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Der Karneval in Rom

Operette in drei Akten
Text von Joseph Braun, Richard Genée und Maximilian Steiner
nach der Komödie Piccolino von Victorien Sardou
Textfassung von Andreas Kouba und Nikolaus Habjan
Musik von Johann Strauss


in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2 h 35' (eine Pause)

Koproduktion mit Johann Strauss 2025 Wien

Premiere im Aalto-Theater Essen am 29. März 2025
(rezensierte Aufführung: 04.04.2025)


Logo:  Theater Essen

Theater und Philharmonie Essen
(Homepage)
Unbekannter Strauss mit unterhaltsamem Erzähler

Von Thomas Molke / Fotos: © Volker Wiciok 

2025 jährt sich der Geburtstag von Johann Strauss (Sohn) zum 200. Mal. Das ist Grund genug für die Musiktheaterbühnen dem Operettenschaffen des "Walzerkönigs" größere Aufmerksamkeit zu schenken, die über die Klassiker Die Fledermaus und Eine Nacht in Venedig hinausgeht. Im Aalto Musiktheater hat man sich mit Johann Strauss 2025 Wien zusammengeschlossen und als Koproduktion Strauss' zweite Operette Der Karneval in Rom auf den Spielplan gestellt. Die Uraufführung am 1. März 1873 in Wien war ein großer Erfolg und lockte trotz (oder vielleicht auch wegen) der harschen Kritik in der "Wiener Zeitung" an der vermeintlichen "Frivolität" des Stückes zahlreiche Besucherinnen und Besucher ins Theater. Erst Die Fledermaus, die ein Jahr später uraufgeführt wurde, lief dem Werk nach und nach den Rang ab, so dass das Stück schließlich in Vergessenheit geriet, woran auch eine Bearbeitung 1912 am Theater an der Wien, die Rekonstruktion in den frühen 1920er Jahren und die moderne Wiederaufführung 2004 an der Staatsoperette Wien nicht viel ändern konnten. Nun unternimmt man am Aalto Theater einen neuen Versuch, der von Strauss selbst bezeichneten "Polkaoper" zu neuem Ruhm zu verhelfen.

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Marie (Lisa Wittig) wartet auf Arthur Bryk (am Pult: Guido Mancusi).

Die Geschichte beginnt in der Idylle eines Tiroler Bergdorfs. Hier wartet die Sennerin Marie vergeblich auf die Rückkehr des Malers Arthur Bryk, der sie einst bei einem Urlaubsaufenthalt gemalt und ihr die Ehe versprochen hat. Mittlerweile ist jedoch ein Jahr vergangen, und Arthur vergnügt sich beim Karneval in Rom. Davon erfährt Marie, als die beiden Maler Robert Hesse und Benvenuto Rafaeli im Alpendorf zu Gast sind und Rafaeli versucht, mit der schönen Gräfin Falconi flirtet. Folglich beschließt Marie, nach Rom zu gehen und Arthur an sein Versprechen zu erinnern. Dafür verkleidet sie sich als junger Mann und heuert zunächst bei Arthur, der sich im Karneval als frommer Pilger ausgibt, als Lehrling unter dem Namen Pepino an. Arthur hat derweil ein Auge auf die Gräfin Falconi geworfen und will sie zunächst im Klostergarten verführen. Das wird von Marie vereitelt, die sich in der Dunkelheit als Gräfin ausgibt und so einen leidenschaftlichen Kuss von Arthur erhält. Anschließend verführt sie selbst als Pepino die Gräfin im Atelier Arthurs, was sowohl den Grafen als auch Arthur aus Eifersucht missbilligen. Der Graf fordert den vermeintlichen Rivalen zum Duell. Marie gibt sich zu erkennen, und Arthur begreift, dass sie seine einzige Liebe ist, was schließlich auch den Grafen besänftigt.

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Ein Wiener Musikwissenschaftler (Puppe am Arm von Nikolaus Habjan) führt durch die Geschichte.

In Essen wird auf eine szenische Produktion verzichtet. Um allerdings keine rein konzertante Aufführung zu präsentieren, bei der die gesprochenen Dialoge vielleicht Längen erzeugen würden, hat man Nikolaus Habjan als Erzähler verpflichtet, der nicht nur mit Andreas Kouba eine eigene Textfassung erstellt hat, sondern auch eine große Handpuppe als Musikwissenschaftler einführt, der mit teils sehr bissigen Kommentaren durch die Handlung führt. Mit herrlichem Wiener Schmäh rechnet er dabei mit dem vermeintlichen Regie-Theater ab, über das man sich nicht ärgern müsse, weist auf die Ersparnis hin, die diese Art der Präsentation bietet, und erklärt dem Publikum, dass man sich das Bühnenbild schließlich auch vorstellen könne. Die Zuschauerinnen und Zuschauer zeigen sich begeistert von den witzigen Zwischenkommentaren, in denen er die teils verworrene Handlung recht prägnant zusammenfasst, und versuchen, mehr als einmal die Berichte mit Applaus zu bedenken, was durch die einsetzende Musik allerdings meistens unterbunden wird. Habjan erweist sich als genialer Puppenspieler und schafft es, dem Musikwissenschaftler eigenes Leben einzuhauchen, sei es durch die kleinen Spitzen eines Wieners gegen die Tiroler oder die treffende Mimik des Gesichts der Puppe.

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Wer ist jetzt der Betrogene? Graf Falconi (Mykhailo Kushlyk, links), Arthur (Aljoscha Lennert, Mitte) oder vielleicht Marie als Pepino (Lisa Wittig, Mitte, mit Natalia Labourdette (rechts) als Gräfin Falconi)?

Die Solistinnen und Solisten finden sich trotz der Textbücher, aus denen sie ihre Partien ablesen, mit wunderbarem Spielwitz in die Rollen ein und lassen ebenfalls vergessen, dass es sich eigentlich nur um eine konzertante Aufführung handelt. Begünstigt wird dies noch von angedeuteten Kostümen. So tritt Marie in ihrem Alpendorf in einem farbigen, langen Kleid auf und wechselt als Pepino in einen weißen Hosenanzug mit einer weißen Mütze, unter der sie ihre langen Haare verbirgt. Arthur trägt als verkleideter frommer Pilger zunächst eine schwarze Kapuze und tritt hinterher mit opulentem Kopfschmuck als eine Art Lebemann auf, der keinen Flirt auslässt. Die Gräfin ist in ihrem blauen Abendkleid eine regelrechte Augenweide, so dass man gut nachvollziehen kann, dass sich Rafaeli und Arthur nach ihr verzehren und ihr armer Ehemann stets eine Pistole bei sich trägt, um vermeintliche Rivalen zum Duell herauszufordern.

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Finale: von links: Rafaeli (Robin Grunwald), Hesse (Tobias Greenhalgh), Guido Mancusi, Arthur (Aljoscha Lennert), Marie (Lisa Wittig), Graf Falconi (Mykhailo Kushlyk) und Gräfin Falconi (Natalie Labourdette) mit den Essener Philharmonikern und dem Opernchor des Aalto-Theaters

Auch musikalisch lässt der Abend keine Wünsche offen und hat einige Nummern zu bieten, die durchaus eingängig sind und unterstreichen, dass dieses Werk eigentlich zu Unrecht ein derartiges Schattendasein führt. Da ist zunächst Lisa Wittig als Marie zu nennen. Mit leuchtendem Sopran vollzieht sie einen großartigen Wandel von der trauernden Marie im Bergdorf hin zu einer selbstbewussten Frau, die in der Verkleidung als Pepino ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt. Besonders deutlich wird dies in dem großartigen Lied zu Beginn des zweiten Aktes, wenn sie als vermeintlicher Künstler in Rom die Massen mit ihren Kunststücken begeistert. Kokett gibt sie sich am Ende des Aktes, wenn sie in die Rolle der Gräfin schlüpft und für völlige Verwirrung im Klostergarten sorgt. Aljoscha Lennert verfügt als Schwerenöter Arthur über einen leichten Tenor, der der Figur in jeder Hinsicht gerecht wird. Ein musikalischer Höhepunkt ist sein Lied "Von Josefs Mantel" im zweiten Akt, wenn er dem Volk vermeintlich wertvolle Reliquien anbietet. Hier haben sich Habjan und Kouba auch textlich einige Freiheiten genommen, wenn Arthur beispielsweise Aktien der Deutschen Bahn oder Corona-Masken anpreist. Der von Klaas-Jan de Groot einstudierte Opernchor begeistert hierbei durch große Spielfreude. Nur das Wechselspiel des Chors als Klosterschwestern und Kurtisanen im benachbarten Gasthaus geht in der konzertanten Aufführung ein wenig unter. Hier hätte man den Chor vielleicht räumlich in zwei Gruppen aufteilen sollen.

Natalia Labourdette lässt als liebeshungrige Gräfin Falconi mit glockenklarem Sopran aufhorchen. Besonders in ihrer großen Arie im zweiten Akt begeistert sie durch strahlende Höhen, wenn sie erst ihre Anwesenheit im Kloster betrauert, dann allerdings die Vorteile des Ortes für ein Rendezvous mit Arthur erkennt. Mykhailo Kushlyk gibt mit hellem Tenor den gehörnten Ehemann. Robin Grunwald und Tobias Greenhalgh runden als Maler Rafaeli und Hesse das Ensemble wunderbar ab. Guido Mancusi führt die Essener Philharmoniker mit sicherer Hand durch die walzerselige Partitur, so dass es am Ende so großen Applaus gibt, dass man sich noch zu einer kleinen Zugabe hinreißen lässt und das Finale ein weiteres Mal präsentiert.

FAZIT

Strauss' zweite Operette überzeugt musikalisch und bietet auch inhaltlich eine turbulente Komödie, die man sich durchaus häufiger auf der Bühne vorstellen könnte.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Guido Mancusi

Erzähler
Nikolaus Habjan

Choreinstudierung
Klaas-Jan de Groot

 

Essener Philharmoniker

Opernchor des Aalto-Theaters


Solistinnen und Solisten

Graf Falconi
Mykhailo Kushlyk

Gräfin Falconi
Natalia Labourdette

Arthur Bryk
Aljoscha Lennert

Benvenuto Rafaeli
Robin Grunwald

Robert Hesse
Tobias Greenhalgh

Marie
Lisa Wittig

Therese
Janina Dettenborn

Franz
Ju Hyeok Lee

Toni
Albrecht Kludszuweit

 





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Aalto Musiktheater
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