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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Osterfestspiele Baden-Baden 2025 12.04.2025 - 21.04.2025
Die Sinfoniekonzerte
Solisten: Leif Ove Andsnes und Seong-Jin Cho, Klavier 13. und 14. April 2025 im Festspielhaus Baden-Baden |
(Homepage)
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Überragend nach allen Seiten Von Christoph Wurzel / Fotos: © Monika Rittershaus Es war ein Abschied der Berliner Philharmoniker von den Osterfestspielen in Baden-Baden, aber kein Abschied mit Wehmut. Seit 2013 (mit einer von Corona erzwungenen Unterbrechung) waren sie das Residenzorchester im Festspielhaus und bestritten jährlich eine Oper, mehrere Sinfoniekonzerte und unzählige Aufführungen mit Kammermusik. Jeweils 10 Tage pausenlos hintereinander mit oft mehreren Terminen am Tag. Das allein ist als Leistung schon überragend. Zwei Chefdirigenten waren im Laufe der Jahre mit von der Partie - zuerst Simon Rattle und seit 2021 Kirill Petrenko. Im Interimsjahr 2019 waren Gastdirigenten eingeladen. Rund 60 Sinfoniekonzerte werden es gewesen sein in diesen 12 Jahren - mit ambitionierten Programmen und den namhaftesten Solistinnen und Solisten als Gäste. Für das Publikum des Festspielhauses stets Höhepunkte der Saison. In der recht überschaubaren Kurstadt mit den kurzen Wegen zwischen den Aufführungsorten bedeutete das auch nicht selten persönliche Kontakte zu den Musikerinnen und Musikern. Mehrfach kam von ihnen die Rückmeldung, dass die Tage im Baden-Badener Frühling auch für sie Besonderes bedeuteten. Die kleine Kurstadt am Rande des Schwarzwaldes hat sich nicht zuletzt immer wieder als ein Zentrum der klassischen Musikpflege fühlen dürfen und versteht sich zurecht als Festspielstadt im Südwesten der Republik. Auch mit den Sinfoniekonzerten dieses Jahres gaben die Philharmoniker noch einmal alles, wofür sie in Baden-Baden geschätzt wurden: große Musik in beispielgebenden Interpretationen - Konzerte, die noch lange nachhallen werden. Drei Programme hatten die Philharmoniker mitgebracht. Beethovens Neunte unter Petrenko bildete Abschluss und Höhepunkt zugleich. Nicht minder in sich hatten es zuvor die beiden anderen Konzerte unter der Leitung von Klaus Mäkelä und Jakub Hrůša. Leif Ove Andsnes und die Berliner Philharmoniker in Baden-Baden Mäkelä hatte sich bereits wenige Wochen zuvor in Baden-Baden mit dem Orchestre de Paris großartig eingeführt. Nun mit den Berliner Philharmonikern war das Programm noch um einige Grade schwergewichtiger mit gleich zwei Gipfelstürmen an diesem Abend. Zum ersten mit Sergej Rachmaninows 3. Klavierkonzert und dem Pianisten Leif Ove Andsnes und nach der Pause für das Orchester allein mit der Alpensinfonie von Richard Strauss. Ein "Elefantenkonzert" nannte Arthur Rubinstein Rachmaninows op. 30. Rund 45 Minuten permanente Auf- und Abschwünge heftigster Emotionen, dazu ein Klavierpart, der an Schwierigkeit seinesgleichen sucht. Elefanten sind bekanntlich Dickhäuter, sollen aber auch sehr sensibel sein. In diesem Sinne muss man Rubinstein Recht geben, jedenfalls was diese Interpretation betrifft. Beides war hier zu hören: vom Pianisten, der wohl die Pranke zeigte, aber auch mit brillantem Klang aufwarten konnte, fein angeschlagen, silbrig und wie gesungen. Mäkelä oblag es, die emotionalen Berg- und Talfahrten mit dem Orchester zu unterstützen, dabei aber nie den Pianisten mit zu dickem Orchesterklang zu überdecken. Stets war die Klangbalance perfekt. Die emotionalen Ausbrüche waren eindrucksvoll zu großen Steigerungen dynamisiert. In das gedankenverlorene Intermezzo setzte Andsnes immer wieder mit tänzerischer Anmutung Aufhellungen und Zeichen von Optimismus. Auch im Finale war der Klavierton streckenweise spielerisch, fast übermütig. Und kämpferisch vorwärtspreschend führte der Schlussteil zu einem triumphalen Energieausbruch. Leif Ove Andsnes, Klaus Mäkelä und die Berliner Philharmoniker Nicht genug der kolossalen Musik, folgte nach der Pause mit der Alpensinfonie weitere rund 50 Minuten musikalische Hochspannung, wenngleich es Richard Strauss den Hörern wesentlich leichter macht als der Russe. Denn im Laufe seiner musikalischen Wanderung in alpine Höhen lässt Strauss in jeden Moment den Standort genau verorten, akustische Spurensicherung von 23 Stationen gleichsam, die er genau bezeichnet: Abmarsch nach Sonnenaufgang, durch Feld und Wald zum Gipfel und bei Gewitter und Sturm wieder zurück. Manchen ist diese Konkretheit zu offensichtlich, aber als Beispiel grandioser Kunst der Instrumentation ist die Alpensinfonie wohl unerreicht. So war dies die Stunde der philharmonischen Solistinnen und Solisten, ihre spieltechnische Souveränität zu zeigen, Klangschönheit zu präsentieren und damit ein grandioses Bergpanorama zu malen, das überwältigend war. Frenetischer Jubel war Orchester und Dirigent gesichert. Und mit Mäkelä war es erst der Anfang in Baden-Baden. Ab 2026 wird er bei den Osterfestspielen mit dem Concertgebouw Orchester als einem der beiden Residenzorchester die Berliner Philharmoniker ablösen. Jakub Hrůša dirigiert die Berliner Philharmoniker bei den Osterfestspielen 2025. Am nächsten Tag stand Jakub Hrůša am Pult, der sich längst an die Spitze der jüngeren Maestri hinauf dirigiert hat. Mit Beginn der neuen Saison wird er die Leitung des Royal Opera House in London übernehmen. Zwar in Brünn geboren, ist er bei weitem nicht festgelegt auf den tschechisch-böhmischen Musikcharakter, öffnet aber in seinem Repertoire immer wieder Fenster in neue Räume dieser Musik. Für dieses Konzert hatte er die Orchestersuite aus Janáčeks Oper Osud (Schicksal) als Eröffnungsstück mitgebracht, die noch seltener zu hören ist als die Oper selbst. Das sind 20 Minuten erstaunlich reichhaltiger Musik, deren Innenleben von der Dramatik dieser Künstleroper erzählt, in deren Inhalt sich das Leben eines Komponisten spiegelt. Auch ohne das Werk selbst kennen zu müssen, erschlossen sich die Stimmungen wie in einer sinfonischen Dichtung durch die facettenreiche Interpretation. Welche Fülle an Gefühlen, welche lyrisch sinnliche Melodik, auch folkloristische Anklänge und bis ins Groteske gesteigerte Ironie: alles auf den für Janáček typischen engen Raum verdichtet. Eine wahre Entdeckung, die Hrůša hier präsentierte. Der Klassiker im Programm war Beethovens 5.Klavierkonzert mit dem gegenwärtigen Artist in Residence der Philharmoniker, dem koreanischen Pianisten Seong-Jin Cho, Preisträger des Tschaikowski- und des Chopin-Wettbewerbs, inzwischen internationaler Superstar und vom asiatischen Publikum verfolgt auch bis nach Baden-Baden. Gerade mit diesem Konzert war er bereits mehrfach hier zu hören, aber noch nie hat er es so gut gespielt wie in diesem Jahr, immer noch im Ausdruck etwas zurückhaltend, aber im Klang berückend schön mit wundervollem Legato, ungemein sensiblem Anschlag, brillanter Tongebung und hoher Kunst der Phrasierung. Was "Kaiserkonzert" bedeutet, daran ließen auch Dirigent und Orchester keinen Zweifel. Seong-Jin Cho mit dem 5. Klavierkonzert von Beethoven in Baden-Baden Eigentlich kaum steigerbar. Aber Bartóks Konzert für Orchester brachte an diesem Abend noch eine weitere Seite der überragenden Orchesterkultur der Berliner Philharmoniker zum Vorschein, nämlich ihre unbestechliche Ensemblekunst. Bartóks Komposition kennt nicht nur einen Virtuosen, sondern das ganze Kollektiv der Musikerinnen und Musiker ist gefragt, wie etwa im 2. Satz Giucco delle coppie, also Spiel der Paare. Es spielen hier jeweils 2 Bläser derselben Gruppe miteinander, rhythmisch leicht verschoben und in unterschiedlichen harmonischen Abständen. Das übrige Orchester bildet das Spielfeld. Wie leicht hier die Bälle hin- und herflogen und die Töne über die Netze tanzten - das war musikalisches Wunderwerk vom Feinsten. Das Finale brachte ein wahres Feuerwerk an Klängen, bewundernswert lebensbejahend, bedenkt man dass es das Werk eines bereits todkranken Komponisten ist. Jakub Hrůša aber ließ es zum Abschluss dieses Konzerts mit den Philharmonikern in lebensfroher Frische und vitaler Energie erstrahlen. |
ProgrammeBerliner Philharmoniker 13. April 2025 Sergej Rachmaninow Richard Strauss Solist: Leif Ove Andsnes Dirigent: Klaus Mäkelä
14. April 2025 Leoš Janáček Ludwig van Beethoven Béla Bartók Solist: Seong-Jin Cho, Klavier Dirigent: Jakub Hrůša
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