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E lucevan le stelle

Abschiedsgala für Hein Mulders

Aufführungsdauer: ca. 2h 45' (eine Pause)

Aufführung im Aalto-Theater Essen am 1. Juni 2022




Theater Essen
(Homepage)
Liebevolles Dankeschön für neun Jahre Intendanz

Von Thomas Molke

Neun Jahre lang hat Hein Mulders in Personalunion die Geschicke des Aalto-Musiktheaters, der Philharmonie Essen und der Essener Philharmoniker geleitet. Zur kommenden Spielzeit wird er nach Köln weiterziehen und Birgit Meyer ablösen. In Essen will man ihn jedoch nicht einfach gehen lassen, sondern hat zum Abschied seiner Intendanz eine große Abschiedsgala unter dem Titel E lucevan le stelle vorbereitet, bei der in Glanzpunkten der Oper und Operette zum einen Bezug auf die vergangenen neun Jahre genommen wird und zum anderen Mulders gute Wünsche mit auf den Weg gegeben werden. Durch das Programm führen in lockerem Stil die beiden Dramaturg*innen Svenja Gottsmann und Christian Schröder, denen es gelingt, für jedes Stück eine überzeugende Erklärung zu liefern, warum es in diese Gala aufgenommen worden ist.

Natürlich darf an diesem Abend ein Auszug aus Giuseppe Verdis Macbeth genauso wenig fehlen wie Antonín Dvořáks Rusalka. Mit Macbeth hat Mulders die erste Spielzeit unter seiner Leitung eröffnet, und zwar direkt als spartenübergreifendes Projekt. So stand im Grillo-Theater Shakespeares gleichnamige Tragödie auf dem Spielplan, und in der Philharmonie erfolgte mit Verdis Messa da Requiem der Auftakt zu einer neuen Abonnement-Reihe unter dem Titel "Große Chorwerke". Wahrscheinlich ist aus diesem Grund die Wahl auf "Patria oppressa" gefallen. Darin beklagt der Chor als Flüchtlinge an der Grenze von Schottland die Lage nach der Ermordung des rechtmäßigen Königs. Der Opernchor des Aalto-Theaters punktet hier durch homogenen Klang und große Intensität. Auch das slawische Repertoire hat mit Mulders und seinem neuen Generalmusikdirektor Tomáš Netopil Einzug in Essen gehalten, und so gab es unter anderem Dvořáks Rusalka in der Inszenierung von Lotte De Beer. Aus dieser Oper interpretiert der Bassbariton Karel Martin Ludvik die Arie des Wassermanns "Běda! Běda!". Vergleichbar sei die Klage über Mulders Weggang, so Schröder in seiner Moderation. Doch auch für komische Momente ist in dieser Abschiedsgala gesorgt. So liefern sich direkt zu Beginn des Abends Baurzhan Anderzhanov und Tobias Greenhalgh als Don Pasquale und Dr. Malatesta musikalisch und szenisch einen großartigen Schlagabtausch. Die Premiere von Donizettis Oper Don Pasquale fällt zwar in die Zeit von Mulders' Vorgänger Stefan Soltész. Aber Mulders hat nicht nur einen Großteil des Personals übernommen, sondern auch zahlreiche erfolgreiche Stücke im Repertoire gehalten.

Auf Mulders Herkunft und langjährige Tätigkeit als künstlerischer Leiter der Nederlandse Opera in Amsterdam wird dann mit Richard Wagners Der fliegende Holländer und Eduard Künnekes Der Vetter aus Dingsda angespielt. Aus Wagners Oper erklingt sehr treffend der Herrenchor "Steuermann, lass die Wacht", da Mulders als "holländischer Steuermann" ja nun von Essen nach Köln weiterzieht. In Künnekes Operette sind es zwar nur sieben Jahre, die der Vetter aus Dingsda in Batavia verbrachte, aber über diese kleine Zahlendifferenz sieht man gerne hinweg. Dmitry Ivanchey und Mercy Malieloa geben als August Kuhbrot und Julia de Weert stimmlich ein herrliches Paar im berühmten Batavia-Fox ab, und Christina Clark, Marie-Helen Joël, Karel Martin Ludvik, Michael Haag und Swen Westfeld haben als Hannchen, Wilhelmine und Josef Kuhbrot und deren Diener Hans und Karl auch noch eine witzige Choreographie dazu einstudiert. Sehr persönlich wird es dann in der Arie der Louise aus Gustave Charpentiers gleichnamiger Oper. Mit "Depuis le jour" hat sich Jessica Muirhead im Aalto-Theater bei Mulders vorgestellt und ist daraufhin ins Ensemble engagiert worden. So sei es ihr ein besonderes Anliegen gewesen, ihm diese gefühlvolle Arie nun noch einmal mit vollem Orchester zu präsentieren. Muirhead begeistert dabei mit strahlendem Sopran. Im Duett "Au fond du temple saint" aus Bizets Les pêcheurs de perles besingen Carlos Cardoso und Tobias Greenhalgh anschließend ewige Freundschaft, die, so Schröder, auch zwischen dem Haus und Mulders bestehen bleiben möge.

In einer Gala unter dem Titel "E lucevan le stelle" ist es selbstverständlich, dass auch Cavaradossis große Arie aus Puccinis Tosca erklingt. Carlos Cardoso begeistert hier mit tenoralem Schmelz. Eine Anspielung auf die großen drei Tenöre gibt es dann direkt nach der Pause, wenn Carlos Cardoso, Kammersänger Jeffrey Dowd und Dmitry Ivanchey bei Verdis berühmter Arie "La donna è mobile" aus Rigoletto um den höchsten Ton streiten. Ein wenig melancholisch wird der Abend dann, wenn Christina Clark und Kammersänger Jeffrey Dowd mit einem Neu-Arrangement des berühmten Songs der Comedian Harmonists "Auf Wiedersehen, my dear" Abschied von Mulders nehmen. Bei der anschließende Chornummer aus der relativ unbekannten Oper Iris von Pietro Mascagni werden dann auf die Rückwand Fotos der Produktionen aus der Intendanz Mulders projiziert, die beim Publikum und dem scheidenden Intendanten sicherlich zahlreiche Erinnerungen hervorgerufen haben dürften. Zum Abschluss erfüllt das Ensemble Mulders einen ganz besonderen Wunsch. Es erklingt das große Ensemble zu 14 Stimmen aus Rossinis Il viaggio a Reims. Diese ursprünglich als Gelegenheitswerk gedachte Kantate erfreut sich seit ihrer Wiederentdeckung in Pesaro immer größerer Beliebtheit und wird mittlerweile nicht nur bei Rossini-Festspielen gerne auf den Spielplan gestellt. Das Stück handelt von einer Gesellschaft, die eigentlich zur Krönung des Königs nach Reims reisen will, dort aber nicht ankommt, weil es keine Kutschen mehr gibt. So beschließt man, stattdessen ein eigenes Fest in Paris zu feiern. Das Ensemble setzt dieses Stück großartig um.

Nach dem offiziellen Programm ist dann der Moment für Mulders gekommen, eine "kurze" Abschiedsrede zu halten. Während er die allgemeinen Worte gewohnt kurz hält, holt er dann etwas weiter aus, wenn er nahezu alle Mitarbeiter*innen des Hauses namentlich erwähnt, um ihnen für die vergangenen Jahre zu danken. Diese Gewichtung sagt einiges über den Menschen Mulders und die Wertschätzung für sein Team aus. Von daher lässt es sich das Ensemble nach diesen persönlichen Worten nicht nehmen, auf Mulders rote Rosenblätter aus dem Schnürboden herabrieseln zu lassen und ihm auch für die Zukunft zu wünschen: "Für dich soll's rote Rosen regnen".

FAZIT

Die persönlich gehaltene Abschiedsgala ist nicht nur musikalisch ein Genuss, sondern zeugt auch von einem sehr guten Betriebsklima, das in den Jahren von Mulders' Intendanz in Essen geherrscht hat.

Programm:

Piotr Iljitsch Tschaikowski: Polonaise aus Eugen Onegin

Gaetano Donizetti: "Cheti, cheti, immantinente" aus Don Pasquale (Baurzhan Anderzhanov, Tobias Greenhalgh)

Wolfgang Amadeus Mozart: "Soave sia il vento" aus Così fan tutte (Jessica Muirhead, Liliana de Sousa, Christoph Seidl)

Antonín Dvořák: "Běda! Běda!" aus Rusalka (Karel Martin Ludvik)

Richard Wagner: "Steuermann, lass die Wacht" aus Der fliegende Holländer (Herrenchor des Aalto-Theaters)

Giuseppe Verdi: "Patria oppressa" aus Macbeth (Opernchor des Aalto-Theaters)

Giacomo Puccini: "E lucevan le stelle" aus Tosca (Carlos Cardoso)

Giacomo Puccini: "Te deum" aus Tosca (Almas Svilpa, Opernchor des Aalto-Theaters)

Giuseppe Verdi: "La donna è mobile" aus Rigoletto (Carlos Cardoso, KS Jeffrey Dowd, Dmitry Ivanchey)

Gustave Charpentier: "Depuis le jour" aus Louise (Jessica Muirhead)

Georges Bizet: "Au fond du temple saint" aus Les pêcheurs de perles (Carlos Cardoso, Tobias Greenhalgh)

Jacques Offenbach: "Belle nuit, ô nuit d'amour" aus Les contes d'Hoffmann (Opernchor des Aalto-Theaters)

Franz Lehár: "Hör ich Cymbalklänge" aus Zigeunerliebe (Liliana de Sousa)

Eduard Künneke: "Sieben Jahre lebt' ich in Batavia" aus Der Vetter aus Dingsda (Mercy Malieloa, Christina Clark, Marie-Helen Joël, Dmitry Ivanchey, Karel Martin Ludvik, Michael Haag, Swen Westfeld)

Al Hoffman: "Auf Wiedersehen, my dear" (Christina Clark, KS Jeffrey Dowd)

Pietro Mascagni: "Inno al sole" aus Iris (Opernchor des Aalto-Theaters)

Gioachino Rossini: "Ah, qual colpo inaspettato" aus Il viaggio a Reims (Ensemble)


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Mitwirkende

Musikalische Leitung
Tomáš Netopil
Wolfram-Maria Märtig

Chorleitung
Jens Bingert

Moderation
Svenja Gottsmann
Christian Schröder

 

Essener Philharmoniker

Opernchor des Aalto-Theaters

 

Solistinnen und Solist

Sopran
Christina Clark
Mercy Malieloa
Jessica Muirhead

Mezzosopran
Marie-Helen Joël
Bettina Ranch
Liliana de Sousa

Tenor
Carlos Cardoso
KS Jeffrey Dowd
Dmitry Ivanchey

Bariton
Tobias Greenhalgh

Bassbariton
Karel Martin Ludvik
Almas Svilpa

Bass
Baurzhan Anderzhanov
Michael Haag
Christoph Seidl
Swen Westfeld

 



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