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Musiktheater
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Macbeth

Melodrama in vier Akten
Libretto von Francesco Maria Piave mit Ergänzungen von Andrea Maffei
nach The Tragedy of Macbeth von William Shakespeare
Musik von Giuseppe Verdi


In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca 3h (eine Pause)

Koproduktion mit der Opera Ballett Vlaanderen
Premiere am 12. Juni 2022 im Theater Duisburg


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Rheinoper
(Homepage)
Im Blutrausch

Von Stefan Schmöe / Fotos von Sandra Then

Nebelschwaden ziehen durch den Zuschauerraum, noch bevor der erste Ton erklungen ist. Wer dabei aber an Schottlandromantik denkt, ist allerdings auf der falschen Spur - Michael Thalheimers Deutung des Macbeth, die in Kooperation mit der Vlaamse Opera in Antwerpen und Gent entstanden ist und bereits dort zu sehen war, gibt sich zeit- und ortlos. Und denkbar unromantisch. Wände aus Stahl umgeben einen Bühnenraum, der keinen Hinweis auf Bewohnbarkeit gibt und dessen Mittelpunkt eine Art Wanne bildet, in die Macbeth hineinrutscht wie in eine Falle, die später an ein Massengrab oder eine Blutwanne erinnert. Bühnenbildner Henrik Ahr hat keinen realen Raum gebaut, sondern ein abstraktes, abweisend kaltes Gebilde. Und auch wenn Kostümbildnerin Michaela Barth zottige lange Haare und Schottenröcke bemüht, dann bestenfalls in zweiter Linie eines etwaigen folkloristischen Kolorits wegen, sondern vielmehr, weil die Geschlechterrollen dadurch ins Wanken geraten (so kann man im Programmheft nachlesen) - vor allem aber wohl der archaischen Stimmung wegen. Ein Hauch Mittelalter liegt dann letztendlich doch durchaus stimmig über der Szene. Wichtiger aber: Es fließt viel Theaterblut.

Szenenfoto

Lord und Lady Macbeth auf dem blutigen Weg zur Macht

In diesem lebensfeindlichen Ambiente ohne historische oder soziale Verwurzelung der handelnden Personen lassen sich nur schlecht Geschichten erzählen, da setzt die Regie schon darauf, dass man die Story grob kennt. Dabei fokussiert Thalheimer auf Macbeth und seine Lady, alle anderen Figuren bleiben mehr oder weniger Randerscheinungen. Und dann sind da natürlich die Hexen, Frauen mit uniformen weißblondierten Haaren und knappen Oberteilen; die Oberhexe geistert pantomimisch durch viele Szenen - aber das sind eher Gespenster in den Köpfen, zeigen aber auch an, dass der Macht- und Blutrausch, in den Macbeth und Gattin sich hineinsteigern, einer sexuellen Erregung nicht unähnlich ist. Durchgehend in Grautönen gehalten (fast nur das Rot des Blutes bringt Kontraste), bewegt sich die Regie konsequent in einer Nacht- und Nebelästhetik: Eine inhaltlich wie visuell durch und durch düstere Sichtweise ohne Aufheller.

Szenenfoto

So wird das nichts mit Partystimmung: Lady Macbeth beim Bankett

Die Personenregie könnte hier und da sicher ausgefeilter sein, manchmal stehen die Figuren ziemlich unmotiviert an der Rampe, aber dass sich Thalheimer nicht in Kleinteiligkeit verliert, gehört auch zum Konzept, das auf Wucht und Archetypik statt auf ausgefeilte Psychologie baut. Darin entwickelt sich eine eigene Logik, etwa wenn Tote sich wieder erheben wie Banco, der Macbeth, so will es das Libretto, als Geist beim Bankett erscheint. Das aber gibt es hier gar nicht; der Chor steht, mit Luftschlangen schwer behangen wie mit Algen, die in die Tiefe ziehen, um die Spielfläche herum. Thalheimer hat auch hier kein Interesse an realistischem Erzähltheater, bleibt auf einer symbolischen Ebene, in der Banco als Toter noch nach der Krone greift - das zumindest ist Macbeth' Vision. Dass am Ende wenig Hoffnung auf bessere Zeiten bleibt, stattdessen bereits die nächste Generation Blut spuckt, unterstreicht den düsteren Ansatz. Macbeth ist als mordendes Prinzip immer und überall gegenwärtig.

Szenenfoto

Nur wenn der Wald von Birnam sich bewegt, wird Macbeth untergehen: Rätselhafte Prophezeiungen der Hexen verwirren Macbeth

Die Klarheit der Szene gibt der Musik viel Raum. Am Pult der ganz ausgezeichneten Duisburger Philharmoniker betont Stefan Blunier die Brüche in Verdis Partitur, die unterschiedlichen Stilebenen, auf denen konventionelle Modelle neben ziemlich gewagten Neuerungen stehen. Immer wieder hebt er die Holzbläser hervor, die der Oper ihre eigene Farbe geben; dem entgegen steht das gefürchtete Um-ta-ta des frühen Verdi, das Blunier keineswegs überspielt, oder auch die Festmusik zum erwähnten Bankett mit ihrer fast hysterischen Fröhlichkeit, die Blunier collagenartig wie einen Fremdkörper einfügt. Der Schlachtenlärm im Finale klingt wie eine barocke Intrada. Blunier gelingt das Kunststück, die disparaten Elemente nebeneinander zu montieren und doch einen geschlossenen Gesamteindruck zu erzielen, gleichzeitig aber auch die Sänger zu begleiten und doch Motor des musikalischen Geschehens zu bleiben.

Szenenfoto

Das Ende: Lady Macbeth ist dem Wahnsinn verfallen, Macbeth wird nicht mehr lange leben.

Dem isländischen Bariton Hrólfur Sæmundsson gelingt zwar nicht jeder Ton - manche Phrase klingt schlecht angesetzt und matt -, aber insgesamt ein beeindruckendes Rollenportrait des Macbeth, in den starken Momenten von imposanter Größe und Statur, dazu fesselnd in der Zerrissenheit der Figur, die düster-geheimnisvoll anlegt. Die polnische Sopranistin Ewa Płonka singt eine intensive, dabei oft stimmlich verhalten agierende Lady Macbeth, von der man sich mitunter mehr dramatischen Zugriff wünscht, die dann aber doch Reserven für große Ausbrüche besitzt. Dass sie oft im (spannungsgeladenen) Piano bleibt, gibt der Figur eine latente Gefährlichkeit. Bei beiden Hauptdarstellern hat man in dieser Premiere den Eindruck, dass sie sich in den weiteren Aufführungen noch stärker "frei"singen, noch an Souveränität gewinnen können. Gleichwohl bieten beide expressives, fesselndes Musiktheater. Bogdan Taloş steuert mit großer Stimme einen beeindruckenden Banco bei, Tenor Ovidiu Purcel einen markanten Macduff, David Fischer einen soliden Malcolm. Mit großem Ton beeindruckt der Chor der Deutschen Oper am Rhein (Einstudierung: Gerhard Michalski); wäre das ausgeprägte Vibrato zurückgenommen, könnte der Klang noch fahler und "schwärzer" sein.


FAZIT

Lass' alle Hoffnung fahren: Ein ganz starker Saisonabschluss an der Rheinoper - szenisch wie musikalisch düster-großformatiges Musiktheater.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Stefan Blunier

Regie
Michael Thalheimer

Bühne
Henrik Ahr

Kostüme
Michaela Barth

Licht
Stefan Bollinger

Chor
Gerhard Michalski

Dramaturgie
Bettina Auer
Anna Grundmeier



Statisterie der
Deutschen Oper am Rhein

Chor der
Deutschen Oper am Rhein

Duisburger Philharmoniker


Solisten

* Besetzung der Premiere

Macbeth
Hrólfur Sæmundsson

Lady Macbeth
Ewa Płonka

Banco
Bogdan Taloş

Macduff
* Ovidiu Purcel /
Eduardo Aladrén

Malcolm
David Fischer

Diener des Macbeth, Arzt, Mörder, Apparizione
* Valentin Ruckebier /
Beniamin Pop

Kammerfrau der Lady Macbeth
* Chorong Kim /
Mara Guseynova

Solo-Hexe
* Birte Hopstein /
Annette Hörle

Fleance
Marie-Sophie Tétard

Apparizione
* Josefine Nagerski /
Elsabeth Gehrmann
* Marie-Sophie Tétard

König Duncan
Norbert Kaulhausen



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Rheinoper
(Homepage)



Da capo al Fine

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