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Wexford Festival Opera
17.10.2025 - 01.11.2025


La Tragédie de Carmen

Adaption der Oper Carmen
von Marius Constant, Jean-Claude Carrière und Peter Brook
nach dem Libretto von Meilhac und Halévy
Musik von Georges Bizet

Gesang in französischer Sprache, gesprochene Texte in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 20' (keine Pause)

Premiere im Jerome Hynes Theatre in Wexford am 18. Oktober 2025
(rezensierte Aufführung: 22. Oktober 2025)



 

 

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Die Karten lügen nicht

Von Thomas Molke / Fotos: © Pádraig Grant

Die Geschichte der Carmen aus Prosper Mérimées Novelle hat sicherlich nicht zuletzt durch Georges Bizets großartiger Vertonung des Stoffes ihren Platz bei den "Mythen" für eine "Femme fatale" gefunden. So eignet sich das Werk wunderbar für die diesjährigen "Pocket Operas". Da eine Aufführung der kompletten Oper für eine rund 90-minütige Produktion allerdings viel zu lang wäre, müsste man einige Kürzungen vornehmen. Oder man verwendet einfach eine Fassung, die Peter Brook 1981 mit dem Drehbuchautor Jean-Claude Carrière und dem Komponisten Marius Constant für die experimentelle Theatergruppe "Centre International de Recherche Théâtrale" entwickelt und im Théâtre des Bouffes du Nord in Paris zur Aufführung gebracht hat. Unter dem Titel La Tragédie de Carmen wird darin die Handlung der Oper unter Verwendung von Bizets Musik und kleinere Ergänzungen von Constant auf rund 80 Minuten ohne Pause für ein Kammerorchester verdichtet. In Wexford reduziert man diese Fassung weiter und spielt sie nur mit Klavierbegleitung.

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Sarah Richmond als Carmen

Der Chor und zahlreiche kleinere Rollen wie die Schmuggler und Carmens Freundinnen Mercédès und Frasquita werden gestrichen. Stattdessen konzentriert man sich auf die vier Hauptfiguren Carmen, Don José, Micaela und Escamillo und arbeitet mit einer teilweisen Umstellung der musikalischen Nummern diese Figuren wie unter einem Brennglas noch differenzierter heraus, als das die eigentliche Oper tut. Die Musik ist ebenfalls nur diesen Partien vorbehalten. Weitere Nebencharaktere wie Zuniga und Lillas Pastia treten nur als Sprechrollen auf. Wie in Bizets ursprünglicher Fassung der Oper verwendet Brook nämlich ebenfalls Dialoge. Mit Carmens Ehemann Garcia wird dabei eine weitere Figur eingeführt, die nur in der Novelle von Prosper Mérimée vorkommt. Während auf Französisch ohne Übertitelung gesungen wird, weil man wahrscheinlich davon ausgeht, dass die einzelnen Gesangsnummern bekannt genug sind, werden die gesprochenen Texte in englischer Sprache präsentiert. Das vermeintliche "spanische Lokalkolorit" geht durch das fehlende Orchester in dieser Fassung natürlich verloren, aber darum ging es Brook bei dieser Version auch nicht.

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Micaela (Roisín Walsh) will Don José (Dafydd Allen) für sich behalten.

Ins Zentrum rückt er die Kartenszene, deren Motiv die Oper eröffnet und im weiteren Verlauf auch immer wieder aufgegriffen wird. Zunächst sieht man Carmen mit einem Umhang bedeckt auf der Bühne sitzen. Vorbeikommenden Passanten bietet sie an, ihnen aus den Karten die Zukunft zu lesen. So wird auch Micaela direkt zu Beginn auf sie aufmerksam und zeigt sich nicht uninteressiert. Das Duett zwischen Micaela und Don José, das als erste Nummer die Produktion eröffnet, wird dann direkt von der Kartenlegerin Carmen gestört. Hier stimmt sie die Verführungsmelodie an, mit der sie Don Josés Interesse sehr zum Missbehagen von Micaela auf sich lenkt. Doch Micaela ist hier kein reiner, hilfloser Engel, sondern bietet der vermeintlichen Kontrahentin direkt Paroli. So wird die Auseinandersetzung, die Carmen eigentlich mit einer weiteren Arbeiterin in der Zigarettenfabrik hat, zu einem Zweikampf mit Micaela, bei dem Carmen ihre Gegnerin mit dem Messer verletzt und dafür schließlich in Haft genommen werden soll. Ihre folgende Flucht folgt dann der bekannten Opernhandlung relativ nah.

Direkt begibt sie sich zu ihrem Freund Lillas Pastia, der eine Schenke leitet, in der die beiden den einen oder anderen Gast ausnehmen. Das bekommt zunächst Zuniga zu spüren, den Carmen beim innigen Tanz bestiehlt, bevor sie mit ihm in der Schenke verschwindet. Don Josés rasende Eifersucht wird direkt von Anfang an noch heftiger als in der Oper gezeichnet. So verletzt er Zuniga im Zweikampf nicht nur, sondern tötet ihn. Dass er dann den folgenden Flirt zwischen Carmen und dem Torero Escamillo nicht verhindern kann, liegt vor allem daran, dass er zunächst mit Lillas Pastia die Leiche beseitigen muss. Auch legt die Inszenierung nahe, dass er im weiteren Verlauf des Stückes Carmens Ehemann Garcia tötet, der plötzlich auftaucht und seine Ansprüche auf Carmen geltend machen will. Nachdem Don José ihn beim Messerkampf zunächst verletzt und entwaffnet hat, jagt er ihn von der Bühne, und man kann vermuten, dass im Off nun ein weiterer Mord geschieht. Im Gegensatz zu Bizet und Mérimée stirbt in dieser Fassung auch Escamillo im Off und fällt in der Arena einem Stier zum Opfer. Desillusioniert kehrt Carmen mit seinem roten Tuch auf die Bühne zurück und hat scheinbar ihre Lebenskraft verloren. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit Don José schreitet dieser mit dem Messer auf sie zu. Die letzten Töne der Musik nehmen die Habanera wieder auf, wobei das Klavierspiel hier fast wie der Herzschlag Carmens klingt. Wenn das Licht verlischt und die Musik aussetzt, vermutet man, dass Don José jetzt auch Carmen erstochen hat, was auf der Bühne allerdings nicht gezeigt wird.

Die musikalische Reduktion auf ein Klavier funktioniert im Jerome Hynes Theatre sehr gut, was vor allem der großartigen Interpretation von Rebecca Warren zu verdanken ist. Nur an einer Stelle will man wohl auf ein größeres Orchester nicht verzichten und spielt kurz vor Ende des Stückes einen Teil der Ouvertüre vom Band ein, wobei mit dem Einsetzen des Schicksalsmotivs der Übergang erneut zur Klavierbegleitung erfolgt und die Kartenszene wieder aufgegriffen wird, in der Carmen überall nur noch den Tod sieht. Sarah Richmond stellt in ihrem feuerroten langen Rock und schwarzem Oberteil nicht nur optisch eine kongeniale Carmen dar. Auch ihre Darstellung der verführerischen Frau ist absolut großartig und glaubwürdig. Dazu verfügt sie über einen satten Mezzosopran, der eine laszive Färbung aufweist und absolut verführerisch klingt. Roisín Cooper stellt als Micaela mit klarem Sopran stimmlich einen enormen Kontrast zu Carmen dar, auch wenn sie darstellerisch und musikalisch hier viel mehr Ecken und Kanten hat, als man das aus Bizets Oper kennt. Philip Kalmanovitch tritt als Escamillo wie ein Cowboy mit großem Hut auf, den man eher bei einem Rodeo als bei einem Stierkampf verorten würde. Die Partie gestaltet er mit kraftvollem Bariton, wobei er in den Höhen ein wenig zu kämpfen hat. Dafydd Allen verfügt als Don José über einen recht harten Tenor, was dem großen Aggressionspotenzial entspricht, das in der Figur steckt.

FAZIT

Musikalisch kommt man auch bei dieser Kurzfassung voll auf seine Kosten und hat das Gefühl, nicht viel zu vermissen, zumal die Figuren noch prägnanter gezeichnet werden als in Bizets "Original".

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Produktionsteam

Musikalische Leitung und Klavier
*Rebecca Warren /
Nate Ben-Horin

Inszenierung
Tom Deazley

Bühne und Kostüme
Lisa Krügel

Licht
Maksym Diedov

 

Solistinnen und Solisten

Don José
Dafydd Allen

Carmen
Sarah Richmond

Escamillo
Philip Kalmanovitch

Micaela
Roisín Walsh

Zuniga
Conor Cooper

Lillas Pastia
Vladimir Sima

Garcia
Jonah Halton

 


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