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Die lustigen Weiber von Windsor

Komisch-fantastische Oper in drei Akten
Libretto von Salomon Hermann Mosenthal
nach William Shakespeares Komödie The Merry Wives of Windsor
Musik von Otto Nicolai

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 50' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 1. Juni 2024


Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Großer Spaß mit Shakespeares Ritter

Von Thomas Molke / Fotos: © Björn Hickmann

Bevor Otto Nicolai seine auch heute noch bekannten lustigen Weiber von Windsor komponierte, haderte er lange Zeit mit der deutschen Oper. Nach seiner Zeit in Italien war er zu der Einstellung gelangt, dass die deutsche Opernmusik zwar genug Philosophie, dafür aber zu wenig Musik enthalte und der Erfolg der italienischen Oper darin begründet sei, dass es sich bei ihr genau andersherum verhalte. Also wollte er zeit seines Lebens diese beiden Aspekte zusammenbringen, um auch die deutsche Oper über die Grenzen des Landes hinaus populär zu machen. In Wien, wo er nach seinem großen Erfolg mit Il templario an der Hofoper eine Stelle als Erster Kapellmeister annahm und 1842 mit dem Orchester des Kärntnertortheaters die Wiener Philharmoniker gründete, suchte er dann nach einem geeigneten Stoff, fand aber zunächst kein Libretto, das ihm zusagte. Als er sich dann schließlich auf Vorschlag seines Freundes Siegfried Kapper für Shakespeares lustige Weiber von Windsor entschied und nach langem Suchen mit Salomon Hermann Mosenthal einen Librettisten gefunden hatte, der zumindest die musikalischen Passagen mit einem von ihm akzeptierten Text zu unterlegen verstand - die gesprochenen Dialoge verfasste Nicolai selbst -, wies der damalige Intendant das Werk zurück, da es ein Jahr zu spät abgegeben worden sei. Nicolai legte daraufhin sein Amt in Wien nieder und ging nach Berlin, wo die Oper am 9. März 1849 im Königlichen Opernhaus Berlin ihre Uraufführung erlebte, allerdings wegen des mangelnden Erfolges bereits nach vier Vorstellungen wieder abgesetzt wurde. Zwei Monate später starb Nicolai an den Folgen eines Schlaganfalls, so dass er nicht mehr miterleben konnte, dass sich die Oper in den folgenden Jahren doch noch einen Platz im Repertoire erobern konnte.

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Die "lustigen Weiber" Frau Fluth (Margaux de Valensart, rechts) und Frau Reich (Edith Grossman, links) wollen dem Ritter Falstaff einen Streich spielen.

Im Vergleich zu Verdis späterer Vertonung Falstaff, die heute noch größere Bekanntheit als Nicolais Fassung genießt, weisen Die lustigen Weiber von Windsor nur kleine inhaltliche Unterschiede zu Verdis Spätwerk auf. Zum einen verwendet Nicolai für die lustigen Weiber andere Namen als Verdi und Shakespeare, was wohl dem deutschen Sprachwitz dienen soll. Mrs. Ford heißt hier Fluth, was eine gewisse Komik entfaltet, wenn ihr Mann sich in Verkleidung unter dem Namen Bach zum Ritter begibt. Mrs. Page trägt den Namen Reich, was den Wohlstand andeutet, in dem die Familie lebt und der begründet, dass der mittellose Fenton im Vergleich zum Junker Spärlich und dem Franzosen Dr. Cajus für Annas Eltern keine akzeptable Wahl ist. Zum anderen verzichtet Nicolai auf die im Original nicht unwichtige Partie der Mrs. Quickly, die als Botin zwischen Falstaff und den lustigen Weibern fungiert und der Verdi einen relativ bedeutenden komischen Part in seiner Oper einräumt. Ansonsten bleibt es aber bei den drei Streichen, den die Frauen Fluth und Reich dem aufdringlichen Ritter Sir John Falstaff spielen und die dazu führen, dass er einmal im Wäschekorb mit der Schmutzwäsche in die Themse gekippt wird, um dem eifersüchtigen Ehemann Herrn Fluth zu entgehen, dann als Muhme verkleidet aus dem Haus gejagt wird und beim dritten Mal unter Hernes Eiche von dem als Elfen verkleideten Volk eine gehörige Tracht Prügel bekommt, während Anna Spärlich und Cajus in falscher Verkleidung zusammenführt und selbst ihren Geliebten Fenton heiratet.

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Fenton (Sangmin Jeon, links) liebt Anna (Natalia Labourdette), was ihrem Vater Herrn Reich (Michael Ronan, rechts) missfällt.

Das Regie-Team um Anja Kühnhold hält den Stoff auch in der heutigen Zeit für aktuell und verlegt daher die Geschichte in die Gegenwart. Die Ehepaare Reich und Fluth führen gemeinsam ein renommiertes Pelzgeschäft. Dass Fenton als Gegner des Pelzhandels keine Chance hat, als Schwiegersohn für Anna Reich akzeptiert zu werden, verwundert dabei nicht. Herr Reich ist vielmehr auf der Suche nach einem Geschäftspartner, mit dem er den Fortbestand seines Ladens sichern kann und scheint mit dem wohlhabenden Junker Spärlich einen geeigneten Kandidaten gefunden zu haben. Frau Reich erliegt dem französischen Charme des Dr. Cajus und denkt sich scheinbar, dass, wenn sie diesen Mann schon nicht haben kann, er dann wenigstens ihre Tochter beglücken soll. Vielleicht hat sie dabei aber auch den Hintergedanken einer eigenen heimlichen Liaison, was Kühnhold in der Personenregie der beiden Figuren andeutet. Der verarmte Ritter Sir John Falstaff wirkt in seinem Schottenrock in dieser Gesellschaft ein wenig aus der Zeit gefallen, so dass es nicht verwundert, dass man mit ihm seinen Spaß treibt, zumal sein Verhalten den beiden Frauen gegenüber in keiner Weise hinnehmbar ist. Auch der übertriebenen, fast schon bedrohlichen Eifersucht von Herrn Fluth muss Einhalt geboten werden, was Frau Fluth mit ihren Einfällen wunderbar gelingt.

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Der Ritter Falstaff (Erik Rousi) erscheint zum Rendezvous bei Frau Fluth. Frau Reich (Edith Grossman) versteckt sich.

Anna Sophia Blersch, die für das Bühnenbild und die Kostüme verantwortlich zeichnet, hat einen flexiblen Raum entworfen, der schnelle Szenenwechsel ermöglicht. Die vier Hauseingänge, mit denen der Abend während der Ouvertüre beginnt, deuten in der Bemalung bereits den Wald an, in dem die Geschichte endet. Auf der linken Seite befindet sich zunächst der Pelzladen, in der Mitte die beiden Häuser der Familien Reich und Fluth und auf der rechten Seite der Gasthof, in dem Falstaff logiert und den Plan entwickelt, über die Frauen an das Geld ihrer wohlhabenden Männer zu gelangen. Durch Drehung der Bühnenelemente lässt sich die Szenerie schnell in Frau Fluths Wohnung verwandeln, wo sie beim ersten Rendezvous Falstaff in einem riesigen Wäschekorb verschwinden lassen muss, als ihr Mann plötzlich auftaucht. Auf den Seiten deuten zwei kleinere Elemente Büsche an, hinter denen sich Cajus und Spärlich im zweiten Akt verstecken, wenn sie Fenton und Anna im Garten belauschen. Später führen diese Büsche in den Wald, in dem das ganze Dorf dem Ritter den finalen Streich spielt. Hier schöpft Blersch kostümtechnisch aus dem Vollen und lässt die Damen des Chors in zauberhaften Kostümen mit weißen Lampions als Feen des Waldes auftreten, während die Männer in Büschen als grüne Waldwesen erscheinen. Herr Reich tritt als vermeintlicher Jäger Herne mit großem Hirschkopf auf, während das Geweih, das Falstaff trägt, eher mickrig wirkt, so dass er schnell als Fremdkörper in dieser Feenwelt entlarvt wird. Das alles wird mit großem Spielwitz und äußerst kurzweilig umgesetzt.

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Mummenschanz an Hernes Eiche: Das Volk (Opernchor) erteilt Falstaff (Erik Rousi) eine Lektion.

Musikalisch bewegt sich der Abend auf gutem Niveau und zeigt, dass es Nicolai durchaus geglückt ist, in diesem Stück den Stil des deutschen Singspiels mit dem italienischen Belcanto zu verbinden. Johannes Witt lotet das mit dem Sinfonieorchester Wuppertal hervorragend aus und kitzelt besonders in der Ouvertüre auch noch die romantischen Klänge der Musik heraus. In den schnellen Passagen entwickelt das Orchester eine enorme Spritzigkeit, die die Komik der Szenen unterstreicht. Der von Ulrich Zippelius einstudierte Opernchor zeigt große Spielfreude und überzeugt nicht nur als verkleidetes Volk im dritten Akt. Auch kleinere Partien sind mit Mitgliedern des Opernchores besetzt und bieten in diesem Fall Marco Agostini und Andreas Heichlinger die Gelegenheit, als Bürger beim Wetttrinken mit dem Ritter mit großer Komik zu überzeugen. Margaux de Valensart und Edith Grossman sind im wahrsten Sinne zwei "lustige Weiber", denen der Schalk im Nacken sitzt. De Valensart punktet als Frau Fluth mit strahlenden Höhen und leuchtenden Koloraturen und liest ihrem Mann gehörig die Leviten, wenn sie sich als zu Unrecht beschuldigte Frau präsentiert, der von ihrem Mann großes Leid zugefügt worden ist. Grossman gestaltet die Partie der Frau Reich mit rundem Mezzosopran und versprüht vor allem in den Szenen mit Dr. Cajus große Leidenschaft. Erik Rousi gibt mit profundem Bass einen herrlich komischen Ritter, der den beiden Frauen auf den Leim geht. Zachary Wilson überzeugt als eifersüchtiger Herr Fluth mit kraftvollem Bariton und intensivem Spiel. Sangmin Jeon begeistert als Fenton mit strahlendem Tenor und wunderbar ausgesungenen Höhen. Michael Ronan verfügt als Herr Reich über einen dunklen Bass-Bariton.

Aufhorchen lassen auch die drei Mitglieder des Opernstudios NRW. Da ist zunächst Natalia Labourdette als Anna zu nennen, die die Partie mit strahlenden Höhen gestaltet und viel Spielwitz zeigt, wenn sie sich überlegt, ihre Eltern zu überlisten und die beiden unliebsamen Verehrer zusammenzuführen, während sie ihrem Geliebten Fenton das Ja-Wort gibt. Ju Hyeok Lee überzeichnet den Junker Spärlich mit herrlicher Komik und leuchtendem Tenor, wenn er mit leidenschaftlichen Höhen von seiner angebeteten Anna träumt. Yancheng Chen gestaltet den Franzosen Dr. Cajus, der sich auch Annas Mutter Frau Reich gegenüber nicht ganz abgeneigt zeigt, als Charmeur mit verführerischem Bariton. So gibt es für alle Beteiligten am Ende verdienten und großen Beifall.

FAZIT

Es muss nicht immer Verdis Falstaff sein. Auch Nicolais Vertonung hat ihre Meriten, vor allem in einer so kurzweiligen, unterhaltsamen Inszenierung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Johannes Witt

Inszenierung
Anja Kühnhold

Bühne und Kostüme
Anna Sophia Blersch

Choreinstudierung
Ulrich Zippelius

Dramaturgie
Laura Knoll

 

Sinfonieorchester Wuppertal

Opernchor der
Wuppertaler Bühnen

Statisterie der
Wuppertaler Bühnen


Solistinnen und Solisten

*Premierenbesetzung

Sir John Falstaff
Erik Rousi

Herr Fluth
Zachary Wilson

Herr Reich
Michael Ronan

Fenton
Sangmin Jeon

Junker Spärlich
Ju Hyeok Lee

Dr. Cajus
Yancheng Chen

Frau Fluth
Margaux de Valensart

Frau Reich
Edith Grossman

Jungfer Anna Reich
Natalia Labourdette

Der Kellner
*Oliver Picker /
Jochen Bauer

Erster Bürger
Marco Agostini

Zweiter Bürger
*Andreas Heichlinger /
Jochen Bauer

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



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