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Salon Pitzelberger & Co
(M. Choufleuri restera chez lui le...)

Operette in einem Akt
erweitert um Einlagen aus den Operetten Pomme d'Api, Le 66, Les Bavards, Les Brigands, Orpheus in der Unterwelt, La Perichole und Lischen et Fritzchen
Konzeption und Textfassung von Ulrich Proschka, Musikalisches Arrangement von Michael Preiser
Musik von Jacques Offenbach

in deutscher Sprache mit Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 50' (keine Pause)

Premiere im Theater Krefeld am 1. Oktober 2021(Premiere im Theater Mönchengladbach am 22. Mai 2021)

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Theater Krefeld-Mönchengladbach
(Homepage)
Opernparodie mit Offenbach

Von Thomas Molke / Fotos: © Matthias Stutte

Als kurz vor Ende der vergangenen Spielzeit nach mehrmonatigem Corona-bedingten Lockdown die Bühnen in NRW den Theaterbetrieb vor Publikum wieder aufnahmen, begannen sowohl das Aalto Theater Essen als auch das Theater Mönchengladbach mit einem Operetteneinakter von Jacques Offenbach, der mit relativ kleiner Besetzung die Umsetzung der geltenden Abstands- und Hygieneregeln auch auf der Bühne ermöglichte. Da der französische Titel M. Choufleuri restera chez lui le... aber etwas sperrig wirkt und diese Redewendung als Einladung zu einer Soirée nicht mehr geläufig ist, hat man in Essen den Abend Auf Ihr Wohl, Herr Blumenkohl! genannt und eine eigene Textfassung mit musikalischen Einlagen von Gioachino Rossini und Wolfgang Amadeus Mozart erstellt (siehe auch unsere Rezension). In Mönchengladbach hat man auf einen Titel zurückgegriffen, unter dem das Stück im deutschsprachigen Raum einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte: Salon Pitzelberger. Um anzudeuten, dass es sich hierbei um eine Bearbeitung mit Einlagen aus anderen Operetten Offenbachs handelt, hat man dem Titel den Zusatz & Co gegeben. Diese Fassung feiert nun auch im Theater Krefeld Premiere.

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Waldemar Pitzelberger (Matthias Wippich, vorne) lädt zur Soirée in seinen Salon ein (im Hintergrund: Paul Petermann (Markus Heinrich)).

Bevor Offenbach durch seine abendfüllenden Operetten Orphée aux enfers, La belle Hélène und La Grande-Duchesse de Gérolstein Weltruhm erlangte, feierte er in Paris mit seinen komischen Einaktern Erfolge, die er für sein 1855 eröffnete Théâtre des Bouffes-Parisiens komponierte. M. Choufleuri restera chez lui le... wurde zunächst in einer privaten Soirée am 31. Mai 1861 im Palais Bourbon in Anwesenheit von Napoléon III. gezeigt, bevor es am 14. September 1861 mit großem Erfolg im Bouffes-Parisiens Premiere feierte. In der Wiener Fassung Salon Pitzelberger wird aus dem neureichen Choufleuri Julius Pitzelberger, der die feine Gesellschaft in seinen bürgerlichen Salon einlädt, um mit einer Opern-Soirée gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen. Dabei passt es ihm gar nicht, dass seine Nichte Ernestine in den mittellosen Komponisten Babylas verliebt ist. Doch die drei angekündigten namhaften Opernstars sagen ab, was Pitzelberger vor große Probleme stellt, da er bei einer Absage der Gala um seinen gesellschaftlichen Ruf fürchtet. Da hat Ernestine die rettende Idee. Sie schlägt ihrem Onkel vor, dass er selbst gemeinsam mit ihr und Babylas in die Rollen der Opernstars schlüpft. Der Schwindel fliegt nicht auf, da die angeblich kulturell so gebildete Gesellschaft mehr Interesse am Essen nach der Gala als an der eigentlichen Darbietung hat. Als Gegenleistung muss Pitzelberger allerdings Babylas als Ehemann für Ernestine akzeptieren.

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Ernestine (Sophie Witte) liebt den mittellosen Komponisten und Fagottisten Babylas (David Esteban).

Das Regie-Team um Ulrich Proschka hat sich für die Produktion im Theater Krefeld-Mönchengladbach an der Wiener Fassung orientiert, aber eine eigene Textfassung erstellt und zahlreiche musikalische Eingriffe vorgenommen. So hat Michael Preiser die Partitur für insgesamt zehn Musiker*innen (vier Blasinstrumente, vier Streichinstrumente, ein Piano und ein Schlagzeug) arrangiert. Mit weiterem Personal und Einlagen aus anderen Operetten Offenbachs ist der Abend auch wesentlich länger. Proschka verlegt die Geschichte in das Berlin der Gründerzeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg. Pitzelberger heißt hier Waldemar und ist ein Unternehmer, der sich vom märkischen Rübenbauer zum Zuckerfabrikanten und schließlich zum Hersteller von Industriealkohol emporgearbeitet hat. Ernestine ist seine Tochter, für die er auch bereits einen Gatten auserkoren hat, den japanischen Geschäftspartner Tamago Shokumo. Zum Glück hat Ernestine aus ihrer Zeit am Schweizer Internat ihre Freundin Wanda Stiefel mitgebracht, die an dem schüchternen Japaner wesentlich mehr Interesse zeigt als die selbstbewusste Ernestine. Außerdem wird noch eine resolute Hausdame engagiert, Melusine von Lotz, die der Tochter Benimmregeln beibringen soll, dabei aber dem Alkohol nicht ganz abgeneigt ist und großes Interesse an dem ehemaligen Gärtner Paul Petermann zeigt, der jetzt als vornehmer Butler James den Schein der feinen Gesellschaft wahren soll. Hinzu kommt noch das Kunstfaktotum Jean-Charles de Cataract, der der Soirée mit einer künstlerisch ausgefeilten Dekoration den letzten Schliff geben soll.

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Die resolute Melusine von Lotz (Gabriela Kuhn, vorne rechts) soll für Ordnung im Haus sorgen (hinten von links: Wanda Stiefel (Maya Blaustein), Tamago Shokumo (Woongyi Lee) und Paul Petermann (Markus Heinrich)).

Das Bühnenbild von Christine Knoll zeigt einen hohen Raum mit einer Doppeltür im linken Bühnenhintergrund, einem riesigen Fenster auf der rechten Seite und einer kleinen Bühne in der Mitte, die Cataract für die Gala vorbereitet und die zunächst mit einem rosafarbenen Vorhang bedeckt ist. Während der Ouvertüre wird das Zimmer von Pitzelberger, Ernestine und Petermann dekoriert, wobei deutlich wird, dass alle drei eine recht unterschiedliche Vorstellung haben. Während Petermann als Gärtner einen großen Blumenstrauß im Mittelpunkt sehen möchte und Ernestine eine Büste Richard Wagners anhimmelt, der wohl stellvertretend für den von ihr geliebten Komponisten steht, ist Pitzelberger ganz Geschäftsmann und möchte Reminiszenzen an die Rüben unterbringen. So wird über dem Eingang eine riesige Rübe angebracht, und ein Kästchen, das den Aufstieg vom Rübenbauer zum Unternehmer dokumentiert, wird von Pitzelberger immer wieder ins Zentrum gerückt. Das alles passiert mit viel Spielwitz und Tempo. Bei den drei "namhaften" Opernstars, die die Gala kurzfristig abgesagt haben, hat man sich für Lucano Vaporetti, Placebo Flamingo und Joyce DiDinota entschieden, mit denen das heutige Publikum sicherlich mehr verbinden kann als mit Henriette Sontag, Giovanni Battista Rubini und Antonio Tamburini, die im Original genannt werden.

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Ernestine (Sophie Witte) und Babylas (David Esteban) bei der Opernaufführung (rechts neben der Bühne: Jean-Charles de Cataract (hier: Robin Grunwald) und Paul Petermann (Markus Heinrich))

Das Ensemble setzt die leicht verrückte Handlung mit großem Spielwitz um. Da ist zunächst Matthias Wippich zu nennen, der den Unternehmer Pitzelberger herrlich wichtigtuerisch darstellt. Wie er verzweifelt versucht, seine einfache Herkunft zu verbergen und mit allen Mitteln seinen Platz in der feinen Gesellschaft zu ergattern, wird von Wippich mit großartiger Komik umgesetzt. Besonders amüsant gelingt ihm auch sein Auftritt als Lucano Vaporetti, der beim Spiel im Spiel die Gäste darüber hinwegtäuschen kann, dass er gar kein Italienisch versteht oder spricht. Sophie Witte legt seine Tochter Ernestine mit keckem Spiel und leichtem Sopran an. Man nimmt ihr ab, dass sie im Internat nicht Folgsamkeit sondern Selbstbestimmung gelernt hat. Musikalisch witzig ist die Kommunikation mit ihrem Geliebten Babylas, wenn Witte am Klavier mit dem Fagottisten im Orchestergraben sich von einem "Schmankerl" in das nächste Liebesstück steigert. David Esteban gibt den mittellosen Komponisten Babylas mit tenoralem Schmelz und großem Selbstbewusstsein. Auch er zeigt beim Spiel im Spiel als Placebo Flamingo großen Spielwitz. Markus Heinrich und Gabriela Kuhn setzen als ehemaliger Gärtner Paul Petermann und neue Hausdame Melusine von Lotz vor allem komische Akzente. Robin Grunwald musste die Aufführung krankheitsbedingt absagen, so dass Rafael Bruck kurzfristig als Jean-Charles de Cataract eingesprungen ist. Die Mitglieder des Chors, die als Kapital, Klerus, Militär und Adel die feine Gesellschaft repräsentieren unterstreichen ebenfalls den parodistischen Charakter, wenn sie sich allesamt als Kunstbanausen offenbaren. So bereitet der Abend dem Publikum großen Spaß und wird mit viel Beifall belohnt.

FAZIT

Das Stück an sich kann es zwar musikalisch und inhaltlich nicht mit Offenbachs bekannteren Werken aufnehmen, ist aber in der Inszenierung von Ulrich Proschka sehr unterhaltsam und bietet einen kurzweiligen Operettenabend.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Sebastian Engel

Inszenierung
Ulrich Proschka

Bühnenbild
Christine Knoll

Kostüme
Kristopher Kempf

Dramaturgie
Andreas Wendholz

 

Niederrheinische Sinfoniker

 

Solisten

*Premierenbesetzung

Waldemar Pitzelberger, Unternehmer
Matthias Wippich

Ernestine, seine Tochter
Sophie Witte

Kasimir Babylas, Komponist
David Esteban

Paul Petermann, der Butler, ehemals Gärtner
Markus Heinrich

Melusine von  Lotz, die neue Hausdame
Gabriela Kuhn

Tamago Shokumo, Pitzelbergers Kompagnon
Woongyi Lee

Jean-Charles de Cataract, Kunstfaktotum
Robin Grunwald /
*Rafael Bruck

Wanda Stiefel, Ernestines Internatsfreundin
Maya Blaustein

Gäste (Chor)

Rittmeister Stiefel mit Gattin Wellgunde
Manfred Feldmann
Margriet Schlössels

Konsul Caputh mit Gattin Clothilde
Robin Liebwerth
Sabine Sanz

Kommerzienrat Höllriegel mit Gattin Adele
Gereon Grundmann
Anne Heßling /
*Nele van Deyk

Hofprediger Fromme mit Mutter Helene
Kairschan Scholdybajew /
*Irakli Silagadze
Birgitta Henze

 


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