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Wexford Festival Opera
17.10.2025 - 01.11.2025


The Dwarf (Der Zwerg)

Oper in einem Akt
Libretto von Georg C. Klaren nach The Birthday of the Infanta von Oscar Wilde
ins Englische übersetzt von Viktor Jugovic
Musik von Alexander Zemlinsky

in englischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 20' (keine Pause)

Premiere im Jerome Hynes Theatre in Wexford am 19. Oktober 2025
(rezensierte Aufführung: 21. Oktober 2025)



 

 

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Was ist hässlich?

Von Thomas Molke / Fotos: © Pádraig Grant

Die "Pocket Operas / Opera Beag", die seit der Übernahme der künstlerischen Leitung durch Rosetta Cucchi das ehemalige vor allem beim ortsansässigen Publikum äußerst beliebte Format der "Short Works" abgelöst haben, unterscheiden sich von den damaligen "Short Works" eigentlich nur in einem Punkt. Wie die Hauptproduktionen auf der großen Bühne sollen sie im Bezug zum Motto des Festivals stehen, das in diesem Jahr mit "Myths and Legends" überschrieben ist. Ob Alexander Zemlinskys Operneinakter The Dwarf in diese Kategorie fällt, mag unterschiedlich beurteilt werden. Jedenfalls liegt der Oper ein Märchen von Oscar Wilde zugrunde, das zudem eine sehr bewegende Geschichte erzählt, die negativ und realistisch betrachtet in den Bereich eines Mythos oder einer Legende fällt. Als Spielort dient seit einigen Jahren für diese Werke das Jerome Hynes Theatre im National Opera House, das mit der Nähe des Publikums zur Bühne eine sehr vertraute Atmosphäre schafft, auch wenn man hier in der Regel auf Übertitel verzichten muss. Deshalb spielt man das Werk hier auch nicht in deutscher Originalsprache sondern in einer Übersetzung von Viktor Jugovic.

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Die Prinzessin (Eleri Gwilym) gaukelt dem Zwerg (Charne Rochford) Zuneigung vor.

Zemlinskys Einakter basiert auf dem Märchen The Birthday of the Infanta von Oscar Wilde, das in dem vierteiligen Märchenband The House of the Pomegranates 1891 erschien und bereits 1908 von Franz Schreker als Vorlage für eine Ballettpantomime verwendet wurde. Darin erhält die spanische Prinzessin Donna Clara zu ihrem 18. Geburtstag von einem Sultan einen verwachsenen und unansehnlichen Zwerg geschenkt, der selbst nicht ahnt, wie hässlich er ist. Der Zwerg überschüttet die schöne Infantin mit Komplimenten, was von ihr scheinbar freudig aufgenommen wird und bei ihren Dienstmädchen und Freundinnen für große Erheiterung sorgt. Nur die Zofe Ghita fühlt sich von dem seltsamen Wesen berührt. Als der Zwerg ein wehmütiges Liebeslied vorgetragen hat und sich zum Entsetzen der anwesenden Damen zur Belohnung eine Frau auswählen darf, wählt der Zwerg die Prinzessin. Donna Clara geht auf dieses Spiel ein, gewährt ihm sogar einen Tanz und überreicht ihm zum Abschied eine weiße Rose. Ganz erfüllt von seinem Glück blickt der Zwerg durch Zufall in einen Spiegel und begreift seine eigene Hässlichkeit. Als Donna Clara ihm zu verstehen gibt, dass er für sie nur ein Spielzeug sei, bricht sein Herz, und er stirbt, während die Prinzessin ungerührt zu den Feierlichkeiten zurückkehrt.

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Die respektlosen Dienstmädchen (von links: Olivia Carrell, Victoria Harley und Erin Flur) bei der Arbeit

Das Regie-Team um Chris Moran betont, dass die Hässlichkeit des Zwerges metaphorisch zu verstehen ist, und zeichnet ihn optisch weder als verwachsenes noch als unansehnliches Wesen. Dafür werden die anderen Figuren mit weiß geschminkten Gesichtern und schwarzen Lippen ihrer Menschlichkeit beraubt. Schon der Auftritt des musikalischen Leiters Christopher Knopp, der die Aufführung am Klavier bewegend begleitet, betont diesen Ansatz vor. Etwas staksend und krumm stolpert er nahezu über die dunkle Bühne zum Klavier auf der linken Seite der Bühne, nimmt Platz und grinst grimassenhaft ins Publikum, bevor er mit dem Spiel beginnt. Leicht bucklig treten dann die Dienstmädchen auf, deren innere Hässlichkeit und Schäbigkeit hier durch ausladende Mimik nach außen getragen wird. Lustlos bereiten sie unter dem despotisch herumkommandierenden Don Estoban den Geburtstagstisch für die Infantin vor und äußern ihren Neid auf die schönen Geschenke recht unverblümt. Am abstoßendsten gelingt dann der Auftritt der Infantin. Wird sie in einer Scherenschnittprojektion noch als strahlende Schönheit angekündigt, die mit wallenden blonden Locken in einem herrschaftlichen weißen Kleid ihr Gesicht hinter einem Fächer verbirgt, bekommt man einen regelrechten Schrecken, wenn sie ihr Gesicht zeigt, das an eine böse Figur aus einem Horrorfilm erinnert.

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Die Prinzessin (Eleri Gwilym) weist den Zwerg (Charne Rochford) angewidert von sich.

Dazu bildet der Zwerg, der als einziger im Gesicht nicht weiß geschminkt ist, mit seiner bunten Kleidung in warmen Farben einen starken Kontrast. Es mag sein, dass die Farben bei ihm nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. Aber hässlich, wie er in der Scherenschnittprojektion gezeichnet wird, ist er keineswegs. Man stellt sich also die Frage: Was heißt denn eigentlich hässlich? Bedeutet es, anders zu sein als die anderen, aus der Masse herauszustechen, weil man damit Neider auf sich zieht? Auch diesen Ansatz scheint die Inszenierung zu verfolgen. In Art eines Stummfilms werden über der Bühne bisweilen Zitate aus Oscar Wildes Märchen eingeblendet. Besonders bewegend gelingt dadurch der Schluss, da bei Wilde die Prinzessin sogar so weit geht, sich demnächst kein Geschenk mehr zu wünschen, das ein Herz besitzt, weil dieses Herz schließlich brechen kann. Des Weiteren werden aus alten Stummfilmen kurze Filmsequenzen eingeblendet, die unter anderem den Helden Siegfried zeigen, wie er den Kampf mit dem Drachen aufnimmt. Das soll wohl die Illusion andeuten, der sich der Zwerg hingibt, wenn er sein eigenes Äußeres noch nicht zur Kenntnis genommen hat.

Christopher Knopp setzt am Klavier die unterschiedlichen Atmosphären der Musik sehr lautmalerisch um, findet weiche, romantische Töne für den Zwerg, wenn er sich seinen Träumen hingibt, und betont die schonungslos grausamen Passagen des restlichen Hofstaates. Charne Rochford stattet die Titelpartie mit kraftvollem Tenor aus, der in den Höhen bewusst zu pressen scheint und stets an seine Grenzen geht, um zu zeigen, wie sehr sich dieser Zwerg selbst überschätzt. Umso ergreifender zeichnet er die Erkenntnis, wenn er sein Bild im Spiegel wahrnimmt. Zuerst begreift er überhaupt nicht, dass das Wesen, das er dort im Spiegel sieht, er selbst ist, da es dafür ja viel zu hässlich erscheint. Doch die weiße Rose in seiner Hand lässt ihn in Zweifel geraten, und die grausame Antwort der Infantin gibt ihm schließlich Gewissheit und lässt ihn leblos zusammenbrechen. Eleri Gwilym zeichnet die Prinzessin mit scharfen Höhen absolut gnadenlos und spielt die Gefühlskälte erschreckend glaubhaft aus. Da bilden die weichen Töne von Charlotte Baker als ihrer Zofe Ghita eine willkommene Abwechslung. Ross Cumming verleiht dem Kanzler Don Estoban mit profundem Bariton eine enorme Autorität, auch wenn er von den Dienstmädchen nicht wirklich ernst genommen wird. Victoria Harley, Olivia Carrell und Erin Fllur zeichnen sie mit kraftvollen Stimmen und intensivem Spiel genauso respektlos wie Cerys MacAllister, Heather Sammon, Eleanor O'Driscoll und Camilla Seale die vier Freundinnen der Infantin, auch wenn die Textverständlichkeit bei allen ausbaufähig ist.

FAZIT

Die tragische Geschichte des Zwergs bewegt in der Lesart von Chris Moran und wird vom Ensemble eindrucksvoll umgesetzt.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung und Klavier
Christopher Knopp

Inszenierung
Chris Moran

Bühne und Kostüme
Lisa Krügel

Licht
Maksym Diedov

 

Solistinnen und Solisten

Donna Clara, the Infanta
Eleri Gwilym

Ghita, her attendant
Charlotte Baker

Don Estoban, the Chamberlain
Ross Cumming

The Dwarf
Charne Rochford

First Maid
Victoria Harley

Second Maid
Olivia Carrell

Third Maid
Erin Fflur

Friend of the Infanta
Cerys MacAllister

Friend of the Infanta
Heather Sammon

Friend of the Infanta
Eleanor O'Driscoll

Friend of the Infanta
Camilla Seale

 


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