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Das Land des Lächelns

Romantische Operette in drei Akten
Libretto von Ludwig Herzer und Fritz Löhner-Beda
Musik von Franz Lehár


in deutscher Sprache (mit Übertiteln)

Aufführungsdauer: ca. 2h 15' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Dortmund am 12. Januar 2019




Theater Dortmund
(Homepage)

Beziehungskrisen gibt's überall

Von Stefan Schmöe / Fotos von Björn Hickmann

Womöglich ist Das Land des Lächelns gar kein Stück über den Zusammenprall zweier Kulturen. Natürlich sieht es so aus, das Sujet scheint eindeutig: Österreichische Gräfin heiratet chinesischen Prinzen, aber die Beziehung scheitert alsbald an den kulturellen Unterschieden. Vier einheimische Frauen muss der Prinz nach den Gesetzen seines Landes ehelichen, die Europäerin dagegen zählt nicht und flieht bei der erstbesten Gelegenheit. Nun ist Lehárs Operette sicher kein Diskurstheater, und China mag in den 1920er-Jahren ein geschickter Vorwand für exotische Kulisse und Musik gewesen sein.

Szenenfoto

Gräfin Lisa, von der Wiener Männerwelt umworben

Vielleicht lässt sich als Kern des Werkes doch eine ganz "normale" europäische Beziehung ausmachen, die den hohen, allzu hohen Ansprüchen des Verliebtseins unter den Zwängen des Alltags nicht gewachsen ist und deshalb scheitern muss. In der Dortmunder Neuinszenierung durch Thomas Enzinger in der opulenten Ausstattung des aus Magdeburg stammenden Bühnenbildners Toto, die vordergründig alle Erwartungen an eine klassische Operettenregie virtuos erfüllt, liegt ein leises "als ob" über der Szene, die immer ein wenig nach Revue aussieht, ganz dezent wohlgemerkt. Es sind keine realen Räume, in denen sich das Geschehen abspielt, sondern zwei Treppen auf der Drehbühne, eine barock geschwungene (für Wien) und eine monumental gerade (für China), aber es sind gleichzeitig auch Treppen einer Showbühne. Die Damen der Wiener Gesellschaft tragen alle das gleiche Kostüm, dessen ins Violette spielendes Rot beim chinesischen Hofstaat aufgegriffen wird. Man kann darin erahnen, dass es im vermeintlich liberalen Europa eine ähnlich reglementierte Etikette gibt wie in Fernost. Aber das ist vielleicht schon zu viel an Interpretation.

Szenenfoto

Kurzes Liebesglück in China: Sou-Chong und Lisa

Es gibt viel zu sehen: Eine Wand aus Lampions, einen riesenhaften Gong (vor den sich im dritten Aufzug ein Gitter senkt und das ferne Land zum Gefängnis umdefiniert), und die fantastischen Kostüme der vier zur Heirat auserwählten mandschurischen Prinzessinnen sind virtuose Designerleistungen. Dabei ist die Regie selbstbewusst genug, um nicht hinter so viel Dekor zu verschwinden. Dem tragischen Paar Lisa und Sou-Chong ist ein Tänzerpaar zur Seite gestellt, die ihre Geschichte choreographisch doppelt (Choreographie: Evamaria Mayer), zudem gibt es ein "chinesisch" tanzendes Trio, das allerdings bei aller Virtuosität eher Kolorit als für die Geschichte Substanzielles beiträgt - auch das kann man unter dem Aspekt der Revue als ein Element sehen, dass die äußere Handlung ein wenig bricht und in die Welt des Theaters einordnet.

Szenenfoto

Sou-Chong soll nach landestypischer Sitte diese vier Prinzessinnen ehelichen

Vor allem aber wirkt der chinesische Prinz Sou-Chong so gar nicht asiatisch - wenn der tatsächlich aus dem Osten nach Wien entsandt wurde, dann allerhöchstens aus dem nahen Budapest. Martin Piskorski singt ihn mit elegantem, baritonal dunklem Tenor, der sich bei den Aufschwüngen in die Höhe, die Lehár in dieser Operette so gerne einkomponiert hat, allerdings strahlender öffnen müsste, aber tatsächlich eher klein wird. Keine ideale Partie also für Piskorski, der das aber recht geschickt kaschiert (und von Dirigent Gabriel Feltz nach Kräften unterstützt wird, indem das Orchester in den entscheidenden Momenten immer zurückgenommen wird). Die Regie versucht gar nicht erst, ihn chinesisch aussehen zu lassen (müsste aber so oder so in der arg konventionell geratenen Personenführung genauer sein). Seine selbstbewusste Gattin Lisa wird von Irina Simmes souverän im Stile einer Operettendiva gegeben, blendend im Aussehen, sicher auftrumpfend in der Stimmführung. Ob es gewollt ist, dass dieses Paar nicht allzu viele individuelle Züge bekommt, sondern mehr der Prototyp des erst hoffnungslos verliebten, dann voneinander enttäuschten Paares ist? Jedenfalls bekommt dies dem Stück ganz gut.

Szenenfoto

Garf Gustav "Gustl" von Pottenstein in China - mit Mi, der Schwester Sou-Chongs

Vor ein paar Wochen hat im benachbarten Wuppertal der dortige Kapellmeister Johannes Pell mit Entschlossenheit und Mut zu Stilbrüchen die opernhaften Momente des Werkes und die "asiatische" Musik darinnen betont. In Dortmund sucht Chefdirigent Gabriel Feltz dagegen die Synthese der verschiedenen Stile. Beide Sichtweisen sind auf ihre Art plausibel (aufregender klang's in Wuppertal). Feltz und die sehr guten Dortmunder Philharmoniker spielen mit großer Delikatesse, in der Lautstärke eher zurückhaltend, nie schwülstig, aber mitunter auch die von Lehár raffiniert gegeneinander gesetzten Momente (die keineswegs die gar nicht so goldenen 20er-Jahre verleugnen, in denen die Operette entstanden ist) nivellierend. Anna Sohn singt die Mi, Schwester des Prinzen, mit schöner lyrischer Stimme, Fritz Steinbacher gibt den um Lisa werbenden und sie schließlich rettenden Graf Gustl mit leichtem Spieltenor. Hiroyuki Inoue bleibt als Tschang, Hüter der chinesischen Traditionen, ziemlich blass. Der Chor der Dortmunder Oper singt zuverlässig.

FAZIT

Großes Theater: Regisseur Thomas Enziger und Ausstatter Toto zeigen das Land des Lächelns in imposanter Ausstattung, behalten aber dabei die nötige Distanz, um sich nicht im Kitsch zu verlieren. Musikalisch ordentlich.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Gabriel Feltz

Inszenierung
Thomas Enzinger

Bühne und Kostüme
Toto

Choreographie
Evamaria Mayer

Licht
Sabine Wiesenbauer

Chor
Fabio Mancini

Dramaturgie
Laura Knoll


Chor der Oper Dortmund

Dortmunder Philharmoniker


Solisten

Lisa
Irina Simmes

Prinz Sou-Chong
Martin Piskorski

Mi
Anna Sohn

Graf Gustav von Pottenstein
Fritz Steinbacher

Tschang
Hiroyuki Inoue

Graf Ferdinand Lichtenfels
Georg Kirketerp

Exzellenz Hardegg
Johanna Schoppa

Ein alter Diener
Christian Pienaar

TänzerInnen
Nicole Eckenigk
Nathalie Gehrmann
Roberto Junior
Josefine Patzelt
André Regazzoni


Weitere
Informationen

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Theater Dortmund
(Homepage)



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