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Musiktheater
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Von Thalia geküsst

Eine Wupperetten-Revue
Buch und Dialoge von Laura Knoll
Musik von Eduard Künneke, Ralph Benatzky, Franz Lehár u. a.

In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1 h 50' (keine Pause)

Premiere im Opernhaus Wuppertal am 17. Januar 2025


Wuppertaler Bühnen
(Homepage)
Nostalgische Zeitreise an die Wupper

Von Thomas Molke / Fotos: © Patrick Gawandtka

Thalia ist nicht nur in der griechischen Mythologie eine der neun Musen, die die Inspiration für die  komische Dichtung und die Unterhaltung gegeben haben soll. Sie ist auch Namensgeberin einer heute noch bekannten Buchhandlungskette und zahlreicher Theater. Bis zu Beginn der 1960er Jahre stand in Wuppertal ein Musentempel, der ebenfalls diesen Namen trug und dessen Glanz für fast ein halbes Jahrhundert weit über die Grenzen der Region strahlte. Heute steht an dieser Stelle die Hauptfiliale der Wuppertaler Sparkasse. Rebekah Rota, die seit der vergangenen Spielzeit mit einer sehr persönlichen Note die Geschicke der Wuppertaler Oper leitet, widmet diesem mittlerweile in Vergessenheit geratenen Theater mit Musik aus zahlreichen Operetten einen Abend, den man in der Barockoper Pasticcio genannt hätte. Hier heißt er Wupperetten-Revue, womit sehr gut umrissen ist, was das Publikum an diesem Abend erwartet. Und da ja die Karnevals-Saison bereits begonnen hat, wird zur anschließenden Premierenfeier im Kostüm der 1920er Jahre eingeladen.

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Die Muse Thalia (Edith Grossman) steigt herab.

Das Buch und die Dialoge stammen von Rotas Chefdramaturgin Laura Knoll, die dazu die Wuppertaler Archive durchforstet hat, um die Geschichte mit historischen Fakten anzureichern. Alles beginnt mit der glorreichen Wiedereröffnung des Theaters am 29. August 1929 durch den neuen Theaterdirektor Robert Riemer, der in früheren Jahren hier als Sketch-Schauspieler aufgetreten war und sich 1929 mit hoher Verschuldung einen Traum erfüllte, das mittlerweile heruntergekommene Haus zu renovieren und zu neuem Ruhm zu führen, was ihm in den folgenden Jahren mit einem geschickten Konzept aus Varieté, Film und Musiktheater gelang. So gelang es ihm, bereits in den ersten beiden Jahren nach der Wiedereröffnung rund 3 Millionen Besucherinnen und Besucher trotz Weltwirtschaftskrise in den Musentempel zu locken, so dass es pro Woche rund 14 ausverkaufte Vorstellungen gab, die es ihm ermöglichten, die meisten Schulden zu tilgen. Doch mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 kam das vorzeitige Aus für Riemer. Als Jude wurde er gezwungen, seinen Pachtvertrag aufzulösen und das Theater-Inventar zu einem Dumping-Preis an seinen Nachfolger zu verkaufen.

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Luise (Elia Cohen-Weissert) und Felix (Zachary Wilson) unterhalten sich über ihre Erlebnisse bei der Wiedereröffnung des Thalia-Theaters

Mit diesen historischen Fakten verwebt Knoll nun zwei Liebesgeschichten, die allerdings eigentlich keinen Selbstzweck erfüllen, sondern nur dazu dienen, Gelegenheiten zu bieten, weitere Operetten-Ohrwürmer in die Geschichte einzubauen. Da sind auf der einen Seite Luise Funke und Peter Herzenbruch. Die beiden begegnen sich am Abend der Wiedereröffnung in einer Loge, da Peter als junger Journalist eine Rezension über die Wiedereröffnung schreibt und Luise über ihren Bruder Felix, der im Chor singt, eine Eintrittskarte ergattert hat. Beim Verlassen des Theaters hat sie einen falschen Mantel an der Garderobe erhalten, was auf eine frühere Begebenheit anspielt. Bei der Eröffnung des Hauses am 12. Dezember 1906 soll es an den Garderoben zu regelrechten Kleiderkämpfen und extrem langen Wartezeiten gekommen sein, da die Garderobieren völlig überfordert waren. Für Luise entpuppt sich der falsche Mantel als Glücksfall, da er Peter gehört und sie eine Visitenkarte in der Tasche findet. So kommt es zum glücklichen Wiedersehen der beiden und einem gemeinsam verbrachten Nachmittag in der Schwebebahn. Auf der anderen Seite begegnet Felix der Muse Thalia höchstpersönlich, die sich auf die Erde begeben hat, um Riemer Inspiration für seinen Erfolg zu geben. Unter dem Namen Thali hat sie sich im Chor eingeschlichen und lässt sich von Felix beim Rendezvous ebenfalls zur Schwebebahnfahrt einladen.

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Peter (Merlin Wagner) träumt von Luise.

Das alles wird vom Regie-Team um Rota in eine herrlich opulente Ausstattung gepackt. Die Kostüme von Elisabeth von Blumentahl und Petra Leidner schöpfen aus dem Vollen. Zum einen fangen sie bei den Figuren außerhalb des Theaters das Flair der ausgehenden 1920er und beginnenden 1930er Jahre ein. Zum anderen setzen sie bei den Szenen im Theater auf klassische Optik, so wie man sich die damaligen Inszenierungen vorstellt und vielleicht auch heute wieder wünscht. Die Bühne von Sabine Lindner bietet eine traditionelle Revue-Atmosphäre mit zahlreichen verschiebbaren Show-Treppen und großen halbrunden leuchtenden Bögen. Aus dem Schnürboden werden für einzelne Szenen in Riemers Büro oder in Luises und Felix' Wohnung Rückwände herabgelassen, die schnelle Raumwechsel ermöglichen. Und auch die Schwebebahn darf bei einer Wupperetten-Revue nicht fehlen. So gelingt der Abend optisch sehr ansprechend. Magischen Zauber entfacht dabei die Muse Thalia, die wie eine gute Fee im Märchen aus dem Schnürboden herabgelassen wird und mit viel Glitzerstaub in die reale Welt eindringt. Dabei wird ihr Eingreifen stets mit einem wohlklingenden Harfen-Akkord begleitet. Nur gegen die Nationalsozialisten ist ihr Zauber machtlos. Mit einer bewegenden Personenregie setzt Rota um, wie hier Thalias Magie versagt.

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Humorvolle Anspielung auf das Wetter in Wuppertal: Opernchor mit "Wenn es hier mal richtig regnet"

Musikalisch bietet der Abend ein buntes Potpourri von bekannten und unbekannten Operetten-Melodien und einigen Schlagern der damaligen Zeit. Dabei nehmen drei musikalische Beiträge Bezug auf wahre Ereignisse im Thalia-Theater. So hat Riemer das Haus tatsächlich mit der Ouvertüre aus Franz von Suppés Die schöne Galathée wiedereröffnet, die direkt zu Beginn des Abends aus dem Orchestergraben erklingt, nachdem Riemer durch ein altes Mikrophon auf einem Ständer mit klassischem Hall das Publikum begrüßt hat. Das erste Chorstück, "Hymne an die Kunst", wurde bei der Eröffnung des Hauses am 12. Dezember 1906 vom Elberfelder Gesangsverein "Colombey" präsentiert. Jetzt singt es der Opernchor der Wuppertaler Bühnen unter Leitung von Ulrich Zippelius in mondänen Barockkostümen. Erwähnenswert ist, dass der musikalische Leiter Jan Michael Horstmann dieses Stück neu für das Orchester instrumentieren musste, da hierzu kein Orchestermaterial vorlag. Auch der Auftritt zweier Stars des Hauses, des Tenors Walter Zierau und der österreichischen Opern- und Operettensängerin Vera Schwarz, in ihrer eigenen Abendgarderobe zu Lehárs berühmtem "Lippen schweigen" aus Die lustige Witwe wird aufgegriffen. Die restliche Musikauswahl setzt bis zum melancholischen Schluss auf gute Laune und lädt beim "Schwebebahn-Lied" sogar zum Mitsingen ein. Dafür ist auch extra der Text im Programmheft abgedruckt.

Jan Michael Horstmann, der seine Dirigenten-Karriere als Kapellmeister und Assistent von Peter Gülke an den Wuppertaler Bühnen Anfang der 1990er Jahre begann und seitdem dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch eng verbunden ist, führt das Sinfonieorchester Wuppertal mit scheinbarer Leichtigkeit durch die wunderbaren Melodien und lässt das Publikum in Operetten-Seligkeit schwelgen. Auch die Solistinnen und Solisten begeistern durch große Spielfreude. Edith Grossman stattet die Muse Thalia nicht nur mit warmem Mezzosopran und magischem Spiel aus, sondern macht auch beim Stepptanz eine sehr gute Figur. Zachary Wilson verleiht dem Choristen Felix Funke einen vollen Bariton und gibt mit Grossman ein wunderbares Paar ab, auch wenn es für die beiden im Stück leider kein Happy End gibt, da die Muse Felix am Schluss verlassen muss. Elia Cohen-Weissert und Merlin Wagner geben als Luise und Peter ebenfalls ein reizendes Paar ab. Oliver Weidinger gestaltet den Direktor Robert Riemer als klugen Geschäftsmann mit geschmeidigem Bassbariton, der am Ende mit großer Bitterkeit vor den Nationalsozialisten kapitulieren muss. Vera Egorova punktet mit eindringlichem Spiel als seine Gattin Frieda. Sangmin Jeon gibt den "Startenor" Walter Zierau mit kraftvollem Tenor und herrlichem Spiel. Margaux de Valensart ist als Vera Schwarz leider indisponiert und kann die Rolle nur spielen, während die Partie von Rinnat Moriah aus dem hinteren Bereich der Bühne gesungen wird. Das Publikum zeigt sich begeistert und spendet frenetischen Applaus.

FAZIT

Rebekah Rota beweist ein glückliches Händchen für eine unterhaltsame Revue, die viel Lokalkolorit besitzt und in die kulturelle Geschichte Wuppertals eintauchen lässt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jan Michael Horstmann

Inszenierung
Rebekah Rota

Co-Regie und Choreographie
Edison Vigil

Bühne
Sabine Lindner

Kostüme
Petra Leidner
Elisabeth von Blumenthal

Choreinstudierung
Ulrich Zippelius

Dramaturgie
Laura Knoll

 

Sinfonieorchester Wuppertal

Opernchor der
Wuppertaler Bühnen


Solistinnen und Solisten

Thalia
Edith Grossman

Luise Funke
Elia Cohen-Weissert

Felix Funke
Zachary Wilson

Peter Herzenbruch
Merlin Wagner

Robert Riemer
Oliver Weidinger

Frieda Riemer
Vera Egorova

Walter Zierau
Sangmin Jeon

Vera Schwarz
Margaux de Valensart (Spiel)
Rinnat Moriah (Gesang)

Tanzstatisterie
Banu Beyenal
Daniel Capilla Tovar
Inka Hauptvogel
Nina Jestel
Audrey Juanda
Christian Paul
Yannik Primke
Taleja Pruin
Pascal Richter
Jonas Schroer
Olga Zaslavska

 


Weitere Informationen
erhalten Sie von den
Wuppertaler Bühnen
(Homepage)



Da capo al Fine

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