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Simply the Best

Rock-Pop-Punk-Theater-Party

in englischer und deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 45' (eine Pause)

Wiederaufnahme im Theater Hagen am 8. September 2024
(Uraufführung der Hagener Eigenproduktion: 08.06.2024)


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Theater Hagen
(Homepage)
Musik macht jung

Von Thomas Molke / Fotos von Matthias Jung

Neue Formate können unter anderem als ein Markenzeichen des zum Ende der Spielzeit scheidenden Intendanten Francis Hüsers bezeichnet werden. So hat er im "Tempel der klassischen Muse" durchaus auch Platz für ganz andere musikalische Programme geschaffen. Nach einem bunten Streifzug durch die Rock-Musik der 60er, 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts in der "Undergroundparty" Take a Walk on the Wild Side zur Eröffnung der Spielzeit 2018/2019 (siehe auch unsere Rezension), einer Fortsetzung mit der Rock-Punk-Pop-Theater-Party unter dem Titel Wenn die Nacht am tiefsten (... ist der Tag am nächsten), bei der der Schwerpunkt auf der deutschen Rock-, Punk- und Pop-Welle lag (siehe auch unsere Rezension), und einer Rock-Pop-Grunge-Theater-Party als Hommage an die Heroes des Genres (siehe auch unsere Rezension) gibt es nun die Wiederaufnahme der Rock-Pop-Punk-Theater-Party Simply the Best, die zum Ende der vergangenen Spielzeit eine umjubelte Premiere feierte. Natürlich denkt man bei dem Titel unweigerlich an die 2023 verstorbene Sängerin Tina Turner, so dass ein Großteil des Abends auch als Hommage an diese stilbildende Ikone im Bereich von Soul, Rock und Pop betrachtet werden kann. Doch Hüsers spannt den Bogen in dem von ihm konzipierten Abend weiter und lässt auch zahlreiche andere überwiegend weibliche Stimmen zu Wort kommen.

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Patrick Sühl, Vanessa Henning (Mitte) und Siiri (rechts) in Simply the Best

Als "Ikonen" dieser Abende können mittlerweile auch Patrick Sühl und Vanessa Henning betrachtet werden, die seit der ersten Undergroundparty Take a Walk on the Wild Side das Publikum mit einem wilden Streifzug durch die Rock- und Pop-Musik regelrecht von den Sitzen gerissen und für eine unglaubliche Energie im Saal gesorgt haben. Um ihren Status als "alte Hasen" zu unterstreichen, treten sie zu Beginn der Show als in die Jahre gekommenes Ehepaar mit Stock und Gehhilfe auf und suchen scheinbar im verdunkelten Saal ihren Sitzplatz. Ihr Weg führt sie aber nicht in die erste Reihe sondern direkt auf die Bühne, wo sie regelrecht nostalgisch mit dem Song The Time of my Life aus dem Film Dirty Dancing beginnen. Dieser Titel kann dann auch als Motto verstanden werden, was dem Publikum in den nächsten gut zweieinhalb Stunden Musik beschert werden soll. Und mit dem Sprung zurück in die Vergangenheit legen sie die weißen Perücken, den Hut und den Mantel ab und werden durch die Musik wieder jung. So mag sich bei den Songs vielleicht auch der eine oder andere Zuschauer oder die eine oder andere Zuschauerin im Publikum fühlen. Begleitet werden sie dabei als "Neuzugang" von der Sängerin Siiri, von den Tänzer*innen Yu-Hung (Phoebe) Huang, Antonio Jorgos Papazis und Dario Rigaglia und den drei Background-Vocals Neele Pettig, Elizabeth Pilon und Carolin Rossow, die nicht nur im Hintergrund singen, sondern auch an den Tanzeinlagen beteiligt sind. Es folgt ein Streifzug durch die Musikgeschichte des Pop, Rock und Punk, der unter dem Titel Simply the Best ganz gut beschrieben werden kann.

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Vanessa Henning (rechts) singt "Dancing Barefoot" (links: Dario Rigaglia, hinter dem Tisch: Carolin Rossow und Thorsten Pröhl, vor dem Tisch: Yu-Hung (Phoebe) Huang)

Holger Potocki bettet die jeweiligen Songs in kleine Szenen ein, die zwar keine durchgehende Geschichte erzählen, aber doch dem jeweiligen Song mit einer kleinen Episode eine besondere Note geben. Das Bühnenbild von Lena Brexendorff arbeitet mit einem "Jugendzimmer", das sich in einem abgeschlossenen Raum unter der fünfköpfigen Band befindet und mit den typischen Postern ausstaffiert ist, die die Wände eines weiblichen Teenagers zieren dürften. Davor können drei Vorhänge herabgelassen werden, die als Projektionsflächen dienen und damit andere Räume entstehen lassen. Für einzelne Szenen wird auch ein riesiger Schreibtisch auf die Bühne gefahren oder ein Schrank mit Anziehsachen aus dem Schnürboden emporgefahren. Dabei erschließen sich nicht alle Ideen. Manche Szenen sind so verwirrend wie der Inhalt der Songs. So versteht man beispielsweise den Auftritt von Jesus (Dario Rigaglia) und dem Teufel (Carolin Rossow) genauso wenig wie die Geschichte die Patti Smith zuvor ihrem Literaten-Freund William Burroughs erzählt.

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Siiri (Mitte) im Teenager-Zimmer mit (von links) Yu-Hung (Phoebe) Huang, Elizabeth Pilon, Carolin Rossow und Hannah Usemann

In den meisten Fällen überwiegt allerdings überbordende Komik. So gibt es nach der "männlichen" Sicht in "Just my Imagination" von den Rolling Stones in einer großartigen Interpretation von Patrick Sühl ein wunderbares Barbie-Girl-Medley, das den Bogen von Aquas "Barbie-Girl" bis zu Katy Perrys "I Kissed a Girl" spannt und dabei Mädchenfantasien heraufbeschwört, die auch heute noch ihre Gültigkeit haben dürften. Ausgangspunkt ist ein junges Mädchen (Hannah Usemann), das mit Barbie und Ken spielt, die dann in Gestalt von Yu-Hung (Phoebe) Huang und Antonio Jorgos Papazis lebendig werden und mit den Klischees spielen. Von Madonnas "Material Girl" geht es dann über Cindy Laupers Selbstbestimmungs-Song "Girls Just Wanna Have Fun" zu Barbies Tabubruch in Katy Perrys Song "I Kissed A Girl", bevor Ken seine Barbie wieder in seine Klischee-Welt zurückholt. Wunderbar wird auch mit der Erfahrung der Eltern gespielt, die erkennen müssen, wie ihre Kinder allmählich erwachsen werden. So ertappt eine Mutter ihre wild knutschende Tochter im Jugendzimmer, bevor sie mit Gianni Nanninis Song "Bello, bello e impossibile" sich scheinbar selbst eingesteht, dass sie den leicht bekleideten Freund der Tochter nicht ganz unattraktiv findet.

Das alles wird von Vanessa Henning und Patrick Sühl in gewohnt souveräner Art mit großer Energie umgesetzt. Neu ist an diesem Abend die Sängerin Siiri, die bei der Wiederaufnahme auch noch ihren Geburtstag feiert und sich wunderbar in das Ensemble einfügt. Gemeinsam mit Henning stimmt sie absolut mitreißend den berühmten Song "Proud Mary" an, dem Tina Turner in ihrer Interpretation 1970 eine ganz neue Dimension verliehen hat. Dabei reißen die beiden Frauen das Publikum von ihren Sitzen und laden zum Mittanzen ein. Das geschieht auch schon beim Song davor. Wenn Henning Nenas Hit "Nur geträumt" zum Besten gibt, fordert sie das Publikum auch zum Mitsingen auf und lässt den Song zu einer regelrechten Hymne im Saal avancieren. Mit "Wannabe" von den Spice Girls schicken die beiden Damen gemeinsam mit Sühl das Publikum stimmungsvoll in die Pause.

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Finale: in der Mitte von links: Patrick Sühl, Vanessa Henning und Siiri

Danach geht es dann "heiß" weiter, wenn Sühl Marius Müller-Westerhagens "Sexy" anstimmt und dabei auch Jesus und der Teufel wieder auftreten. Bewegend ist auch Hennings Interpretation von Amy Winehouses Klassiker "You Know I'm no Good". Dabei sieht man in der Video-Projektion abwechselnd zahlreiche Alkoholflaschen und ein sich liebendes Paar. Siiri macht dann mit großem Spielwitz in "Alles was mir fehlt" von Bernadette Hengst (Die Braut haut ins Auge) deutlich, dass es sich dabei nicht um den muskelbepackten faulen Mann handelt, der es sich auf ihrem Sitzkissen bequem gemacht hat. Nur eine Episode geht ein bisschen zu weit. Wenn Henning "Me, Myself, I" von Joan Armatrading interpretiert, knallt sie wahllos alle Personen ab, die ihr zu nahe kommen. Diese Geschichte hätte man in der heutigen Zeit vielleicht ein wenig sensibler angehen sollen. Zum Ende kommt dann das langersehnte "Simply the Best", wobei es zunächst von Sühl angestimmt wird. Beim "Shake it Off" von Taylor Swift verwandeln sich Henning und Sühl wieder in das alte Paar vom Anfang und verlassen die Bühne. Wie in Heroes gibt es erneut eine Kissenschlacht mit dem Publikum, bevor die Kissen am Ende in ein Gestell sortiert werden, welches das Zeichen für einen Mann und eine Frau enthält und andeutet, dass es eigentlich ganz egal ist, was man ist. Hauptsache man ist authentisch.

Arrangiert wurden die Songs wieder von Andres Reukauf, der die Band auch am Keyboard begleitet. In bestem Sound-Design heizt die fünfköpfige Band dem Saal wieder so richtig ein, dass es zahlreiche Besucherinnen und Besucher auch nach der Pause nicht auf den Sitzen hält. Natürlich dürfen am Ende auch die Zugaben nicht fehlen. Nach "D'yer Mak'er" von Led Zeppelin in einer rockigen Interpretation von Sühl und "Song 2" von Blur, den Henning und Siiri gemeinsam anstimmen, wird es dann wieder ruhiger wie am Anfang der Vorstellung, dieses Mal mit "Up Where We Belong" von Jennifer Warnes und Joe Cocker. Mit diesen Klängen entlässt das Ensemble das Publikum summend in den Sonntagabend.

FAZIT

Mitsingen und Mittanzen ist bei dieser kurzweiligen Bühnen-Show absolut erwünscht. Der Abend verbreitet gute Laune pur.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung, Arrangements
und  Keyboard
Andres Reukauf

Inszenierung
Holger Potocki

Choreographie
Noemi Emanuela Martone

Bühne und Kostüme
Lena Brexendorff

Licht und Video
Hans-Joachim Köster

Dramaturgie
Ina Wragge

Sound-Design
Michael Danielak

Konzept
Francis Hüsers

 

Guitar
Arjuna De Souza
Patrick Sühl
Siiri

Flöte / Saxophone
Andreas Laux /
*Matthias Jahner

Bass
Rudolf Behrend /
*Jörn Brackelsberg

Drums
Volker Reichling

Statisterie des Theaters Hagen


Solistinnen und Solisten

Vocals
Vanessa Henning
Siiri
Patrick Sühl

Background-Vocals
Neele Pettig
Elizabeth Pilon
Carolin Rossow

Tänzer*innen
*Yu-Hung (Phoebe) Huang
*Antonio Jorgos Papazis
Sara Peña
*Dario Rigaglia

 


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Theater Hagen
(Homepage)




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