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Einmal möcht' ich was Närrisches tun!

Operettengala mit Musik von Franz Lehár, Johann Strauß, Emmerich Kálmán, Carl Millöcker, Nico Dostal und Carl Zeller

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 5' (eine Pause)

Premiere im Aalto-Theater Essen am 23. März 2024
(rezensierte Aufführung: 18.04.2024)


Logo:  Theater Essen

Theater und Philharmonie Essen
(Homepage)
Nostalgischer Streifzug durch die Welt der Operette

Von Thomas Molke / Fotos: © Volker Wiciok

Operette erfreut sich beim Publikum im Allgemeinen sehr großer Beliebtheit und wird vom Regietheater gleichermaßen gefürchtet, da hier Inszenierungsexperimente noch weniger verziehen werden als im Bereich der Oper oder sich bei den teilweise als "seicht" verschrienen Stoffen noch weniger anbieten. Selbst wenn man der Gattung an sich wenig abgewinnen kann, ist man häufig den eingängigen Melodien gegenüber nicht abgeneigt. Das mag neben der Tatsache, dass in dieser Spielzeit mit dem Musical My Fair Lady die "leichte" Muse schon bedient worden ist, ein weiterer Grund dafür sein, dass man sich am Aalto-Theater in Essen entschieden hat, im März eine Operettengala auf den Spielplan zu stellen: Einmal möcht' ich was Närrisches tun! Selbst der Titel klingt wie eine Entschuldigung und lockt erwartungsgemäß zahlreiche Besucherinnen und Besucher ins Haus. So ist auch eine Veranstaltung mitten in der Woche nahezu ausverkauft.

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Bettina Ranch führt als Moderatorin durch den Abend.

Der Titel ist weniger Programm des Abends als vielmehr ein Duett aus der Operette Paganini von Franz Lehár. Das am 30. Oktober 1925 im Johann-Strauß-Theater in Wien mit großem Erfolg uraufgeführte Werk ist die erste von mehreren opernhaften Operetten Lehárs, die alle ohne Happy End enden und deren Hauptpartien auf den Tenor Richard Tauber zugeschnitten waren, auch wenn Tauber die Titelpartie erst bei der deutschen Premiere in Berlin sang. In dem Duett planen die Soubrette Bella Giretti, die Primadonna an der fürstlichen Oper zu Lucca und gleichzeitig die Mätresse des Fürsten Bacciocchi ist, und der Buffo Pimpinelli, der der Kammervorsteher der Fürstin Maria Anna Elisa ist, die wiederum eine Affäre mit Paganini hat, mit den Konventionen des Hofs zu brechen. Bettina Ranch schlüpft mit viel Esprit in die Rolle der Bella und verdreht dabei dem Tenor George Vîrban als Pimpinelli sehr charmant den Kopf. Schließlich entscheidet sie sich aber für den Dirigenten Tommaso Turchetta und verlockt ihn zu einem Glas Champagner auf der rechten Seite der Bühne, während Vîrban kurzerhand das Dirigat übernimmt. Nach diesem beschwingten Einstand schlägt Vîrban Ranch vor, doch die folgende Operettengala zu moderieren, was Ranch mit viel Humor übernimmt. Dabei stellt sie die einzelnen Nummern nicht nur vor, sondern baut sie teilweise auch in kleine lustige Szenen ein.

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Operettenseligkeit mit Rinnat Moriah und George Vîrban

Natürlich darf bei einer solchen Operettengala der "Klassiker aller Operetten" nicht fehlen: Johann Strauß' Fledermaus. Direkt nach der Eingangsnummer folgt die berühmte Ouvertüre, zu der dann auch sechs Tänzerinnen und Tänzer aus dem Aalto Ballett Essen auftreten und in zauberhaften Kostümen großen Schwung verbreiten. Da die Essener Philharmoniker zentral auf der Bühne vor einem wunderbaren großen Gemälde platziert sind und mit großem Leuchter und roten Vorhängen auf der rechten und linken Bühnenseite einen opulenten Anblick bieten, wie es sich für eine gute Operette gehört, tanzt das Ensemble auf dem hochgefahrenen Orchestergraben. Da haben die Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Balkonen ein wenig das Nachsehen, weil sie sich schon sehr nach vorne beugen müssen, um vom Tanz etwas zu sehen. Ganz verloren geht der Blickkontakt dann beim Lied "Dunkelrote Rosen" aus Carl Millöckers Gasparone, bei dem Baurzhan Anderzhanov mit roten Rosen durch das Parkett schlendert und schließlich die letzte Blume Ranch auf der Bühne überreicht. Das Lied ist eigentlich erst später in die Operette in einer Bearbeitung von Ernst Steffan und Paul Knepler aufgenommen worden und stammt ursprünglich aus Millöckers Vizeadmiral, bevor es sich zu einer Glanznummer für den Grafen Erminio entwickelte, der in der Operette eigentlich ein Tenor ist. Doch auch manch namhafter Bariton hat dieses Lied in sein Repertoire aufgenommen. Anderzhanov überzeugt dabei mit kraftvollem, dunklem Bassbariton.

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"Nimm, Zigeuner, deine Geige": Lisa Wittig mit Aljoscha Lennert (rechts) und Baurzhan Anderzhanov (links)

Ein bisschen mehr Handlung baut Ranch als Moderatorin dann um Franz Lehárs lustige Witwe auf. Während sie von den Millionen berichtet, auf die die Pontevedriner inständig hoffen, laufen Vîrban, Anderzhanov und der Tenor Aljoscha Lennert ein wenig hektisch über die Bühne. Wieso dann allerdings vor dem berühmten "Vilja-Lied" "Freunde, das Leben ist lebenswert" aus Giuditta ertönt, erschließt sich nicht. Das Lied des Hauptmanns Octavio aus Lehárs letzter Operette, die am 20. Januar 1934 in Wien uraufgeführt wurde, ist im Gegensatz zum gesamten Werk heute noch genauso bekannt wie die berühmte Nummer der Titelpartie "Meine Lippen, die küssen so heiß", die im zweiten Teil des Abends erklingt, und die genau wie die Tenorarie ein Grund dafür ist, dass Lehárs Operette von einigen eher als eine Oper betrachtet wird. Vîrban und Rinnat Moriah müssen dabei als Octavio und Giuditta kräftig gegen die auftrumpfenden Essener Philharmoniker ansingen, meistern es allerdings auch ohne Verstärkung nicht zuletzt deshalb, weil sie vor dem Orchester stehen. Moriah glänzt als Giuditta außerdem durch verführerisches Spiel. Wenn dann schließlich Lisa Wittig als Hanna Glawari mit leuchtendem Sopran zum "Vilja-Lied" einsetzt, hat auch der Opernchor unter der Leitung von Patrick Jaskolka seinen ersten Einsatz und punktet durch sauberen Klang. Von der Witwe geht es dann schnell zur Csárdásfürstin über, bei der Wittig, Lennert und Anderzhanov das Publikum beschwingt in die Pause entlassen.

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"Ach, ich hab' sie ja nur auf die Schulter geküsst": Sebastian Pilgrim

Nach der Pause setzt dann zusätzlich der Bass Sebastian Pilgrim komische Akzente. Während das Publikum noch in Lennerts gefühlvoll angesetzten Interpretation von "Grüß mir mein Wien" aus Kálmáns Gräfin Mariza schwelgt und Ranch auflistet, welche Adelstitel in der Operette alles eine wichtige Rolle spielen, tritt Pilgrim als Schweinezüchter Kálmán Zsupán auf und zeigt als "einfacher Mann vom Lande", dass er in diese "feine Welt" der Operette eigentlich gar nicht hineinpasst. Ranchs Angebot, sie bei der Moderation mit den auf Karten vorgefertigten Texten zu unterstützen, kommentiert er dann sehr humorvoll mit der berühmten Nummer "Ja, das Schreiben und das Lesen", wobei er es sich auch nicht nehmen lässt, seine geliebten Tiere lautmalerisch zu imitieren. Einen weiteren komödiantischen Auftritt hat er dann als Oberst Ollendorf aus Millöckers Bettelstudent. Während Ranch genussvoll dem Duett von Anderzhanov und Lennert aus Zellers Vogelhändler , "Als dir die Welt voll Rosen hing", lauscht, plant er einfach mal, Ranch ganz frech auf die Schulter zu küssen und echauffiert sich anschließend über ihre barsche Reaktion.

Neben diesen komischen Elementen gibt es natürlich auch reichlich "Operettenseligkeit". Vîrban und Wittig setzen als Danilo und Hanna Glawari aus Lehárs lustiger Witwe zu einem romantischen "Lippen schweigen" an, auf das Ranch dann mit Strauß' Fledermaus antwortet: "Genug damit, genug". Mit Champagner-Glas in der Hand leitet sie dann das Ende der Gala ein. Eigentlich hätte man fest damit gerechnet, dass es jetzt noch als Zugabe das berühmte Finale "Im Feuerstrom der Reben" aus dem zweiten Akt der Fledermaus geben würde, aber darauf wartet man vergeblich. Stattdessen nehmen die Essener Philharmoniker zum Schlussapplaus die Nummer vom Anfang wieder auf und schließen so einen Bogen zu einem kurzweiligen, unterhaltsamen Abend, bei dem das operetten-affine Publikum voll auf seine Kosten kommt.

FAZIT

Wer Operette und kurzweilige Unterhaltung liebt, hat in dieser Spielzeit noch einmal am 28. Juni 2024 die Möglichkeit, diesen Abend live zu erleben. Man sollte sich schnell um Karten bemühen.

Programm

Franz Lehár: Paganini: "Einmal möcht' ich was Närrisches tun" (Bettina Ranch, George Vîrban)

Johann Strauß: Die Fledermaus: Ouvertüre (Aalto Ballett Essen)

Emmerich Kálman: Die Csárdásfürstin: "Ich warte auf das große Wunder" (Aljoscha Lennert, Lisa Wittig)

Carl Millöcker: Gasparone: "Dunkelrote Rosen" (Baurzhan Anderzhanov)
Der Bettelstudent:: "Soll ich reden, darf ich schweigen?" (Rinnat Moriah, Aljoscha Lennert)

Franz Lehár: Giuditta: "Freunde, das Leben ist lebenswert" (George Vîrban)
Die lustige Witwe: "Vilja-Lied" (Lisa Wittig, Opernchor)

Emmerich Kálmán: Die Csárdásfürstin: "Nimm, Zigeuner, deine Geige" (Lisa Wittig, Baurzhan Anderzhanov, Aljoscha Lennert)

Johann Strauß: Eine Nacht in Venedig: "Jetzt ist die Zeit zur Lustbarkeit" (Opernchor)

Emmerich Kálmán: Gräfin Mariza: "Grüß mir mein Wien" (Aljoscha Lennert)

Johann Strauß: Der Zigeunerbaron: "Ja, das Schreiben und das Lesen" (Sebastian Pilgrim)

Franz Lehár: Giuditta: "Meine Lippen, sie küssen so heiß" (Rinnat Moriah)

Carl Millöcker: Der Bettelstudent:: "Durch diesen Kuss sei unser Bund geweiht" (Lisa Wittig, Aljoscha Lennert)

Nico Dostal: Ungarische Hochzeit: "Ungarischer Marsch" (Aalto Ballett Essen)

Carl Zeller: Der Vogelhändler: "Als dir die Welt voll Rosen hing" (Baurzhan Anderzhanov, Aljoscha Lennert)

Carl Millöcker: Der Bettelstudent: "Ach, ich hab' sie ja nur auf die Schulter geküsst" (Sebastian Pilgrim)

Franz Lehár: Die lustige Witwe: "Lippen schweigen" (Lisa Wittig, George Vîrban)

Johann Strauß: Die Fledermaus: "Genug damit, genug" (Bettina Ranch und Ensemble)

 

 


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(Veröffentlichung vorbehalten)

Produktionsteam

Musikalische Leitung
Tommaso Turchetta

Szenische Einrichtung
Marijke Malitius

Ausstattung
Thorsten Macht

Choreographie
Julia Schalitz

Choreinstudierung
Patrick Jaskolka

Dramaturgie
Savina Kationi



Essener Philharmoniker

Opernchor des Aalto-Theaters

Moderation
Bettina Ranch


Solistinnen und Solisten

*rezensierte Aufführung

Gesang
Baurzhan Anderzhanov
Aljoscha Lennert
Rinnat Moriah
Sebastian Pilgrim
Bettina Ranch
George Vîrban
Lisa Wittig

Tanzensemble
*Davit Bassénz
*William Emilio Castro Hechavarria
*Giulia Cacciatori
*Paul Faure
*Silvia Insalata
*Laura Werthmann
David Mikkelsen
Julia Schalitz

 




Weitere Informationen
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