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Dips

Dreiteiliger Ballettabend anlässlich des 10. Jubiläums des NRW Juniorballetts
mit Choreographien von Nadav Zelner, Marco Goecke und Xin Peng Wang

Drama Class (Uraufführung)
Choreographie
von Nadav Zelner, Musik von Craig Hella und Frank Tichelli, Giacomo Puccini, Max Richter, Willard Robinson, Dmitri Schostakowitsch und John Williams

Blushing
Choreographie von Mar
co Goecke, Musik von Tom Waits, Garbage, Ho Road, The Cramps u. a.

Saturn
Choreographie von
Xin Peng Wang, Musik von 48nord

Aufführungsdauer: ca. 2 h 5' (eine Pause)

Premiere im Opernhaus Dortmund am 22. Februar 2025
(rezensierte Aufführung: Derniere am 16. Mai 2025)



Theater Dortmund
(Homepage)

Von Zerrissenheit zu einem hoffnungsvollen Ausblick

Von Thomas Molke / Fotos: © Leszek Januszewski

Zum Ende der Spielzeit scheidet nach 21 überaus erfolgreichen Jahren Ballettintendant Xin Peng Wang aus seinem Amt und hinterlässt seinem Nachfolger, Dr. Jaš Otrin, der mit Annabelle Lopez Ochoa und Edward Clug als Artists in Residence antritt, einerseits eine sehr herausfordernde Aufgabe, andererseits aber auch eine bestens aufgestellte Compagnie. Neben großartigen und außergewöhnlichen Handlungsballettabenden, mit denen Wang das Ballett Dortmund über die Region hinaus populär gemacht hat, darf als ein weiterer besonderer Verdienst die Gründung des NRW Juniorballetts bezeichnet werden. Mit einem auf zwei Jahre ausgerichteten Ausbildungsprogramm, das in dieser Form international einmalig ist, hat sich die Stadt als Kaderschmiede für Tänzerinnen und Tänzer etabliert und ihren Ruf als international bedeutendes Zentrum für den Tanz gefestigt. Die in der Regel 12 jungen Tänzerinnen und Tänzer haben in dieser Zeit nicht nur an den Tanzabenden der Compagnie teilgenommen, eigene Tanzabende kreiert, mit denen sie auch auf Tournee gegangen sind, sondern haben auch in Schulen Tanzprojekte begleitet, um ihr Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Mit dem Abschied von Wang feiert das NRW Juniorballett sein zehnjähriges Jubiläum, was mit einem großen dreiteiligen Ballettabend gefeiert wird. Der Titel Dips erinnert dabei an ein leckeres Essen mit zahlreichen Speisen, bei dem die Dips (Saucen) den Gerichten erst den richtigen Geschmack verleihen.

Den Anfang macht eine Filmdokumentation, in der ehemalige Tänzerinnen und Tänzer des NRW Juniorballetts, die mittlerweile in die Compagnie übergegangen sind, von ihren Erfahrungen berichten und die Bedeutung dieser zwei Jahre im NRW Juniorballett für ihre weitere Entwicklung als Tänzerinnen und Tänzer hervorheben. Einen Großteil ihrer Kolleginnen und Kollegen hat es nach diesen zwei Jahren an Bühnen in der ganzen Welt verschlagen. Auf diese Weise gewinnt das Publikum nicht nur einen Einblick in die Arbeit des NRW Juniorballetts und lernt einzelne Tänzerinnen und Tänzer besser kennen. Vielleicht wird auch der Wunsch geweckt, diese Arbeit in Zukunft zu unterstützen, indem man beispielsweise dem Verein der Ballettfreunde in Dortmund beitritt. Der Film ist allerdings keineswegs als Werbeveranstaltung zu verstehen, sondern würdigt nur das zehnjährige Jubiläum.

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Drama Class: Liberty Fergus als Valentina in der Mitte des NRW Juniorballetts

Dann geht es mit einer Uraufführung weiter. Der israelische Choreograph Nadav Zelner hat mit den jungen Tänzerinnen und Tänzern das Stück Drama Class entwickelt. In dieser sehr abstrakten Choreographie geht es um den Umgang mit traumatischen Ereignissen und dem Mehrwert, der sich aus diesen Erfahrungen trotz allen Schmerzes gewinnen lässt. Zelner selbst bezeichnet die Kreation als "ein bisschen Therapie für uns alle". Ob das aber funktioniert, ist fragwürdig, da sich dieser Teil mit der Aneinanderreihung fast alltäglicher Details in Form von Gesten und Blicken kaum erschließt. Die schwarzen Kostüme von Maor Zabar sind zwar sehr fantasievoll und erinnern mit den geschwungenen Formen und dem Kontrast zu den hell geschminkten Gesichtern an Horrorfilme, lassen einen aber in der Aktion doch eher ratlos zurück. Völlig unklar bleibt, welche Rolle Liberty Fergus als Valentina einnimmt, die zu Beginn mit dem Orchestergraben hochgefahren wird, und einen dunklen Song vorträgt. Dabei wird nicht klar, ob sie wirklich selbst singt, oder ob der Gesang wie die Musik vom Band kommt und sie nur die Lippen synchron bewegt. Neben Soli, Pas de deux und Ensembles wechseln sich die folgenden Szenen ab. Hervorzuheben sind auch die Lichteffekte von Avi-Yona Bueno, die den Bühnenhintergrund in einzelnen Szenen in feuerrotes Licht tauchen und die Tänzerinnen und Tänzer so wie schwarze Schatten erscheinen lassen. Die Musikauswahl erinnert stark an Filmmusik und ist ebenfalls ergreifend. Den Großteil des Publikums scheint dieser Teil, gemessen am Applaus, stark zu bewegen. Insgesamt bleibt man aber doch ein wenig ratlos zurück.

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Blushing: NRW Juniorballett

Nach der Pause geht es mit Blushing von Marco Goecke weiter. Goecke hatte das Stück 2003 für die Noverre-Gesellschaft mit Tänzerinnen und Tänzern des Stuttgarter Balletts uraufgeführt und war dafür mit dem Prix Dom Pérignon in Hamburg ausgezeichnet worden. Seitdem hat das Werk den Weg auf zahlreiche Bühnen geschafft. Auch vom NRW Juniorballett wurde die Kreation bereits im Rahmen des Ballettabends Da Vinci Mode in der vergangenen Spielzeit vertanzt (siehe auch unsere Rezension). Da in diesem Jahr allerdings ein neuer Jahrgang begonnen hat, hat man die Choreographie jetzt mit teilweise neuen Tänzerinnen und Tänzern in das Jubiläumsprogramm aufgenommen. Der Titel suggeriert, dass Goecke darin der Frage nachgeht, aus welchen Gründen ein Mensch errötet. Eine Antwort darauf gibt das gut 20-minütige Stück mit seiner expressiven Ausdruckssprache allerdings nicht. Zu Beginn sieht man einen Mann mit einem Kapuzenpulli auf einer dunklen Bühne, der wie ein kleines Kind, das seinen Willen nicht bekommt, wütend mit den Füßen auf den Boden stampft. Im weiteren Verlauf treten vier Tänzerinnen und vier Tänzer mal einzeln, dann paarweise oder als Gruppe auf und bewegen sich in teils abgehackten, dabei aber extrem schnellen und heftigen Bewegungen mit lauten Atemgeräuschen oder rhythmischem Klatschen über die Bühne. Mal laufen sie dabei, dann robben sie sitzend vorwärts oder rückwärts. Von Musik kann man in diesem Teil eigentlich nicht sprechen. Stattdessen gibt es eine teils sehr anstrengende Beschallung durch die Gruppe Garbage, zu der sich die Tänzerinnen und Tänzer expressiv bewegen. Wenn dann wirklich mal ein melodischer Klang zu hören ist, wird er von heftigen Nebengeräuschen gestört. Das ist alles sehr anstrengend. Am Ende setzen sich die Tänzerinnen und Tänzer einen Finger wie eine Pistole an die Schläfe und sinken in sich zusammen, als ob sie von einem Schuss getroffen wären. Auch dieser Teil findet im Publikum begeisterte Fans, was sich in lautstarkem Applaus äußert.

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Saturn: Daria Suzi und Javier Cacheiro Alemán

Zum Abschluss tritt dann das Ballett Dortmund mit einer Choreographie des scheidenden Intendanten Xin Peng Wang auf, die im Rahmen eines Gastspiels am Jerusalem Center of Performing Arts 2022 uraufgeführt und nun für Dortmund überarbeitet worden ist: Saturn. Die Kreation entstand in Anlehnung an den dritten Teil von Wangs Vertanzung der Divina Commedia von Dante Aligheri, Paradiso. Wang hatte dieses Projekt in drei Teilen von 2018 bis 2022 entwickelt. In Saturn geht es nun um die über allem kreisenden Sterne und Planeten, die einerseits eine für den Menschen nicht zu fassende Ewigkeit beschreiben, andererseits bei allen negativen Ereignissen im Leben vielleicht aber auch einen Raum für Schutz und Heimat bieten. In einem beeindruckenden Lichtdesign von Tim Waclawek wird hierbei ein Raum geschaffen, der die Unendlichkeit des Alls in wunderbaren bläulichen Farben einfängt. Die Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich in diesem Ambiente wie Planeten und Sterne, schweben mit leichtfüßigen Bewegungen gewissermaßen durch den Raum und bestechen durch wunderbare Ästhetik. Die Musik stammt von der Gruppe 48nord und untermalt diese Eindrücke absolut passend. So führt der Weg von düsteren Bildern des ersten Teils, über einen teils sehr aggressiven Ausdruck im zweiten Stück hin zur Hoffnung auf eine friedliche Zukunft in der Ewigkeit des Alls. Auch dieser Teil wird vom nahezu vollbesetzten Saal mit großer Begeisterung gefeiert.

FAZIT

Der letzte Tanzabend unter der Intendanz von Xin Peng Wang unterstreicht zum einen die Vielseitigkeit der Compagnie und hebt zum anderen die Bedeutung des NRW Juniorballetts hervor, das für junge Tänzerinnen und Tänzer ein bedeutendes Karriere-Sprungbrett darstellt.


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Produktionsteam

Drama Class

Choreographie und Bühne
Nadav Zelner

Kostüme
Maor Zabar

Licht
Avi-Yona Bueno

Dramaturgie
Helena Sturm

Choreographische Assistenz
Daria Sukhorukova

Tänzerinnen und Tänzer

*rezensierte Aufführung

Valentina
Liberty Fergus

Tänzerinnen
*Jasmine Cameron
*Teodora Neacsu
*Tianie-Finn Grainger
*Kailin Pham Kratz
Tilly Wightman

Tänzer
*Milivoje Andrejević
*Samuel Bassler
*Kaining Dong
*Ryusai Kitamura
*Devon Luxton
*Ned Manning-Lourey
*Keigo Muto

Blushing

Choreographie und Kostüme
Marco Goecke

Lichtdesign
Udo Haberland

Licht
Tim Waclawek

Einstudierung
Nicole Kohlmann

Choreographische Assistenz
Daria Sukhorukova
Cyril Pierre

Tänzerinnen und Tänzer

*rezensierte Aufführung

Tänzerinnen
*Teodora Neacsu
Tilly Wightman
*Tianie-Finn Grainger
*Kailin Pham Kratz
*Jasmine Cameron
Liberty Fergus

Tänzer
*Devon Luxton
*Ned Manning-Lourey
Kaining Dong
*Milivoje Andrejević
*Luke Ruben Talirz
*Ryusai Kitamura

Saturn

Choreographie
Xin Peng Wang

Kostüme
Bernd Skodzig

Lichtdesign
Tim Waclawek

Choreographische Assistenz
Cyril Pierre

Tänzerinnen und Tänzer

*rezensierte Aufführung

Soli
*Daria Suzi
Amanda Vieira
*Javier Cacheiro Alemán
Filip Kvačák
*Guillem Rojo i Gallego

Ensemble Damen
*Amanda Vieira
*Giuditta Vitiello
*Manuela Souza
Paulina Bidzińska
*Sae Tamura
*Jasmine Cameron
*Liberty Fergus
Júlia Baró
Ekaterine Surmava
*Yingyue Wang
*Kasumi Iwata

Ensemble Herren
*Matheus Vaz
Lúcio Kalbusch
Simon Jones
*Maksym Palamarchuk
*Simone Dalè
*Francesco Nigro
*Keigo Muto
*António Ferreira
*Filip Kvačák

 


Weitere Informationen
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Theater Dortmund
(Homepage)



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