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Salzburger Pfingstfestspiele 02.06.2017 - 05.06.2017
Arienmatinee Max Emanuel Cencic Aufführungsdauer: ca. 2 h 20' (eine Pause) Montag, 5. Juni 2017, 11.00 UhrStiftung Mozarteum - Großer Saal |
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Vom Liebestraum zum Liebeswahn Von Thomas Molke / Foto: © Marco Borrelli Vor zwei Wochen war Max Emanuel Cencic noch als Siroe in Hasses gleichnamiger Oper bei den Internationalen Maifestspielen im Staatstheater Wiesbaden zu Gast, einer Produktion, bei der er auch die Regie übernommen hat (siehe auch unsere Rezension). Nun gibt der vielseitige Countertenor, der sich stark für die Wiederentdeckung und Aufführung vergessener musikalischer Schätze des 18. Jahrhunderts einsetzt, sein Debüt bei den Salzburger Pfingstfestspielen. Für seine Arienmatinee im Großen Saal der Stiftung Mozarteum hat er ein Programm zusammengestellt, das sich mit verschiedenen Vertonungen von Ariostos Versepos Orlando furioso befasst. Zwar gehört die Geschichte des Markgrafen Roland, der als Paladin mit Karl dem Großen im 8. Jahrhundert gegen die Sarazenen in Spanien gekämpft hat und aufgrund seiner unerwiderten Liebe zu der chinesischen Prinzessin Angelica, die ihm den Sarazenenkrieger Medoro vorzog, dem Liebeswahn verfallen und zum rasenden Roland geworden sein soll, eigentlich nicht zum Themenkomplex der diesjährigen Festspiele, einem von der Romantik verklärten Blick auf Schottland, bedient aber mit furchtlosen Rittern, tosenden Schlachten und unerfüllten Liebschaften ein ähnliches Sujet.Max Emanuel Cencic Von den zahlreichen spätbarocken Vertonungen des Orlando furioso hat Cencic drei Komponisten ausgewählt, um die unterschiedlichen Stadien von Orlandos Liebestraum zum Liebeswahn aufzuzeigen. Die älteste Vertonung stammt von Nicola Porpora, der als einer der ersten Komponisten Pietro Metastasios Textbuch L'Angelica aus dem Jahr 1720 in der Serenata Angelica e Medoro bearbeitete, die anlässlich des 29. Geburtstags der Gemahlin Karls VI., Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel am 28. August 1720 uraufgeführt wurde und bei der ein aufstrebender junger Kastrat, Carlo Broschi, der unter dem Namen Farinelli zu Weltruhm gelangte, sein Debüt gab. Die zweite Vertonung, Vivaldis Orlando furioso, dürfte wohl die bekannteste sein. Vivaldi hatte sich zwar bereits 1714 mit dem Stoff unter dem Titel Orlando finto pazzo (Der scheinbar wahnsinnige Roland) beschäftigt, arbeitete das Werk aber komplett um und brachte es 1727 unter neuem Titel im Teatro Sant'Angelo in Venedig zur Uraufführung. Der dritte Komponist ist Georg Friedrich Händel, der mit seiner Fassung 1733 in London einen riesigen Erfolg verbuchen konnte. Max Emanuel Cencic und George Petrou mit dem Ensemble Armonia Atenea Cencic fasst jeweils zwei Arien zu einem Block zusammen, dem er eine kurze Lesung voranstellt, die jeweils die Gefühlsregungen des Helden beschreiben sollen. Zu Beginn scheint die Welt noch in Ordnung, wobei die erste Arie allerdings nicht Orlando gehört, sondern Ruggiero, der sich in Vivaldis Oper in Alcinas Zauberreich verirrt und von ihr derart verhext wird, dass er seine Geliebte Bradamante vergisst. In seiner Arie "Sol da te mio dolce amore" besingt er in harmonischem Dialog mit der Traversflöte seine große Liebe zu der Zauberin. Cencic findet mit samtener Stimme hier sehr weiche Töne und zaubert mit zartem Klang eine pastorale Idylle. Erst in der zweiten Arie kommt Orlando dann selbst zu Wort. In "Fammi combattere" aus Händels Oper beteuert Orlando seiner Geliebten Angelica seine Liebe und Treue. Cencic begeistert hier mit leicht angesetzten, leuchtenden Koloraturen, die den Helden noch im Vollbesitz seiner mentalen Kräfte zeigen. Ähnlich harmonisch startet der zweite Block, in dem Cencic zwei Arien aus Porporas Oper präsentiert. Orlando ist hier zwar schon unglücklich in Angelica verliebt, aber noch vermag die Ruhe in der Natur ihm Trost zu spenden. "Ombre amene" ist ein zartes Lamento, in dem Cencic erneut durch weiche Bögen überzeugt. In der zweiten Arie, "Vanne, felice rio", sind Orlandos Zweifel zunächst einmal beseitigt. Angelica hat sich ihm gegenüber sehr freundlich gezeigt, um ihren Geliebten Medoro, der sich in der Nähe versteckt hält, nicht zu gefährden. Wenn sie dann im nahe gelegenen Bach ein Bad nimmt, beneidet Orlando das Wasser, das die Geliebte umspült. Nach der Pause macht sich zunächst Verzweiflung breit. In "Già l'ebro mio ciglio" aus Händels Oper fürchtet Orlando, seine Geliebte Angelica getötet zu haben, und macht sich schwere Vorwürfe. Die Verzweiflung wechselt dann in Wut. In der folgenden Gleichnisarie "Sorge l'irato nembo" vergleicht Orlando Bradamantes Zorn auf den untreuen Ruggiero mit einem aufziehenden Gewitter über dem Meer. Im letzten Block verfällt dann auch Orlando dem Wahn, was sich in halsbrecherischen Koloraturen äußert, die Cencic mit großartiger Virtuosität meistert. Das Ensemble Armonia Atenea präsentiert sich unter der musikalischen Leitung von George Petrou nicht nur als kongenialer Begleiter bei Cencics Arien, sondern begeistert auch zwischen den Arienblöcken mit zwei Concerti von Vivaldi. Einen weiteren Glanzpunkt stellt die Sonate "La follia" dar, die den letzten Block des Wahnsinns einleitet. Petrou arbeitet mit dem Ensemble Armonia Atenea die 19 Variationen, die alle auf einem gleichbleibenden harmonischen Thema basieren differenziert und mit großartigen Steigerungen heraus, was beim Publikum frenetischen Beifall auslöst. Für die Zugabe muss dann ein anderer Held herhalten. Cencic präsentiert aus Händels Oper Arminio die Arie "Si, cadro", mit der er in der Titelpartie bei den Händel-Festspielen in Karlsruhe letztes Jahr und dieses Jahr in der Wiederaufnahme glänzte (siehe auch unsere Rezension). Und wenn Arminio in dieser Arie mit furiosen Koloraturen seinem drohenden Tod tapfer ins Auge sehe, so Cencic, habe das ja gewissermaßen auch mit Wahnsinn zu tun. Das Publikum bedankt sich mit großem Jubel. FAZIT Max Emanuel Cencic gibt mit seiner Arienmatinee ein fulminantes Debüt bei den Salzburger Pfingstfestspielen. Weitere Rezensionen zu den Salzburger Pfingstfestspielen 2017 |
AusführendeMax Emanuel Cencic, Countertenor Armonia Atenea George Petrou, Musikalische Leitung
WerkeAntonio Vivaldi "Sol da te mio dolce amore" Georg Friedrich Händel Antonio Vivaldi
Nicola Porpora Georg Friedrich
Händel Antonio Vivaldi Sonate d-Moll für zwei Violinen und Basso continuo RV 63 - "La follia" Georg
Friedrich Händel Antonio Vivaldi
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