Internationale
Händel-Festspiele Göttingen
11.05.2017 - 28.05.2017
Von Thomas Molke
Was am 26. Juni 1920 im Göttinger Theater mit Händels Oper
Rodelinde begann, sollte in den Folgejahren eine regelrechte "Händel-Renaissance" auslösen,
die dazu führte, dass in diesem Jahr bereits die 97. Internationalen
Händel-Festspiele in Göttingen stattfinden und man schon dem 100-jährigen
Jubiläum entgegenfiebert. Natürlich spielt im großen
Reformationsjubiläumsjahr die sakrale Musik von Händel und seinen
Zeitgenossen eine besondere Rolle, weshalb das diesjährige
Festival unter dem Motto "Glaube und Zweifel" steht. Die historische
Figur Martin Luther ist dabei allerdings nur Ausgangspunkt für die
Fragestellung, was Glauben im religiösen wie im übertragenen Sinne als
Überzeugung für uns heute bedeutet. Aber auch die Oper darf bei diesem
einzigen Opernfestival in Niedersachsen natürlich nicht fehlen.
Deutsches Theater in
Göttingen
Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr Händels Oper
Lotario, die nach einer konzertanten Aufführung 2004 jetzt erstmals
szenisch im Deutschen Theater Göttingen zu erleben ist und damit
einen weiteren Schritt auf dem Weg markiert, bis 2020 alle Händel-Opern in
Göttingen szenisch zur Aufführung zu bringen. Mit diesem Werk eröffnete
Händel 1729 seine zweite Opernakademie in London, nachdem die erste
Operngesellschaft bankrott gegangen war. Hinter der Titelfigur verbirgt sich
der deutsche König Otto, der die verwitwete Königin von Italien, Adelheid
von Burgund, davor bewahrt, Idelberto, den Sohn von Berengario und Matilde
zu heiraten, die beide mit dieser Ehe die Macht in Italien an sich reißen wollen. Da Händel
bereits sechs Jahre zuvor eine Oper unter dem Titel Ottone, re di
Germania über Ottos und Adelheids Sohn, Otto II., komponiert hatte, wurde Otto kurzerhand in Lotario umbenannt. Die Inszenierung
übernimmt der venezolanische Regisseur Carlos Wagner. In der Titelpartie ist
die Mezzosopranistin Sophie Rennert zu erleben. Marie Lys übernimmt die
Partie der Adelaide. Für die Partien der Matilde, des Berengario und ihres
gemeinsamen Sohnes Idelberto konnten Ursula Hesse von den Steinen, Jorge
Navarro Colorado und der Countertenor Jud Perry verpflichtet werden. Am Pult des FestspielOrchesters
Göttingen steht natürlich der
künstlerische Leiter Laurence Cummings. (Premiere im
Deutschen Theater Göttingen am 19. Mai 2017 um 18.00 Uhr, weitere
Aufführungen: 21. Mai 2017 um 17.00 Uhr, 22. und 28. Mai 2017 um 15.00
Uhr und 24. und 26. Mai 2017 um 19.00 Uhr)
Auch ein Public
Viewing wird es in diesem Jahr wieder geben. Am 23. Mai 2017 wird die
aufgezeichnete Premiere der Oper in der Lokhalle kostenfrei ausgestrahlt.
Die Familienfassung der Opernproduktion hat sich ebenfalls zu einem festen
Bestandteil der Festspiele entwickelt. Dieses Mal wird Juri Tetzlaff, der
bei Kindern und Jugendlichen als Moderator des "Tigerenten Clubs" bekannt
sein dürfte, gemeinsam mit den Solisten und dem FestspielOrchester unter der
Leitung von Laurence Cummings eine gekürzte Fassung am 27. Mai 2017 um 12.00
Uhr in der Stadthalle Göttingen präsentieren. Hinzu kommt eine
neue Jugendoper unter dem Titel Beyond Doubt: Lotario, in der
Jugendliche unterschiedlicher kultureller Herkunft Händels Oper auf aktuelle
heutige Probleme übertragen. Die Premiere findet bereits vor dem offiziellen
Beginn der Festspiele am 6. Mai 2017 um 18.00 Uhr im Jungen Theater statt.
(Weitere Aufführungen: 7. und 28. Mai 2017 um 15.00 Uhr, 11. und 12. Mai
2017 um 18.00 Uhr und 27. Mai 2017 um 16.00 Uhr)
Als halbszenische
Aufführung mit barocken Kostümen gibt es dann am 20. Mai 2017 um 18.00 Uhr
in der Stadthalle Göttingen Händels Lucio Cornelio Silla in
Kooperation mit den Tagen der Alten Musik Herne (siehe auch
unsere
Rezension zur Aufführung im November 2016) und den Ludwigsburger
Schlossfestspielen. Wie in Herne sind der Countertenor Dmitry Sinkovsky
in der Titelpartie und Anna Dennis als Metella zu erleben. Die musikalische
Leitung des Enembles 1700 liegt wieder in den Händen von Dorothee Oberlinger.
Zum Ausklang der
Festspiele steht dann noch am 27. Mai 2017 um 19.45 Uhr in der Lokhalle
Joseph Haydns L'anima del filosofo ossia Orfeo ed Euridice auf dem
Programm. In der Partie des Liebespaars sind Simone Kermes und Simon Bode zu
erleben. Jochen Kupfer übernimmt die Partie des Creonte. Das Göttinger
Symphonie Orchester begleitet die Aufführung unter der Leitung ihres GMD
Christoph-Mathias Mueller.
Den sakralen
Schwerpunkt bilden in diesem Jahr:
- das
Oratorium Israel in Egypt am 14. Mai 2017 um 18.00 Uhr in der St.
Johannis-Kirche,
- das
Oratorium Luther in Worms von Ludwig Meinardus am 21. Mai 2017 um
19.00 Uhr in der St. Johannis-Kirche,
- die Brockes-Passion am 25. Mai
2017 um 18.00 Uhr in der Stadthalle Göttingen und
- ein Konzert des Ensembles Concerto Romano mit katholischer Kirchenmusik
von Händel und seinen italienischen Zeitgenossen am 27. Mai 2017 um 15.00
Uhr in der St. Laurentius-Kirche Gieboldehausen.
Neu ist ein Projekt
unter dem Titel göttingen händel competition vom 12. - 15. Mai 2017,
das die früher über Herbst und Winter verteilten vier Konzerte der
Göttinger Reihe Historischer Musik ablöst. An den ersten beiden Tagen
präsentieren sich im Adam-von-Trott-Saal in der Alten Mensa ab 10.00 Uhr
morgens acht Ensembles, von denen die drei besten am 15. Mai 2017 um 19.30
Uhr im Preisträgerkonzert im Rittersaal im Welfenschloss Hannover
Münden zu hören sind.
Ein weiterer Höhepunkt
dürfte das Galakonzert mit Dominique Labelle am 13. Mai 2017 um 19.30 Uhr in
der Stadthalle sein. Nach ihrer umjubelten Darstellung der Medea in Händels
Teseo 2011 in Göttingen kehrt die Sopranistin endlich wieder nach
Göttingen zurück, um neben Werken von Händel und C. P. E. Bach Georg Philipp
Telemanns dramatische Kantate Ino vorzustellen.
Außerdem sind die beiden ECHO-Klassik-Preisträger
Andreas Staier am 14. Mai 2017 um 11.00 Uhr in der Aula der Universität und Avi Avital mit dem Slam-Poeten Pierre Jarawan
am 18. Mai 2017 um 20.30 Uhr im Biotechnikum der KWS SAAT SE in Einbeck
zu erleben. Jarawans Romandebüt Am Ende bleiben die Zedern war
mehrere Wochen lang auf den deutschsprachigen Bestseller-Listen präsent.
Das Symposium am 26. Mai 2017 im Adam-von-Trott-Saal der
Alten Mensa der Universität Göttingen nimmt den Hamburger Dichter Barthold
Heinrich Brockes näher in den Blick. Mehrere Experten werden dabei seine
Bedeutung für die Musik am Beispiel unterschiedlicher Barockkomponisten
herausarbeiten.
Das komplette Programm ist unter
Händelfestspiele
abrufbar.