musik erstrahlen. Petrenko dirigierte, wie die Musik atmet, gestaltete elegant die Übergänge, formte die Dynamik makellos zu Spannungsbögen und hob die Einzelstimmen markant heraus. Eine Orchesterleistung, die den frenetischen Jubel verdiente, den sie am Schluss erntete. Der Tschechische Philharmonische Chor Brünn machte sich mit dem dezent und geschmackvoll gestalteten Summchor verdient.

FAZIT

Musikalisch war die Produktion ein wahrer Triumph, szenisch hätte man sich Puccinis Butterfly subtiler, kammerspielartiger und in ruhigeren Bildern vorstellen können. Aber der Glamourfaktor war stärker.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Kirill Petrenko

Inszenierung
Davide Livermore

Video
D-Wok

Bühnenbild
Giò Forma

Kostüme
Mariana Fracasso

Licht
Fiametta Baldisseri

Chorleitung
Joel Hána

 

Berliner Philharmoniker

Tschechischer Philharmonischer Chor
(Chorleitung: Petr Fiala)

 

Solistinnen und Solisten

Cio-Cio-San, genannt Madama Butterfly
Eleonora Buratto

Benjamin Franklin Pinkerton,
Leutnant der US-Marine

Jonathan Tetelman

Suzuki, Dienerin von Cio-Cio-San
Teresa Iervolino

Sharpless, amerikanischer Konsul
Tassis Christoyannis

Goro, Heiratsvermittler
Didier Pieri

Kate PInkerton
Lilia Istratii

Fürst Yamadori
Aksel Daveyan

Onkel Bonzo
Giorgi Chelidze

Der kaiserliche Kommissär
Jasurbek Khaydarov

Der Standesbeamte
Ondřej Vašata

Cio-Cio-Sans Mutter
Natalie Jurk

Die Tante
Eunsoo Lee

Die Cousine
Lilia Istratii

Onkel Yakusidé
Benjamin Šuran

Dolore, Cio-Cio-Sans Sohn
als junger Mann

Felix Chang
als Kind
Anton Forcher

Suzuki, als ältere Frau
Ayaka Kamei

Statistinnen und Statisten
Luis Benoit
Carina Dedecius
Susanne Heller
Christina Honcharenko
Simo Hüglin
Rüdiger Kintop
Alexander Koren
Julia Schulga

 


Weitere
Informationen

erhalten Sie unter
Festspielhaus Baden-Baden
(Homepage)



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