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Der Rosenkavalier

Komödie für Musik in drei Aufzügen
Text von Hugo von Hofmannsthal
Musik von Richard Strauss

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 4h 20' (zwei Pausen)


Premiere im Großen Haus des Staatstheaters Mainz am 29. Juni 2024
(rezensierte Aufführung: 24. November 2024)

Logo: Staatstheater Mainz

Staatstheater Mainz
(Homepage)
Die Angst des Regisseurs vor dem Rokoko

Von Stefan Schmöe / Fotos von Andreas Etter

"Alle Figuren sind famos, brauche leider wieder sehr gute Schauspieler, mit den gewöhnlichen Opernsängern geht's schon wieder nicht", schrieb Richard Strauss am 4. Mai 1909 an seinen Librettisten Hugo von Hofmannsthal. Das gilt unverändert auch heute. Eine Regie, die sich auf genaue Personenführung versteht, sollte es dazu natürlich auch geben. Das Werk bedarf in seiner detailverliebten Gestalt dagegen keiner erklärenden oder ausdeutenden Interpretation. Altern und Vergänglichkeit, die erste große Liebe und der Liebesverzicht - das sind zeitlose Themen, die für sich sprechen. Man muss nur auf die Theaterwirksamkeit des Rosenkavaliers vertrauen.

Vergrößerung in neuem Fenster Reflexionen übder das Wesen der Zeit: Die Marschallin und Octavian mit allegorischer Figur

Das Staatstheater Mainz verfügt in dieser Produktion (die schon am Ende der vorigen Spielzeit ihre Premiere erlebte) über sehr gute Darstellerinnen und Darsteller und mit Georg Schmiedleitner einen Regisseur, der sich gut in die Figuren des Stücks einfühlt. Nadja Stefanoff ist eine blendend aussehende Marschallin, eine attraktive Frau in den allerbesten Jahren. Mit hellem, durchsetzungsfähig strahlendem Sopran phrasiert sie schön und verleiht der Figur auch stimmlich die nötige Würde. Ein wenig fehlt ihr ein weiches Piano, weshalb sie eher abgeklärt als melancholisch wirkt. Verena Tönjes singt und spielt den Octavian auch vokal als flammenden, überschwänglichen Liebhaber (dass sie einen jungen Mann darstellt, nimmt man ihr ebenso problemlos ab wie die Verwandlung in die angebliche Kammerzofe Mariandl). Ihr hell timbrierter Mezzo ist der Stimme der Marschallin dabei recht ähnlich. Alexandra Samouilidou spielt eine sehr charmante, jungmädchenhafte Sophie mit kokettem Augenaufschlag und schöner Balance aus kindlicher Naivität und adoleszenter Frechheit. Ihr leuchtender Sopran flackert mitunter mit großem Vibrato, aber sie fokussiert die Stimme in den Aufschwüngen bei der Rosenüberreichung zu einem höchst intensivem Pianissimo. Ihre Dreiecksbeziehung wird von der Regie genau ausgelotet. Die Liebesnacht von Marschallin und Octavian, mit einer kräftigen Prise Erotik und nur halb verdeckt unter einem riesigen schleierartigen Tuch inszeniert, ist ebenso liebevoll inszeniert wie die zaghafte Annäherung von Octavian und Sophie und der erste richtige Kuss im Finale. Das sind Momente, auf die es ankommt.

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Überreichung der silbernen Rose: Octavian und Sophie (hier im Bild: Karina Repova und Sophia Theodorides)

Den Baron Ochs auf Lerchenau gestaltet Derrick Ballard mit einem großformatigen Heldenbariton und spielt ihn als kraftmeiernden Draufgänger - adelige Eleganz hat da nur am Rande Platz. Sprachlich darf er einiges an Wiener Schmäh' ausspielen, was dem Amerikaner überzeugend gelingt. Für seine angehende Braut Sophie hat er kaum ein Auge übrig. Das "Faunsgesicht", das Hofmannsthal in seinem "Ungeschriebenen Nachwort" zum Rosenkavalier anspricht, ist hier stärker ausgeprägt als der Aristokrat. Der neureiche und neugeadelte Brautvater Faninal ist bei Brett Carter ein zupackender, recht junger Mann mit kraftvoller Stimme, dem man abnimmt, dass ihm und seinesgleichen (und nicht dem seinen überkommenen Ritualen verhafteten Adel) die Zukunft gehört. Maren Schwier und Alexander Spemann geben als Annina und Valzacchi ein überzeugendes Intrigantenpaar ab. Yoonki Baek hat als italienischer Sänger ein paar Probleme mit den recht matt geratenen Spitzentönen. Mit den vielen Nebenfiguren geht die Regie sorgsam um und überzeichnet sie leicht, wie es sicher auch Hofmannsthal und Strauss vorschwebte. Allegorische Figuren und Bühnennebel zu den Reflexionen der Marschallin über die Zeit scheinen allerdings verzichtbar.

Vergrößerung in neuem Fenster Erschöpft von den Wendungen des zweiten Akts: Baron Ochs auf Lerchenau

Insofern hat Georg Schmiedleitner einen weitestgehend "klassischen" Rosenkavalier inszeniert. Und doch gibt es offenbar so etwas wie die Angst des Regisseurs vor dem Rokoko. Jedenfalls verlegt der Regisseur die Geschichte aus der Zeit Maria Theresias in die jüngste Vergangenheit, vielleicht die 1970er-Jahre. Quietschbunte Interieurs (Bühne: Stefan Brandtmayr), ausufernde Frisuren, paillettenbesetzte Kostüme (Cornelia Kraske) wie aus Ilja Richters Fernsehshow Disco ("Licht aus, Spot an", wie sich die Älteren erinnern werden). Ein Faninal, der wie der junge Thomas Gottschalk auftritt, Lakaien in bonbonrosa Kleidern, ein vom Bühnenhimmel einschwebender italienischer Sänger - das alles ist natürlich auch Kitsch durch und durch, aber eben Kitsch mit Methode. Weil die Marschallin, Octavian und Sophie davon ausgenommen sind und der Ochs sowieso eine komische Gestalt ist, geht das quietschbunte Pop-Art-Konzept durchaus auf. Überwiegend jedenfalls, denn eine Dimension geht dann doch verloren: Der Umbruch der Zeiten zwischen der endenden Epoche des Adels und dem aufkommenden bürgerlichen Zeitalter.

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Entsagung im Finale: Die Marschallin, hinten Octavian (im Bild: Karina Repova)

Im Orchestergraben geht das Philharmonische Staatsorchester Mainz unter der Leitung von Daniel Montané ziemlich schwungvoll, aber auch ein wenig ruppig zur Sache. Zwar gibt es immer auch ein echtes Piano, aber allzu oft bleibt die Lautstärke undifferenziert im Mezzoforte bis Forte, was auch den Stimmen eine entsprechende Lautstärke abfordert. Am besten gelingt der dritte Akt mit einem spukhaft vorbeihuschenden Vorspiel und einem sehr getragen beginnenden, entsprechend gewichtigen Schlussterzett.
Zu den letzten Takten gibt es kein Kind Mohammed mehr, das nach dem verlorenen Taschentuch sucht, sondern Annina und Valzacchi (glatzköpfige Gestalten von weitgehend identischem Äußeren) stellen die Stühle hoch. Das ist ein lakonisch nüchterner Schluss, der andeutet, dass es um das zukünftige Liebesglück von Octavian und Sophie wohl nicht so gut bestellt ist. Aber auch das haben Strauss und Hofmannsthal schon vorausgesehen.


FAZIT

Ein ziemlich guter Rosenkavalier: Georg Schmiedleitner erzählt die Geschichte in schrillen Farben, aber ansonsten ziemlich genau am Libretto entlang mit Empathie für die Hauptfiguren, und dazu wird sehr schön gesungen.





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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Daniel Montané

Inszenierung
Georg Schmiedleitner

Bühne
Stefan Brandtmayr

Kostüme
Cornelia Kraske

Licht
Ulrich Schneider

Chor
Sebastian Hernandez-Laverny

Dramaturgie
Theresa Steinacker


Statisterie und Chor des
Staatstheaters Mainz

Philharmonisches Staatsorchester Mainz


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Die Feldmarschallin Fürstin Werdenberg
Nadja Stefanoff

Baron Ochs auf Lerchenau
Derrick Ballard

Octavian
Karina Repova /
* Verena Tönjes

Herr von Faninal, ein reicher Neugeadelter
Brett Carter

Sophie, seine Tochter
Sophia Theodorides /
* Alexandra Samouilidou

Leitmetzerin, die Duenna
Maren Schwier

Valzacchi, ein Intrigant
Alexander Spemann

Annina
Niina Keitel

Ein Polizeikommissar
Stephan Bootz

Ein Haushofmeister bei der Feldmarschallin
Scott Ingham

Haushofmeister bei Faninal
* Collin André Schöning /
Scott Ingham

Ein Notar
Tim-Lukas Reuter

Ein Wirt
Patrick Hörner

Ein Sänger
Myungin Lee /
Mark Watson Williams /
Miloš Bulajić /
* Yoonki Baek

Modistin
Michelle Nicklis/
* Franziska Jobst

Tierhändler
Agustin Sanchez Arellano /
* Alexander Simoes

Vier Lakaien / Vier Kellner
Alexander Simoes
Agustin Sanchez Arellano
Doğuş Güney
Dennis Sörös

Hausknecht
Gregor Loebel


Weitere Informationen
erhalten Sie vom
Staatstheater Mainz
(Homepage)




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