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Die nachtschwarze Seite der Männlichkeit
Von Stefan Schmöe / Fotos von Christian POGO Zach
Dieser Rigoletto ist ein Kraftpaket, optisch, aber vor allem stimmlich. Matija Meić verleiht ihm bei seinem Rollendebut elementare Wucht (für die Feinzeichnung dürfte er die Stimme hier und da ruhig weiter zurücknehmen), und man spürt die Gefahr, die von dieser Person ausgeht, wenn man sich ihr und ihrem Spott in den Weg stellt. Viele Hunde (respektive Höflinge) müssen es sein, die des Bären (wie ein solcher erscheint dieser Rigoletto) Tod oder Untergang sind in der nächtlichen Intrige, in der dessen Tochter Gilda entführt wird. Und doch bleibt in dieser Aufführung eine unterschwellige Macht-Balance gewahrt, weil er einen starken Gegenspieler hat: Den Grafen Monterone, der ihn verflucht und dem der junge Timos Sirlantzis mit Riesenstimme so viel Kraft (und dabei auch noch Eleganz) mitgibt, dass man von diesem Fluch lieber nicht betroffen sein möchte. Fast immer bleibt dieser Fluch eine eigentlich nebensächliche Zutat der Schauerromantik; hier bekommt er musikalisch eine Präsenz, die sich wie eine Klammer um die krude Geschichte legt. (Nur schade, dass Dirigent Oleg Ptashnikov, ansonsten mit dem recht guten Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz ein zuverlässiger Begleiter, dem vom Fluchmotiv geprägten kurzen Vorspiel nicht dieselbe Schärfe gibt).
Da passt es, wie Lucian Krasznec einen draufgängerischen Herzog mit jugendlichem Charme und klar fokussiertem, trompetenhaft hellem und immer durchsetzungsfähigem Tenor gibt und sich damit gut in das klangliche Gefüge einpasst. Schwerer hat es die Gilda von Jennifer O'Loughlin, tadellos gesungen, aber mit zwar zupackendem, aber eher schlankem Sopran neben den kraftstrotzenden Herren eine Stufe zurückhaltender bleibt. Sicher unterstreicht das die mädchenhaften Züge der Figur - nur konterkarieren das die eher unglücklichen Kostüme (Alfred Mayerhofer), die sie vor allem im dritten Akt mit arg biederem Kleid und Mantel eher als Typus "alte Jungfer" verzeichnen. Üble Machtspiele - Rigoletto (im Bild: Aris Argiris) und Graf Ceprano
Der solide singende Levente Páll steuert als Auftragsmörder Sparafucile interessante fahle Farben bei, Anna-Katharina Tonauer macht trotz schöner Stimme eher wenig aus der Partie der Maddalena, die freilich szenisch gut damit ausgelastet ist, als liebestolle Prostituierte ziemlich konkret des Herzogs und ihre eigenen erotischen Bedürfnisse zu erfüllen. (Dass gleichzeitig Gilda empört am Ärmel des solchermaßen beschäftigten Herzogs zupft, was wohl eher symbolisch gemeint ist, führt im Parkett zu so wohl nicht beabsichtigter Heiterkeit.) Ganz ausgezeichnet singen die Herren von Chor und Extrachor (Einstudierung: Pietro Numico). Ziemlich brav: Gilda, vor ihrem unfreiwilligen Rendezvous mit dem Herzog
Die in ihren besseren Momenten recht konventionelle, in den schon angesprochenen schwächeren auch schon mal verunglückende Regie (Herbert Föttinger) verlegt das Geschehen in die Partywelt sehr heutiger Banker und Manager, keine allzu originelle Idee, aber als Grundkonstellation ganz plausibel. Vielleicht war die Personenregie bei der Premiere im Januar 2020 ausgefeilter als in dieser Wiederaufnahme, bei der sich das Ensemble durchaus spielfreudig zeigt, in der Gestik aber recht plakativ bleibt. Man ahnt immerhin, dass Tragödie und sehr schwarze Komödie hier nahe beieinander liegen. Auftragsmörder Sparafucile und Lockvogel Maddalena
Schwarzgrau ist dann auch die dominierende Farbe auf der von Hauswänden in verschiedene Spielorte unterteilten Drehbühne (Walter Vogelweider): Das herzogliche Anwesen mit flachem Wassertretbecken, wo hochprozentiger Alkohol und gefügige Mädchenreichlich vorhanden sind; Rigolettos gesichtsloses Haus (warum sich Haushälterin Giovanna im Nonnenhabit aktiv an der Verkupplung Gildas mit dem Herzog beteiligt, erschließt sich nicht). Tanksäule und Baustelle vor Sparafuciles Haus im dritten Akt erscheinen als eher überflüssiger Dekor. Es wird viel davon gesungen, angesichts des Unwetters im Haus zu bleiben - aber man bleibt dann doch draußen, warum auch immer. Solche Ungenauigkeiten fallen störend auf, weil die Inszenierung an anderen Stellen vorgibt, die Geschichte ziemlich genau nacherzählen zu wollen. Eigentlich soll es auch Regen geben, so war zu hören - an diesem Abend blieb der Bühnenhimmel freilich trocken. Egal, die tiefere Wahrheit liegt sowieso in der musikalischen Interpretation.
Szenisch ein mittelprächtiger, sicher repertoiretauglicher Rigoletto, der die Geschichte nicht allzu originell, aber ganz gut nachvollziehbar in die Gegenwart überträgt; spannend wird die Aufführung erst durch die sehr guten Sängerdarsteller. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Leiter der Wiederaufnahme
Bühne
Kostüme
Licht
Choreographische Beratung
Chor
Dramaturgie
Solisten
Rigoletto
Herzog von Mantua
Gilda
Sparafucile
Maddalena
Maddalena
Graf von Monterone
Giovanna
Marullo
Matteo Borsa
Graf von Ceprano
Gräfin von Ceprano
Ein Page der Herzogin
Ein Gerichtsdiener
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