Von Thomas Molke

Zum 36. Mal findet in dem pittoresken Kurort an der Enz das Belcanto Opera Festival Rossini in Wildbad statt, das sich mittlerweile auch international einen exzellenten Ruf erworben hat, der Belcanto-Fans aus nah und fern in den Schwarzwald lockt. Dies ist zum einen der Akademie BelCanto zu verdanken, die seit 2004 jedes Jahr hervorragende Talente entdeckt. Erinnert sei an dieser Stelle beispielsweise an Olga Peretyatko, Michael Spyres, Diana Haller, Sara Blanch, Marina Viotti, Patrick Kabongo und viele andere mehr. Zum anderen ist es aber auch gerade die Pflege unbekannter Belcanto-Perlen, die Festspiel-Intendant Jochen Schönleber seit 1992 jedes Jahr ans Licht bringt und die nicht nur im Radio übertragen, sondern auch vom Klassiklabel Naxos auf CD eingespielt werden. Auch in diesem Jahr hat Schönleber wieder in verdichteter Form ein Paket geschnürt, das sich in Kurzform folgendermaßen liest: fünf Opern um Liebe, Güte, Eifersucht und Verrat, darunter drei Erstaufführungen und ein "neuer" Otello von Rossini.

Der Festivalauftakt wird am 17. Juli 2025 um 19.30 Uhr mittlerweile schon fast traditionell auf dem Turm des Baumwipfelpfads begangen. In luftigen Höhen steht bei hoffentlich gutem Wetter Rossinis Petite messe solennelle in der Originalfassung auf dem Programm. Bei schlechtem Wetter findet das Konzert in der Trinkhalle statt.

Das Königliche Kurtheater von innen

Weiter geht es dann am 18. Juli 2025 im Königlichen Kurtheater um 19.30 Uhr mit einer Neuinszenierung von Rossinis La Cenerentola. Die Opera buffa stand hier zuletzt 2010 in der Trinkhalle auf dem Spielplan und zählt neben dem Barbiere mittlerweile zum Standardrepertoire des Schwans von Pesaro. Inszenieren wird die hinreißende Geschichte des Aschenputtels Festspiel-Intendant Jochen Schönleber höchstpersönlich. In der Titelpartie ist Polina Anikina zu erleben, die im vergangenen Jahr mit dem Belcanto-Preis ausgezeichnet wurde und das Publikum als Isabella in Rossinis L'italiana in Algeri begeisterte. Musikalisch begleitet wird die Produktion vom Orchester der Krakauer Philharmonie unter der Leitung von José Miguel Pérez-Sierra. (Weitere Termine: 20. Juli 2025 um 16.00 Uhr, 22. und 25. Juli 2025 um 19.30 Uhr und 27.07.2025 um 10.45 Uhr)

Einen Tag später folgt dann am 19. Juli 2025 um 19.30 Uhr im Königlichen Kurtheater eine überarbeitete Wiederaufnahme von Rossinis Semiseria L' inganno felice, die 2015 zu einem der größten Erfolge des Festivals avancierte und auch auf DVD erhältlich ist (siehe auch unsere Rezension). Nun setzt Festspiel-Intendant Jochen Schönleber das Werk mit einer neuen Besetzung, größtenteils aus Mitgliedern der Akademie BelCanto, um. Erzählt wird die etwas krude Geschichte der Isabella, die durch eine Intrige von ihrem Gatten zunächst verstoßen wird, durch eine glückliche Fügung am Ende allerdings wieder in seine Arme zurückkehrt. Die musikalische Leitung des Orchesters der Krakauer Philharmonie liegt in den Händen von Antonino Fogliani. (Weitere Termine: 23. Juli 2025 um 19.30 Uhr und 26. Juli 2025 um 11.15 Uhr)

Das Königliche Kurtheater von außen

Als dritte szenische Produktion gibt es dann am 20. Juli 2025 um 11.15 Uhr die Klavieroper Un avvertimento ai gelosi des legendären Tenors Manuel García. Bei dieser Produktion handelt es sich um ein Gastspiel des Opernstudios des Teatro Carlo Felice in Genua, das von dem renommierten Tenor Francesco Meli geleitet wird, der selbst später auch noch einen nicht unbedeutenden Auftritt beim Festival haben wird. Erzählt wird die Geschichte eines eifersüchtigen Mannes, der von seiner pfiffigen Verlobten mit angeblichen Liebhabern zunächst in den Wahnsinn getrieben und dann von seiner Eifersucht geheilt wird. García schuf dieses Salonstück für seine Gesangsschülerinnen und -schüler. In Bad Wildbad ist es nach Le cinesi, I tre gobbi und L'isola disabitata die vierte Klavieroper, die von García zur Aufführung gelangt. (Weitere Termine: 24. Juli 2025 um 15.00 Uhr und 25. Juli 2025 um 11.15 Uhr)

Blick in die Trinkhalle

Am Donnerstag, dem 24. Juli 2025 gibt es dann um 19.30 Uhr in der Trinkhalle die deutsche Erstaufführung der 1860 in Paris uraufgeführten Grand opéra Pierre de Médicis von Prinz Josef Poniatowski. Der polnische Komponist und Großneffe des letzten polnischen Königs hatte nacheinander die toskanische und französische Staatsbürgerschaft und war in Paris ein hochgeschätzter Freund Rossinis. Die Handlung seiner Oper kreist um das tragische Ende des Pierre, eines Sohnes des Medici-Fürsten Lorenzo, der durch sein törichtes Verhalten die Herrschaft der Medici in Florenz beendete. Falsche Freunde und eine falsche Geliebte, die seinem Bruder treu ist, führen zu falschen Handlungen und besiegeln damit seinen Untergang. Die musikalische Leitung der konzertanten Aufführung übernimmt José Miguel Pérez-Sierra. Die Aufführung wird auf CD aufgezeichnet.

Als zweite konzertante Produktion folgt dann am 26. Juli 2025 um 18.00 Uhr in der Trinkhalle eine ganz besondere Fassung von Rossinis Otello. Für Rom fertigte der Maestro nämlich 1820 eine Version mit einem lieto fine an, das nicht mit dem Mord an Desdemona und Otellos anschließendem Freitod endet. Hier wird die Katastrophe verhindert.  Diese Fassung wird nun in Bad Wildbad erstmals in neuerer Zeit unter Berücksichtigung aller Änderungen in dieser raffinierten Umarbeitung des Schwans von Pesaro gespielt. In der Titelpartie ist Francesco Meli zu erleben, der in Bad Wildbad obendrein mit seinem Opernstudio im Königlichen Kurtheater zu Gast ist. Als Desdemona kehrt Diana Haller nach Bad Wildbad zurück, die hier nicht nur zu Beginn ihrer Karriere mit dem Belcanto-Preis ausgezeichnet worden ist, sondern auch 2021 den ersten Inge-Borkh-Gedächtnispreis erhielt (siehe auch unsere Rezension). Die musikalische Leitung des Orchesters der Krakauer Philharmonie übernimmt Antonino Fogliani.

Zu allen Opernproduktionen gibt es jeweils eine Stunde vor Vorstellungsbeginn einen Einführungsvortrag. Natürlich dürfen auch die alljährlichen Konzerte unter dem Titel Rossini & Co. I und Rossini & Co. II nicht fehlen, die in diesem Jahr am 19. Juli 2025 um 11.15 Uhr und am 27. Juli 2025 um 16.00 Uhr im Königlichen Kurtheater stattfinden und in denen die Teilnehmer der Masterclass, in diesem Jahr wieder unter der Leitung von Filippo Morace und Raúl Giménez, Arien und Ensembles präsentieren. Am Ende des zweiten Konzertes werden neben dem alljährlichen Internationalen BelCanto-Preis die Lotte-Bräuer-Stipendien 2025 vergeben und die Trägerin des Inge-Borkh-Stipendiums 2025 bekanntgegeben.