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Tanz ins Licht Von Thomas Molke / Foto: © Leszek Januszewski
2021 jährt sich der Todestag von Dante Alighieri zum 700. Mal. Aus Anlass dieses Jubiläums hatte der Dortmunder Ballettdirektor Xin Peng Wang gemeinsam mit seinem Chefdramaturgen Christian Baier über einen Zeitraum von drei Jahren geplant, Dantes Versepos Divina Commedia als Tanzabend in drei Teilen auf die Bühne zu bringen, der dann im Jubiläumsjahr mit einem großen Abend mit zwei Pausen präsentiert werden sollte. Die Corona-Pandemie hat diese zeitliche Umsetzung nicht möglich gemacht. Während Wang und Baier 2018 in die Feuerschlünde des Inferno hinabgestiegen sind (siehe auch unsere Rezension) und 2019 die Anhöhe des zweiten Teils, Purgatorio, erklommen haben (siehe auch unsere Rezension), sollte in der vergangenen Spielzeit das Paradiso erreicht werden. Immerhin konnte man diese Ankunft im Mai 2021 digital realisieren und dem Publikum präsentieren (siehe auch unsere Rezension). Wenn Wang in der Spielzeit 2023/2024 sein 20-jähriges Jubiläum am Theater Dortmund feiert, soll dann das vollendet werden, was bereits zum 700. Todestag des Mannes, der die wohl bedeutendste Dichtung der italienischen Literatur geschaffen und gleichzeitig die italienische Sprache als Schriftsprache begründet hat, geplant war. Nun kann man aber zu seinen Ehren in Dortmund zumindest den dritten Teil erleben, und das in einem so voll besetzten Opernhaus, wie man es seit Ausbruch der Pandemie nicht mehr erlebt hat. Dante (Javier Cacheiro Alemán) auf dem letzten Abschnitt seiner Reise Dantes Paradiso besteht aus 33 Gesängen, in denen Beatrice Dante, nachdem er das Fegefeuer überwunden hat, durch die neun himmlischen Sphären des Paradieses führt, bis er schließlich vor dem dreieinigen christlichen Gott steht. In einem Erkenntnisblitz versteht er das Geheimnis der Menschwerdung Gottes und wird von göttlicher Liebe erfüllt. Die himmlischen Sphären, die er dabei durchschreitet, sind konzentrisch wie im aristotelischen und ptolemäischen Weltbild aufgebaut und stellen den Mond, Merkur, Venus, die Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, die Fixsterne und das Primum Mobile dar. Während bei den ersten drei Stationen noch Schwächen bei der Tapferkeit, Gerechtigkeit und Mäßigung zu erkennen sind, geht es über die vierte Kardinaltugend, die Weisheit, zu positiven Beispielen der drei genannten Tugenden bis hin zu den drei theologischen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Dante trifft auf diesem Weg zahlreiche berühmte Heilige der christlichen Kirche, wie Thomas von Aquin, Petrus und Johannes und unterhält sich mit ihnen. Xin Peng Wang und Christian Baier beschränken sich in ihrer Lesart für den Tanzabend allerdings auf Dante (Javier Cacheiro Alemán / Aidos Zakan) und Beatrice (Amanda Vieira / Daria Suzi) und lassen konkrete Inhalte des Versepos weg. Ensemble vor dem Primum Mobile Die Musik für diesen Tanzabend stammt von der Formation 48nord, die 1998 von dem Rockmusiker, Komponisten und Elektroniker Ulrich Müller und dem im November 2020 verstorbenen Bassisten, Komponisten und Elektroniker Siegfried Rössert gegründet wurde und sich vor allem durch elektronische Klangräume auszeichnet. Seit 2013 gehört auch der Schlagzeuger und Komponist Patrick Schimanski zu diesem Kollektiv. Müller und Rössert haben für den Ballettabend Klänge zusammengestellt, die in verschiedene akustische Sphären führen sollen. So wird Dantes Weg durch die unterschiedlichen Regionen musikalisch mit abstrakten Klangfarben untermalt, die mal für das Brausen der Sonnenwinde stehen, dann das Rauschen von vorbeiziehenden Kometen andeuten, das Blinken weit entfernter Sterne einfangen oder bisweilen wie ein Herzschlag klingen, der das Weltall in Bewegung hält. Ein anderes Mal glaubt man, ein heftiges, schweres Atmen zu hören oder die Geräusche einer Lungenmaschine auf einer Intensivstation. Der Klang bleibt so abstrakt wie die Bilder, die Wangs Choreographie bietet, wird aber von den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Philipp Armbruster eindrucksvoll live begleitet. Zu Beginn des Abends sieht man einen gewaltigen Lichtkreis auf der Bühne, der aus mehreren Scheinwerfern besteht. Dieser wird hochgezogen und gibt den Blick auf die Tänzerinnen und Tänzer frei. In der Mitte befindet sich Dante (Javier Cacheiro Alemán), der wohl nun den Läuterungsberg überwunden hat und die weitere Reise antritt. Er trägt ein weißes Hemd und eine weiße Hose und wirkt inmitten der Tänzerinnen und Tänzer, die ebenfalls alle hell gekleidet sind und mit den hellen Mustern auf ihren Kostümen ein wenig an Figuren aus den "Körperwelten" erinnern, verloren. Doch dann tritt Beatrice (Amanda Vieira) mit einem weißen Kleid und einem weißen Schleier auf. Zunächst nähern sich die beiden sehr vorsichtig einander an. Doch dann kann ihre gemeinsame Reise beginnen. Bei den einzelnen Sphären, die nun angedeutet werden, sind vor allem die Lichteffekte von Carlo Cerri hervorzuheben, die mal einen Lichtkreis, dann nur einen Ring auf der Bühne andeuten und später die Tänzerinnen und Tänzer wie engelhafte Lichtquellen auf einer nahezu dunklen Bühne erscheinen lassen. Auch wenn auf dem Besetzungszettel die Tänzerinnen und Tänzer nur als "Damen" und "Herren" aufgeführt werden, treten sie vereinzelt auch solistisch in Erscheinung. Da ist zum Beispiel Guillem Rojo i Gallego zu nennen, der mit einem eindrucksvollen Solo begeistert. Im Vergleich zum digitalen Stream vermittelt die Live-Aufführung eine viel intensivere Atmosphäre, da der Gesamteindruck eine ganz andere Wirkung erzeugt als die Nahaufnahmen, auf die sich der Stream stellenweise konzentriert hat. Zwischen einem von der Decke herabfahrenden Ring aus Scheinwerfern, befindet sich eine weitere Projektionsfläche, die mal als Spiegel fungiert und die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne doppelt, dann in geheimnisvollem Grün einen Hauch von Natur in eine sonst sehr düstere Welt bringt und schließlich wie eine Art göttliches Auge auf Dante herabblickt. Das ist sehr eindrucksvoll und wirkt nicht so dunkel und düster wie im Video-Stream. Ob Dante wie im Epos am Ende aber wirklich vor dem göttlichen Schöpfer steht, lässt Wang in gewisser Weise offen. Zwar tritt Dante gemeinsam mit Beatrice in den göttlichen Kreis und befindet sich nun auf einer Ebene über den übrigen Tänzerinnen und Tänzern, die in hellen, fließenden Kostümen regelrecht zu strahlen scheinen. Dort Dante und Beatrice sind in diesem Kreis allein. Das könnte man auch so interpretieren, dass sie nach langen Wirrungen und Irrungen nun endlich zueinander gefunden haben. Javier Cacheiro Alemán zeichnet die Hauptfigur Dante mit starkem Ausdruck und kraftvollen Bewegungen. Amanda Vieira wirkt als Beatrice sehr filigran und überzeugt durch grazile Bewegungen auf Spitze. Die übrigen Tänzerinnen und Tänzer unterstreichen das hohe Niveau der Dortmunder Compagnie mit eindrucksvollen kleinen Soli, Duetten und Ensembles. Das Publikum feiert das Ensemble und den Ballettdirektor mit frenetischem Beifall und stehenden Ovationen. FAZITXin Peng Wang bringt seine Tanztrilogie eindrucksvoll zu Ende. Die Aufführung im Opernhaus wirkt weniger düster als der Stream im Internet und vermittelt einen positiveren Blick auf das "Paradies". Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung und Choreographie
Bühnenbild und Videodesign
Kostüme
Lichtdesign
Konzept, Szenario und Dramaturgie
Dortmunder Philharmoniker
Tänzerinnen und Tänzer *Premierenbesetzung
Beatrice
Dante
Damen
Herren
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E-Mail: oper@omm.de