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Händel-Festspiele 2025 in Halle (Saale)06.06.2025 - 15.06.2025
Clori, Tirsi e Fileno
Dramatische Kantate in zwei Teilen (HWV 96) Aufführungsdauer: ca. 1 h 50' (eine Pause) Premiere im Goethe-Theater Bad Lauchstädt am 13. Juni 2025(rezensierte Aufführung: 14.06.2025) |
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Ménage à trois im Schäferspiel Von Thomas Molke / Fotos: © Benjamin Elsholz Die diesjährigen Händel-Festspiele in Halle an der Saale widmen sich vor allem der Zeit, die Händel in jungen Jahren in Italien verbracht hat. Sein Opernschaffen dieser Zeit ist mit Rodrigo und Agrippina sehr überschaubar. Dafür hat er aber als Komponist und Cembalist im Palazzo Bonelli seines Mäzen Marchese Francesco Maria Ruspoli mit zahlreichen Kantaten die römische Oberschicht erfreut und zahlreiche Kompositionen aus dieser Zeit in seine späteren Opern übernommen. Eine Besonderheit seines kompositorischen Schaffens in dieser Zeit stellt sicherlich seine zweiteilige Kantate Clori, Tirsi e Fileno dar, und zwar in doppelter Hinsicht. Zum einen ist sie mit insgesamt 16 Arien für eine Kantate sehr umfangreich und enthält zum anderen einige Arien, die den begeisterten Händel-Fans aus manch anderem Werk des Hallenser Komponisten bekannt sein dürften. Ob das Werk tatsächlich in voller Länge im Palast des Marchese erklungen ist, kann heute nur vermutet werden. Erhalten ist lediglich eine Quittung über den Erhalt von 10 Scudi, die der Notenkopist Antonio Giuseppe Angelini von dem Marchese für die Abschrift einer "Cantata a tre con Violini" kassiert hat, wobei die Händelforschung davon ausgeht, dass es sich dabei um Clori, Tirsi e Fileno handelt. Die Komposition ist immerhin in der Santini-Sammlung der Diözesanbibliothek Münster erhalten geblieben. Ein weiterer unvollständiger Partitur-Autograph befindet sich in der British Library in London, wobei das Ende hier von der kompletten Fassung abweicht. Im pittoresken Goethe-Theater in Bad Lauchstädt gibt es nun eine szenische Aufführung der Partitur-Abschrift von Angelini. Tirsi (Nicolò Balducci) beklagt die Untreue seiner Geliebten Clori. Die Geschichte ist ein Schäferspiel, wie es in der damaligen Zeit sehr beliebt war, ohne Bezug zu irgendwelchen mythologischen Figuren, wie man es teilweise von Händels anderen Kantaten aus der Zeit kennt. Tirsi ist unglücklich verliebt in die Schäferin Clori, weil er glaubt, dass sie ihm nicht treu sei. In der Tat flirtet sie heftig mit Fileno, dem sie wiederum Untreue vorwirft. Als Clori Fileno ihre Liebe gesteht, stellt Tirsi sie wütend zur Rede. Daraufhin beteuert sie ihm unter Tränen, dass sie eigentlich nur Tirsi liebe und mit Fileno nur gespielt habe. Das wiederum hat Fileno belauscht und fühlt sich nun mit Tirsi gemeinsam betrogen. So verbünden sich die beiden geprellten Liebhaber miteinander und versichern einander, zukünftig nur noch für das Vergnügen und nicht mehr für die Liebe zu leben. Im Schlussensemble verzeihen sie Clori und kommen gemeinsam zu dem Schluss, dass ein Leben ohne Liebe genauso wenig möglich sei wie Liebe ohne Leiden. Dabei dürfe man aber niemals die Hoffnung verlieren, und auch Eifersucht schade dabei nur. Clori (Chelsea Zurflüh, vorne auf der Bank sitzend) und Fileno (Constantin Zimmermann, vorne auf der Bank sitzend) gestehen einander ihre Liebe, während Tirsi (Nicolò Balducci, im Hintergrund) kaum zurückgehalten werden kann. Das Regie-Team um Alberto Pagani fügt den drei Figuren des Stückes zwei Tänzerinnen und einen Tänzer hinzu, deren Tanz von Pagani choreographiert wird, wobei er selbst auch die Rolle des Tänzers übernimmt. Welche Funktion die beiden Tänzerinnen und der Tänzer haben, die mit relativ modernem Bewegungsvokabular das Stück in einem Bühnenbild, das mit einem Prospekt im Hintergrund und schmalen Stellwänden an den Seiten einen arkadischen Raum andeutet, untermalen, wird nicht ganz klar. Gedoppelt werden die Figuren nicht. Stattdessen befinden sich die Tänzerinnen und der Tänzer in der Regel gemeinsam auf der Bühne, treten mal mit einzelnen Figuren des Stückes in Interaktion oder bewegen sich mal mehr und mal weniger expressiv zu den musikalischen Nummern. Sollen hier die Gefühle der Schäferin und ihrer beiden Liebhaber ausgedrückt werden, die zwischen Liebesbeteuerungen, Leiden und Eifersucht variieren, oder handelt es sich um Geister, die sich in weißen Oberteilen mit weiten Schlaghosen in der Schäfer-Idylle bewegen? Störend sind sie jedenfalls nicht, bringen die Inszenierung allerdings auch nicht wirklich weiter. Zu Beginn stehen die Tänzerinnen und der Tänzer gemeinsam mit Tirsi, Clori und Fileno auf der Bühne und beginnen, bevor die Sinfonie ansetzt, gleichmäßig in fließenden Bewegungen einen Takt vorzugeben, den das Barockorchester der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach unter der Leitung des Barockspezialisten Michael Hofstetter anschließend aufgreift. Während der dreiteiligen Sinfonie werden die Bewegungen immer expressiver, wobei Tirsi, die beiden Tänzerinnen und der Tänzer zum Publikum gewandt sind und Clori und Fileno mit dem Rücken zum Saal stehen. Wahrscheinlich soll damit angedeutet werden, dass Tirsi in der ersten Szene, in der er sein Leiden über Cloris Untreue beklagt, allein ist. Nicolò Balducci verfügt als Tirsi über einen sehr hellen Countertenor, der in den Höhen eine große Klarheit und Zartheit besitzt. So geht seine einleitende Continuo-Arie, "Cor fedele, invano speri", die unter anderem der Untertitel der Kantate ist, unter die Haut. In seiner folgenden Arie tritt er in einen betörenden Dialog mit den Violinen. Nachdem er sich ein Versteck im Wald gesucht hat, treten Clori und Fileno auf. Chelsea Zurflüh besticht mit weich fließendem Sopran als Clori, die in einer lieblichen Nachtigall-Arie Fileno zu verführen sucht und zwischen Koketterie und Melancholie schwankt, wenn sie Fileno anschließend Untreue vorwirft. Constantin Zimmermann stattet den Hirten Fileno mit einem dunkel gefärbten Countertenor aus, der wesentlich viriler klingt als Balduccis Tirsi. In einem bezaubernden Liebes-Duett findet er am Ende des ersten Teils mit Clori schließlich zusammen, wobei die Tänzerinnen und der Tänzer Tirsi, der die ganze Szene beobachtet hat, zurückhalten müssen. Nach diesem ersten Teil, der vom Barockorchester der Thüringen Philharmonie Gotha-Eisenach unter der Leitung von Michael Hofstetter eindrucksvoll begleitet wird, geht es nach gut 40 Minuten in die Pause. Der zweite Teil besitzt dann musikalisch wesentlich mehr Dramatik. In der Eröffnungsnummer "Fermati", die von Händel später in seinen Rinaldo in London übernommen wurde, liefern sich Zurflüh und Balducci einen großartigen Schlagabtausch, bevor Balducci zu einer wütend-virtuosen Koloratur-Arie ansetzt, nach der es den ersten Szenen-Applaus der Vorstellung gibt. Balducci zeigt in den Höhen große Flexibilität und begeistert durch atemberaubende schnelle Läufe. Zurflüh steht ihm in ihrer Antwort "Barbaro, tu non credi" stimmlich in nichts nach, wobei sie von einem atemberaubenden Violinsolo begleitet wird. Nachdem die beiden sich schließlich zum Klang einer konzertierenden Laute versöhnen, tritt Zimmermann wieder auf und erhält als Fazit aus dem Geschehen ebenfalls ein musikalisches Glanzstück, in dem er mit der Laute in eine Art Dialog tritt. Beim Schluss-Terzett gibt es dann auf der Bühne ein munteres Bäumchen-wechsel-dich-Spiel, bei dem jeder mal mit jedem Zärtlichkeiten austauscht. Das Publikum spendet frenetischen Beifall für ein kurzweiliges Stück, das musikalisch im zweiten Teil wesentlich stärker ist als im ersten. FAZIT Die zweiteilige Kantate eignet sich gut für eine szenische Umsetzung und enthält zahlreiche musikalische Perlen. Ob man allerdings die Begleitung durch den Tanz benötigt, ist Geschmacksache. Weitere Rezensionen zu den Händel-Festspielen 2025 in Halle
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ProduktionsteamMusikalische Leitung Choreographie und Inszenierung Kostüme Lichtdesign Dramaturgie
Barockorchester der
Solistinnen und Solisten
Clori Tirsi
Fileno
Tänzerinnen und Tänzer
Weitere |
- Fine -