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Musiktheater
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Così fan tutte

Dramma giocoso in zwei Akten
Text von Lorenzo da Ponte
Musik von Wolfgang A. Mozart

in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (eine Pause)

Premiere am 13. September 2025 im Opernhaus Leipzig
(rezensierte Aufführung: 10. Oktober 2025)

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Oper Leipzig
(Homepage)

Partnertausch auf der Ferieninsel

Von Stefan Schmöe / Fotos von Kirsten Nijhof

Natürlich ist die Story von Così fan tutte absolut unglaubwürdig. Zwei junge Männer wetten auf die Treue ihrer Verlobten, täuschen ihre Abreise vor, kehren im nächsten Moment verkleidet wieder und erobern im Sturm die Herzen der jeweils anderen, sofortige Heirat inbegriffen. Grober Unfug? Um Logik hat sich die Oper selten geschert, und die Wahrheit liegt im Zweifelsfall in der Musik. Regisseurin Katharina Thoma allerdings fragt, unter welchen Umständen eine solche Farce tatsächlich denkbar wäre.

Szenenfoto Eine Insel als Beziehungslabor: Ensemble

So sehen wir eine winzige Insel mit Bar (Bühne: Sibylle Pfeiffer), auf der die vermeintlich glücklichen Paare Fiordiligi und Guglielmo auf der einen, Dorabella und Ferrando auf der anderen Seite offenbar Urlaub machen - und sich so sehr langweilen, dass die beiden Herren auf die besagte Wette mit ihrem Freund Don Alfonso eingehen. Und die Damen spielen offenbar mit. Der eigentliche Skandal, so sagt die Regisseurin sinngemäß im Programmheft, sei die angebliche Abreise aufgrund einer vermeintlichen Einberufung zum Militär. Die Trauer über die Abreise, daran lässt Mozart keinen Zweifel, ist echt. Ob die schnelle Ankunft in Verkleidungen von den Damen durchschaut wird oder nicht, ist allerdings viel zu ungenau inszeniert. Vielleicht soll das in der Schwebe bleiben, denn immerhin lebt die ziemlich lange Oper ja von diesem Konstrukt. Im Finale allerdings schauen Fiordiligi und Dorabella derartig gelangweilt auf die vermeintlichen "Enthüllungen", dass man davon ausgehen kann: Sie haben ohnehin längst alles verstanden. Blöd nur, dass man als Zuschauer dann genauso gelangweilt ist, weil jegliche Spannung fehlt.

Szenenfoto

Ferrando bedrängt Fiordiligi

Die Insel als abgeschiedenes Beziehungslabor ohne Fluchtmöglichkeit (das offenbar einzige Smartphone verschwindet schnell im Meer) funktioniert schon deshalb nicht gut, weil es ja hin und wieder Auftritte für den Chor gibt, der dann eben irgendwie aus dem Nichts herbeigeholt werden muss. Der Paketdienst schafft es aber offensichtlich auch problemlos in dieses Feriendomizil, denn Fiordiligi und Dorabella lassen sich neue Kleider für die Komödie schicken - ein wenig Hippie-Look löst hier wohl '68er-Retro-Gefühle aus und erleichtert den Partnertausch (Kostüme: Irina Bartels). Guglielmo und Ferrando sehen allerdings in clownesk bunten Anzügen derart unattraktiv aus, dass man nicht recht an erotische Anziehungskräfte glauben mag. Das benutzte Kondom unter dem umgedrehten Schlauchboot signalisiert freilich anderes. Das Vergnügen bleibt kurz: Am Ende bleibt gar kein Paar übrig. Man geht auseinander. Der gemeinsame Urlaub ist also kräftig danebengegangen.

Szenenfoto Finale des ersten Aktes: (von links) Guglielmo und Dorabella, die als Arzt verkleidete Despina, Ferrando und Fiordiligi, außen Don Alfonso

Die Komödie kommt nie wirklich in Gang, weil die eigenartigen Beziehungsspiele abgedrehter Besserverdienender letztendlich ziemlich uninteressant sind. Was nach Reality-TV aussehen soll (auch der Begriff fällt im Programmheft-Interview), bleibt sehr bemüht, weil natürlich jeglicher Reality-Aspekt auf der Opernbühne fehlt. Wenn die Musik von den großen Seelenkonflikten spricht wie in Fiordiligis "Felsenarie", dann sucht die Regie nach Pointen, um das Pathos zu unterlaufen. (Dabei liegt Mozarts feine Ironie doch gerade in dem Spannungsfeld zwischen der Komödiensituation und dem großen Ton der in die Jahre gekommenen opera seria.) Athanasia Zöhrer als jugendlich jubelnde, großformatige Fiordiligi und Gabrielė Kupšytė als warm timbrierte, glutvolle Dorabella singen tapfer gegen die Banalisierung ihrer Figuren an (der recht enge Tenor von Josh Lovell als Ferrando und der geradlinige, wenig verführerische Bariton von Jonathan Michie als Guglielmo können da nicht mithalten). Sejong Chang als sachlicher, recht junger Don Alfonso und Samantha Gaul als keck soubrettenhafte Despina sowie der zuverlässig singende Chor vervollständigen das Ensemble.

Szenenfoto

Zweiter Akt: Dorabella und Guglielmo kommen sich näher

Komödienstimmung will aber auch deshalb nicht aufkommen, weil Matthias Foremny am Pult des ausgezeichneten, mit sattem und warmem Ton spielenden Gewandhausorchesters einen eher gesetzten, würdevollen Mozart dirigiert. Die Tempi sind verhalten, manchmal behäbig, die Kontraste abgemildert. Die Musik klingt edel und ist geschmeidig durchgeformt, aber es fehlt an Esprit und an Theatralik - eben an den schnellen Reaktionen auf die szenischen Entwicklungen. Das betrifft auch die Rezitative, die vom Hammerklavier recht schematisch begleitet werden. Nun muss Così fan tutte nicht um jeden Preis "komisch" klingen (allerdings auch nicht so statisch wie in Foremnys Dirigat), schließlich erzählt die Musik viel von der Tragik hinter der obskuren Handlung und vom Innenleben der Figuren. Dafür aber müsste die Regie sie sehr viel ernster nehmen.


FAZIT
Sex statt großer Gefühle: Katharina Thoma inszeniert Così fan tutte als oberflächlichen Schwank. Man hört dazu viel schöne Musik (mit zwei eindrucksvollen Solistinnen), aber recht wenig musikdramatische Spannung.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
*Matthias Foremny /
Yura Yang

Inszenierung
Katharina Thoma

Bühne
Sibylle Pfeiffer

Kostüme
Irina Bartels

Licht
Susanne Reinhardt

Chor
Alexander Stessin

Dramaturgie
Kara McKechnie

Chor der Oper Leipzig

Gewandhausorchester Leipzig


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Fiordiligi
Athanasia Zöhrer

Dorabella
Gabrielė Kupšytė

Guglielmo
Franz Xaver Schlecht /
Matthias Winckhler /
*Jonathan Michie

Ferrando
Matthias Stier /
*Josh Lovell

Despina
Mirjam Neururer /
*Samantha Gaul

Don Alfonso
*Sejong Chang /
Tuomas Pursio



Weitere
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