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Veranstaltungen & Kritiken Musikfestspiele |
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Händel-Festspiele 2025 in Halle (Saale)06.06.2025 - 15.06.2025
Italienisches Recital
Anna Bonitatibus, Mezzosopran
Musik von Georg Friedrich Händel und Alessandro Scarlatti Aufführungsdauer: ca. 1 h 10' (keine Pause) Aufführung im Festsaal Leopoldina in Halle am 8. Juni 2025, 11.00 Uhr |
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Fingierte Musikstunde in Rom Von Thomas Molke / Foto: © Thomas Ziegler Anna Bonitatibus zählt nicht nur zu den renommierten Stars der internationalen Barockszene, sondern hat auch zu Halle an der Saale und den Händel-Festspielen eine besondere Beziehung. So wurde sie hier beispielsweise 2023 für ihre Interpretation der Titelpartie in Händels Serse mit dem Händel-Preis gewürdigt. In diesem Jahr kehrt sie zurück nach Halle, allerdings nicht als Agrippina in der szenischen Produktion im Opernhaus. In der Partie ist sie in Zürich zu erleben. Im Rahmen der Händel-Festspiele präsentiert sie mit Mahan Esfahani im Festsaal Leopoldina ein italienisches Recital mit Werken von Georg Friedrich Händel, die passend zum Motto des diesjährigen Festivals aus Händels frühen Jahren in Rom stammen. Wer aber denkt, dass es sich bei diesem Konzert um eine bloße Arien-Matinee handelt, täuscht sich. Bonitatibus und Esfahani haben dem Konzert einen Titel gegeben: Il maestro e Margherita. Der Maestro (Mahan Esfahani) und Margherita Durastante (Anna Bonitatibus) treffen sich zur Musikstunde. Mit dem Maestro ist Georg Friedrich Händel gemeint, der in seinen Jahren in Rom nicht nur als Komponist sondern auch als Cembalist bei Aufführungen im Palazzo Bonelli des Marchese Francesco Maria Ruspoli gefeiert wurde. Dort lernte er auch die Sopranistin Margherita Durastante kennen, die er später für einige Jahre nach London holte, wo sie die Sopranpartien in Radamisto, Floridante, Ottone, Flavio und Giulio Cesare interpretierte. In Rom bildete sie mit Händel und zwei Geigern das musikalische Kernensemble im Palazzo Bonelli und erfreute die römische Oberschicht dort mit zahlreichen Kantaten, die Händel in dieser Zeit komponierte. Im Dezember 1709 folgte sie Händel auch nach Venedig, um dort die Titelpartie in Agrippina zu singen. Bonitatibus und Esfahani simulieren nun eine Probe zwischen Händel und der Durastante, wie sie 1707 oder 1708 im Palazzo zur Vorbereitung auf eine Vorstellung stattgefunden haben könnte. Dabei schlüpfen Esfahani und Bonitatibus auch in kleinen Dialogen in die Rollen der beiden Figuren, wobei Margherita geflissentlich darüber hinwegsieht, dass der Maestro nur bedingt italienisch beherrscht und unterschwellige Allüren einer Diva zum Vorschein kommen, was Bonitatibus mit viel Humor ausspielt. Den Anfang macht eine geistliche Kantate, die wohl um den 2. Februar 1707 zur Aufführung gelangte. Die Kantate Donna, che in ciel ist ein Dank an die Gottesmutter Maria, die man in Rom dafür verantwortlich machte, dass die ewige Stadt 1703 bei einem schweren Erdbeben in den Abruzzen, das Hunderte von Toten gefordert hatte, größtenteils verschont worden war. Schon in der Introduzione spannt Esfahani am Cembalo äußerst lautmalerisch einen Bogen von dem Entsetzen über das Erdbeben bis hin zur abschließenden Bitte an die Gottesmutter um Fürsprache und Frieden. Bonitatibus lässt mit beweglichen Koloraturen in der Arie "Vacillò" das Beben der Erde spürbar werden und findet anschließend sehr zarte Töne. Nach dieser etwas längeren Nummer muss sich die Durastante erst einmal bei einem Glas Wasser erholen, und es folgt ein Capriccio am Cembalo. Historisch belegt ist auch eine Oratorienaufführung im Hause Ruspolis von Scarlattis Il giardino di rose. Bonitatibus präsentiert daraus eine Arie der Speranza, die die Durastante damals gesungen hat. Auch diese Arie wird von Bonitatibus sehr lautmalerisch umgesetzt und fängt die zarten Winde ein, die inmitten eines Blumenfeldes Speranza umwehen. Das Programm macht anschließend einen Sprung in das Jahr 1708, als Händel aus Florenz zurückgekehrt war, wo er seine Oper Rodrigo zur Uraufführung gebracht hatte. Die Arie aus der Kantate Lungi dal mio ist eine typische Gleichnisarie, in der ein Schiff auf dem stürmischen Meer keine Hoffnung mehr hat, das rettende Ufer zu erreichen. Bonitatibus punktet hier mit beweglichen Läufen. Die Kantate Arresta il passo schuf Händel 1707 für zwei Sopran-Partien. Bonitatibus interpretiert an diesem Abend zunächst den verzweifelten Hirten Amintas, der von der geliebten Fillide zurückgewiesen wird, und anschließend die Geliebte. Dabei malt sie die Leiden des jungen Hirten genauso glaubhaft aus wie den anschließenden Spott der Nymphe. Dass die Durastante bei Händels Auferstehungsoratorium La resurrezione am Ostersonntag 1708 die Partie der Maria Magdalena singen durfte, kam einem Wunder gleich, weil Frauen zur damaligen Zeit in Rom ein Auftrittsverbot bei Opern und Oratorien hatten, und brachte Ruspoli auch eine scharfe Verwarnung des Papstes ein, so dass ab der zweiten Aufführung ein Kastrat die Partie übernehmen musste. Esfahani spielt die Arie der Maddalena nur an, die er aus einer Violinsonate Corellis übernommen hatte, und Bonitatibus erinnert sich als Durastante daran, dass diese Arie ein Jahr später auch ihren Weg in den ersten Akt der Agrippina fand. Zum Abschluss des Programms gibt es die wohl eindrucksvollste Kantate aus Händels Schaffen in Rom: Armida abbandonata. Erzählt wird eine Szene aus Torquato Tassos Epos Gerusalemme liberata, das Händel später noch ein paar Mal als Quelle für seine Opern verwenden sollte. In dem Epos trifft der Kreuzritter Rinaldo auf die Zauberin Armida, die ihn zunächst auf ihre magische Insel lockt und ihn beim Liebesspiel seine eigentliche Bestimmung vergessen lässt. Doch schließlich befreien ihn die Gefährten aus seinem Liebeswahn, und der Kreuzritter lässt die Zauberin allein auf der Insel zurück Die Kantate setzt an der Stelle ein, an der Armida realisiert, dass sie von Rinaldo verlassen worden ist. In einem Rezitativ schildert zunächst eine Erzählerin die Gefühle der Zauberin, die verzweifelt versucht, dem Geliebten nachzueilen, bevor die Zauberin in drei Arien und mehreren Rezitativen selbst zu Wort kommt. Bonitatibus durchläuft dabei in den Arien und Rezitativen die zahlreichen emotionalen Zustände von Verzweiflung über Wut bis hin zu tiefer Trauer. Wenn Armida in der ersten Arie die Grausamkeit des Geliebten beklagt, fühlt man sich in der Melodieführung ein wenig an die berühmte Arie "Lascia ch'io pianga" erinnert, die Händel später für Armidas Gegenspielerin Elmirena in seiner Oper Rinaldo verwendete. Mit weicher Stimmführung macht Bonitatibus die Leiden der Zauberin in der Kantate sehr deutlich, steigert sich dann aber mit schnellen Läufen und sauber angesetzten Zwischentönen in eine große Wut auf den Geliebten, den sie am liebsten in den Wogen des Meeres Schiffbruch erleiden lassen möchte. Von dieser Wut lässt sie allerdings schnell wieder ab und bittet zunächst die Winde, den Geliebten zu verschonen, und anschließend Amor, sie von ihrem Liebeswahn zu heilen. Esfahani begleitet Bonitatibus' eindringlichen Gesang sehr emotional am Cembalo. Als Zugabe gibt es dann doch noch eine Arie aus Agrippina, was einerseits zum Konzert passt, da die Durastante die Partie ja in Venedig gesungen hat, und andererseits zum Motto der Festspiele, da die Oper ja in Händels Jahren in Italien entstand. FAZIT Anna Bonitatibus und Mahan Esfahani bieten einen bunten und sehr spannenden Strauß von frühen, größtenteils unbekannten Werken aus der Zeit des Hallenser Komponisten in Italien. Weitere Rezensionen zu den Händel-Festspielen 2025 in Halle
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AusführendeAnna Bonitatibus, Mezzosopran Mahan Esfahani, Cembalo
Werke Georg Friedrich Händel Capriccio, HWV 483 g-Moll Alessandro Scarlatti Georg Friedrich Händel Sonata, HWV 580 g-Moll (Larghetto) Arie des Aminta "Fermati, non fuggir" Arie der Maddalena "Ho un non so che nel cor" Sonata, Aria und Variationen Kammerkantate Armida abbandonata, HWV 105 (Rom 1707)
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