Einladung zum Tanz
Von
Thomas Molke
/ Fotos: © Pádraig Grant
Vor zwei Jahren hat die künstlerische Leiterin des Wexford Festival Opera,
Rosetta Cucchi, die "Community Opera" ins Leben gerufen. Darin erarbeiten
ortsansässige Bürgerinnen und Bürger aus Wexford mit Künstlerinnen und Künstlern
des Festivals ein Werk, das dem Publikum im Grain Store at Stonebridge, einem
ehemaligen Getreidelager, als "Walk-Through-Production" präsentiert wird, wobei
die Zuschauerinnen und Zuschauer während des Stückes die Räume wechseln und
teilweise auch in die Inszenierung einbezogen werden. Passend zum diesjährigen
Festival-Motto "Myths and Legends" ist die Wahl auf Benjamin Brittens
Midsummer Night's Dream gefallen. Da eine dreiaktige Oper mit rund 150
Minuten Spieldauer für dieses Format allerdings zu lang wäre, gibt es A
Little Midsummer Night's Dream, bei dem das Werk auf rund 90 Minuten ohne
Pause gekürzt und die Orchestrierung auf ein Klavier reduziert wird.
Schon beim Betreten des ersten Raumes wird das Publikum Teil
der Inszenierung, indem die Damen mit leuchtenden Kränzen und die Herren mit
Knicklichtern ausgestattet werden. So nehmen sie zwischen den zu Bäumen in
sattem Grün ausgestatteten Säulen des ersten Obergeschosses auf der rechten und
linken Seite auf mit grünem Stoff überzogenen Stühlen Platz und werden Teil des
magischen Zauberwaldes, in dem Puck und die Elfen ihr Unwesen treiben. Da Puck
in Brittens Oper eine reine Sprechrolle ist, wird er hier natürlich von dem
charismatischen Schauspieler Peter McCamley interpretiert, der in den
vergangenen beiden Jahren bei der "Community Opera" als MC durch die jeweilige
Aufführung führte. Die Elfen und Handwerker bieten den ortsansässigen
Bürgerinnen und Bürgern geeignete Rollen. Der pittoreske Wald führt mit grünen
Moosteppichen in der Mitte hin zu einer kleinen Bühne, auf der ein riesiger
Halbmond als Schlafstätte für Tytania aufgebaut ist, wobei im Hintergrund die
satten grünen Farben des Waldes mit zahlreichen kleinen Lichtern wieder
aufgegriffen werden.
In diesem Ambiente wird das Publikum nun mit herrlichen Kostümen von Frances
White in einen traumhaften Märchenwald entführt, in dem Oberon und Tytania
um ein kleines Kind streiten, das Tytania wie einen wertvollen Schatz eingehüllt
in ihren Armen trägt. Die Elfen, die allesamt von ortsansässigen Bürgerinnen
dargestellt werden, überzeugen durch spielfreudigen Tanz und sanften Chorgesang.
Jane Burnell gibt die Elfenkönigin Tytania mit glasklarem Sopran und strahlenden
Höhen. Adam McDonagh überzeugt als Oberon mit sauberem Countertenor und
majestätischem Spiel. Sehr bestimmt kommandiert er McCamley als seinen Diener
Puck herum, was von McCamley mit großer Komik ausgespielt wird, wenn er
beispielsweise kumpelhaft den Arm um den Elfenkönig legt, was dieser brüsk
abweist. Stattdessen macht er ihm mit entschiedener Handbewegung
unmissverständlich klar, dass er gefälligst seine Schleppe zu tragen habe. Auch
das Publikum bezieht McCamley mit ein, wenn er beispielsweise einem Zuschauer
einen angebissenen Apfel oder den Rest einer Banane in die Hand drückt, weil er
selbst sein Mahl für einen weiteren Auftrag unterbrechen muss.

Noch schläft Hermia (Valeria Gorbunova) friedlich
im Wald.
Die beiden Liebespaare aus Athen, die sich auf ihrer Flucht im
Wald verirren, sind modern gekleidet. Valeria Gorbunova stattet die Partie der
Hermia mit einem dunkel gefärbten Mezzosopran aus, und auch Maria Matthews
überzeugt als Helena mit sattem Mezzosopran und intensivem Spiel. Großes Mitleid
erweckt sie, wenn sie wie eine Hündin Demetrius hinterherläuft, der von David
Kennedy mit kraftvollem Bariton relativ arrogant gezeichnet wird. Da verwundert
es nicht, dass Oberon seinem Diener Puck den Auftrag erteilt, dem Leiden der
jungen Frau ein Ende zu bereiten und Demetrius in Liebe zu ihr zu versetzen.
Allerdings gerät Puck zunächst an den falschen Athener, Lysander, der von Rory
Lynch mit dunklem Tenor gezeichnet wird, und das Verhängnis nimmt seinen Lauf,
mündet schließlich in einer heftigen Kissenschlacht zwischen den beiden Damen
und einem komödiantischen Duell der beiden Männer, bis Puck alle in einen tiefen
Schlaf fallen lässt. Auch hier hat man in Wexford in die Trickkiste gegriffen,
wenn aus McCamleys Ärmeln sanfter Nebel aufsteigt, der die beiden Paare zu ihren
Schlafstellen führt.

Quince (Joshua McCullough, hinten links) und die
Handwerker (Ortsansässige) sind glücklich, dass Bottom (Rory Musgrave, hinten
rechts) wieder bei ihnen ist.
Die Handwerkerszene wird von der Regisseurin Heather Hadrill
ebenfalls mit viel Liebe zum Detail in Szene gesetzt. Mit Ausnahme von Bottom
und Quince werden die Handwerker von ortsansässigen Bürgerinnen und Bürgern
gespielt, deren Texte in Sprechtexte umgewandelt worden sind und die mit großer
Spielfreude begeistern. Ein besonderer Gag ist es, den Darsteller des Flute, der
die Rolle der Thisbe übernehmen soll, mit einem älteren Herren mit recht
schütterem Haar zu besetzen. Da klingt der Einwand, dass er für eine Frauenrolle
nicht geeignet sei, da ihm doch schließlich schon ein Bart wachse, sehr witzig.
Die Partie des Bottom ist für Rory Musgrave eine Paraderolle, hat er doch in
diesem Format in Wexford bereits als Gianni Schicchi in Puccinis Einakter mit
großer Komik begeistert. Auch als Weber Bottom punktet er mit kraftvollem
Bariton und leicht selbstherrlichem Spiel, was nachvollziehbar macht, dass Puck
mit ihm einen Schabernack treiben will und ihn in einen Esel verwandelt, in den
sich dann die verzauberte Tytania verliebt. Mit großem Eselskopf und wieherndem
Gesang erschreckt Bottom seine Gefährten dann zu Tode und lässt sie fluchtartig
den Wald verlassen. Joshua McCullough legt den Leiter der Handwerkergruppe
Quince mit dunklem Bass an.
Während das Publikum den ersten Teil der Vorstellung im
Zauberwald sitzend verbringen kann, erfolgt dann nach der Auflösung aller
Verwirrungen der Umzug in die untere Ebene, auf der bereits alles für die
Hochzeitsfeierlichkeiten vorbereitet ist. Auf riesigen Stühlen nehmen zwei
Ortsansässige als Theseus und Hyppolita vor Kopf Platz, während das Publikum
sich auf beiden Seiten des Raumes verteilen muss. Die Herren dürfen dazu eine
gelbe Schärpe umlegen, die sie als Gefolge des Theseus kennzeichnet. Hier bleibt
es dann auch nicht beim bloßen Betrachten der mit großartiger Komik umgesetzten
Darbietung der Tragödie von Pyramus und Thisbe durch die Handwerker, sondern es
wird am Schluss auch noch zum Tanz eingeladen. Die Säulen im Raum sind mit
bunten Papierbändern behängt, die die Zuschauerinnen und Zuschauer ergreifen.
Anschließend tanzt man gemeinsam mit den Darstellerinnen und Darstellern um die
Säulen herum. So kommt muntere Bewegung ins Publikum. Christopher Knopp, der am
Klavier die Vorstellung begleitet, fängt die Farbe von Brittens Musik
hervorragend ein, so dass es am Ende begeisterten Jubel für alle Beteiligten
gibt.
FAZIT
Die "Community Opera" bringt nicht nur Lokalkolorit ins Festival und
zeigt die Opernbegeisterung der Ortsansässigen. Sie hat sich auch zu einem
absoluten Publikumsmagneten entwickelt, so dass es äußerst schwierig ist, ein
Ticket für eine Vorstellung zu ergattern. Erschwerend kommt hinzu, dass die
Platzkapazität im Grain Store sehr beschränkt ist.
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