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Musiktheater
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Das Licht auf der Piazza

Musical in zwei Akten
Buch von Craig Lucas nach der gleichnamigen Erzählung von Elizabeth Spencer, deutsche Übersetzung von Roman Hinze
Musik und Gesangstexte von Adam Guettel

in deutscher und italienischer Sprache mit deutschen und italienischen Übertiteln (der Songs)

Aufführungsdauer: ca. 2 h 30' (eine Pause)

Koproduktion mit der Oper Wuppertal

Premiere im Großen Haus im MiR am 2. November 2025

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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Ein Traum von Langeweile

Von Thomas Molke / Fotos: © Pedro Malinowski

Der 1964 geborene Adam Guettel gehört zumindest in Deutschland zu den eher unbekannten US-amerikanischen Musical-Komponisten der Gegenwart. Allerdings ist er - bisher - auch bei weitem musikalisch nicht so produktiv gewesen wie sein berühmter Großvater Richard Rodgers. Aber sein am 14. Juni 2003 im Intiman Theatre in Seattle, Washington, uraufgeführtes Musical The Light in the Piazza wurde mit sechs Tony Awards ausgezeichnet, unter anderem für die beste Musik und Orchestrierung. Am Broadway lief es ab 2005 in mehr als 500 Aufführungen äußerst erfolgreich. Das mag Grund genug für das Musiktheater im Revier gewesen sein, das Musical in einer Koproduktion mit der Oper Wuppertal nach Deutschland zu holen. Dabei handelt es sich nach den Landesbühnen Sachsen erst um die zweite Inszenierung in Deutschland.

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Margaret (Anke Sieloff, vorne rechts) zeigt ihrer Tochter Clara (Katherine Allen, vorne links) Florenz (hinten links: Luc Steegers als Fabrizio).

Grundlage ist die gleichnamige Novelle von Elizabeth Spencer aus dem Jahr 1960, auf die Guettels Mutter Mary Rodgers aufmerksam wurde und die 1962 mit Olivia de Havilland, Yvette Mimieux und George Hamilton in den Hauptrollen verfilmt wurde. Rodgers war davon so begeistert, dass sie ihrem Vater Richard Rodgers die Geschichte für ein Musical vorschlug. Richard Rodgers zeigte sich auch nicht abgeneigt. Zu einer Umsetzung kam es allerdings nicht, weil sein Liedtexter Oscar Hammerstein II. starb. Ob dies der einzige Grund gewesen ist, mag bezweifelt werden. Denn die Handlung ist, auch wenn sie für die 1960er Jahre als absolut modern und fortschrittlich angepriesen wird, doch sehr dünn. Margaret Johnson reist mit ihrer Tochter Clara nach Florenz. Clara ist aufgrund eines Unfalls, bei dem sie sich ein Schädelhirntrauma zugezogen hat, sehr kindlich und nicht altersgemäß naiv, so dass Margaret das Bedürfnis hat, sie vor der Außenwelt zu schützen. In Florenz verliebt sich Clara in den Italiener Fabrizio. Nachdem Margaret zuerst versucht, die Verbindung zu unterbinden, willigt sie schließlich doch in eine Heirat ein, nachdem sie zunächst mit ihrer Tochter nach Rom abgereist ist. Nach ihrer Rückkehr nach Florenz kommt es zu einer kleinen Irritation, als Fabrizios Familie erfährt, dass Clara sechs Jahre älter als Fabrizio ist. Aber auch diese Sorge kann Margaret Fabrizios Vater mit einem leidenschaftlichen Kuss nehmen, so dass es zu einem Happy End kommt.

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Margaret (Anke Sieloff, links) lernt Fabrizios (Luc Steegers, 2. von rechts) Familie kennen (Mitte: Signor Naccarelli (Patrick Imhof) und Signora Naccarelli (Elpiniki Zervou), rechts: Giuseppe (Sebastian Schiller)).

Da die Geschichte nicht viel hergibt, hat man die Hoffnung, dass wenigstens die Musik einiges bewirken kann, zumal Guettel dafür ja mit zwei Tony Awards ausgezeichnet worden ist. Aber auch davon wird man enttäuscht. Die Melodien sind gefällig, ohne dass sie im Ohr bleiben. Die Musik bleibt stets harmonisch, plätschert jedoch vor sich hin und erreicht nicht einmal den Reiz alter Filmmusik. Die ganze Zeit wartet man darauf, dass im musikalischen Fluss irgendetwas passiert. Selbst der Titelsong im zweiten Akt verpufft, weil er sich nicht vom Rest genügend abhebt. Auch Fabrizios italienischer Liebes-Song im ersten Akt kann die Begeisterung, die er für die junge Frau empfindet, nur bedingt transportieren. Am spannendsten ist vielleicht noch die Nummer der Naccarelli-Familie "Aiutami", in der jeder seinem Unglück freien Lauf lässt. Die Komik entsteht allerdings weniger aus der musikalischen Nummer an sich als vielmehr aus der Erläuterung, mit der sich Signora Naccarelli im Anschluss an das Publikum wendet und ihm Einblicke in die Familien-Geschichte gibt. Selbst dem Finale im ersten Akt, wenn Margaret ihre Tochter mit Fabrizio im Hotelzimmer überrascht, fehlt musikalisch die Dramatik.

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Clara (Katherine Allen) trifft sich heimlich mit Fabrizio (Luc Steegers).

Was macht man folglich, wenn die Musik und die Geschichte nicht viel zu bieten haben? Man versucht, das Publikum mit einer guten Inszenierung zu verzaubern, und dabei hat sich das Regie-Team um Carsten Kirchmeier mit einer großartigen Ausstattung richtig ins Zeug gelegt. Da sind zunächst die wunderbaren Kostüme von Hedi Mohr zu nennen, die modisch auf eine nostalgische Zeitreise in die 1960er Jahre einladen. Margaret und ihre Tochter tragen bei fast jedem Auftritt ein neues bezauberndes Kleid, das andeuten soll, das zwischen den Szenen einige Zeit vergangen ist. Margaret ist dabei ganz die Grande Dame aus einem alten Hollywood-Streifen, und Clara erinnert in einem Kleid sogar an die junge Audrey Hepburn aus Ein Herz und eine Krone. Auch die Bühne von Julia Schnittger ist sehr fantasievoll gestaltet. Als Hauptelemente des Bühnenbildes fungieren Bilderrahmen in unterschiedlichen Größen und Formen. Mal zeigen sie berühmte Gemälde aus den Uffizien. Dann sind sie ein pittoreskes Abbild der Straßen in Florenz. Ergänzt werden sie durch wenige Requisiten wie Stühle und Tische auf der Piazza oder bei den Naccarellis zu Hause, einem Bett im Hotelzimmer, in dem Margaret ihre Tochter mit Fabrizio überrascht, oder eine durchschimmernde Wand, hinter der schemenhaft Margarets Ehemann Roy in Amerika auftaucht, mit dem Margaret mehrere Male während des Stücks telefoniert. Das alles ermöglicht blitzschnelle Szenenwechsel mit großartigen Bildern.

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Margaret (Anke Sieloff, vorne) hofft, dass Clara (Katherine Allen, hinten) mit Fabrizio (Luc Steegers) glücklich wird.

Auch das Ensemble lässt darstellerisch und gesanglich keine Wünsche offen. Die Partie der Margaret ist eine Paraderolle für Anke Sieloff, die absolut glaubhaft die Sorgen der Mutter ausspielt und mit bestimmter Freundlichkeit versucht, auf Distanz zu den Naccarellis zu gehen, dabei aber erkennt, dass ihr Signor Naccarelli mit seiner italienischen Art viel näher kommt als ihr Gatte Roy in Amerika, mit dem sie eigentlich gar nichts mehr verbindet. Diese melancholische Abgeklärtheit wird von Sieloff absolut bewegend umgesetzt, so dass man ihr auch abnimmt, dass sie sich am Ende nicht mehr gegen eine Verbindung zwischen Clara und Fabrizio sperrt, ja sie sogar gegen den Willen von Fabrizios Familie durchsetzt. Katherine Allen spielt die kindliche Naivität der Clara mit großer Leidenschaft aus. Auch ihr plötzlicher Wutausbruch, wenn ihre zukünftige Schwägerin Franca Fabrizio mit einem Kuss Avancen macht, geht in Allens Darstellung unter die Haut. Luc Steegers ist ein wunderbar verliebter junger Fabrizio, wobei er schon eine gewisse Komik versprüht, wenn es ihm zu Beginn des Stückes immer wieder gelingt, "zufällig" auf Clara und ihre Mutter zu treffen. Den Italiener mimt er mit einem glaubhaften Akzent. Das gilt auch für die anderen Familienmitglieder, deren Darstellerinnen und Darsteller im Namen zumindest keine italienischen Wurzeln erkennen lassen.

Mehr Informationen hätte man sich über Fabrizios Bruder Giuseppe und dessen Frau Franca gewünscht, die von Sebastian Schiller und Rebecca Davis ebenfalls mit großer Leidenschaft interpretiert werden. Dass Giuseppe jedoch ein notorischer Fremdgänger sein soll, unter dem seine Frau Franca leidet, weshalb sie Clara vor allen Männern warnen will, bleibt in der Geschichte ein wenig diffus. Patrick Imhof und Elpiniki Zervou runden das spielfreudige Ensemble als Signor und Signora Naccarelli mit großer Spielfreude ab. So gibt es zu Recht für alle Beteiligten großen Beifall, auch wenn das Stück selbst nicht viel hergibt.

FAZIT

Obwohl die Inszenierung traumhaft schön ist, dürfte das Stück trotzdem eher unbekannt bleiben, weil die Geschichte einfach zu unbedeutend ist.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
*Mateo Peñaloza Cecconi /
Askan Geisler

Inszenierung
Carsten Kirchmeier

Bühne
Julia Schnittger

Kostüme
Hedi Mohr

Choreographie
Tenald Zace

Licht
Thomas Ratzinger

Ton
Dirk Lansing

Dramaturgie
Katharina Rückl

 

Neue Philharmonie Westfalen

Statisterie des MiR

 

Solistinnen und Solisten

Margaret Johnson
Anke Sieloff

Clara Johnson
Katherine Allen

Fabrizio Naccarelli
Luc Steegers

Signor Naccarelli
Patrick Imhof

Signora Naccarelli
Elpiniki Zervou

Franca Naccarelli
Rebecca Davis

Giuseppe Naccarelli
Sebastian Schiller

Roy Johnson
Klaus Brantzen

Padre
Maksim Andreenkov

Reiseleiterin
Beatrice Boca



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