Hanns-Josef Ortheil
Das Glück der Musik
Vom Vergnügen, Mozart zu hören
Vom Mißvergnügen beim Lesen einer gar zu eitlen Selbstbespiegelung
Von Frank Becker
Er
hat dem Genie und dem Menschen Mozart bereits vor zwanzig Jahren in der Studie "Mozart im Innern seiner Sprachen" sachlich und im Jahr
2000 brillant erzählerisch in seinem prall mit Leben gefüllten Don
Giovanni-Roman "Die Nacht des Don Juan" im Rahmen seiner
Künstlertrilogie (Goethe/Turner/Mozart) eloquent und schillernd
phantasievoll Reverenz erwiesen. Nun, im international begangenen
Jubeljahr zum 250. Geburtstag des Joannes
Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart, der sich später selbst
Amadeus nannte, tut es Hanns-Josef Ortheil seinem Kollegen Maarten `t Hart gleich, indem er die Faszination bekennt, welche Mozarts Musik auf ihn ausübt.
"Das Glück der Musik"
ist es wohl, das diese beiden großen
Romanciers und Millionen anderer Musikfreunde durch Mozart und seine
Werke empfinden und das gewiß bis zum Ende unserer
Tage Bestand haben wird. Hanns-Josef Ortheil hat ein Jahr lang noch
aufmerksamer zu- und in sich hinein gelauscht. Er hat vom 27. Januar
2005, dem 249. Geburtstag Mozarts, bis zum 27. Januar 2006
aufgezeichnet, wo überall und unter welchen äußeren Umständen und
persönlichen Befindlichkeiten er Mozarts Musik gehört und sich dabei
erneut mit der Biographie des Komponisten (und sich selbst) beschäftigt
hat. Akribisch notiert er Orte und gehörte Stücke, seine Empfindungen,
seine neuen Erkenntnisse. So z.B. vom 17.-21. Mai bei einer Fahrradtour
mit der Familie den Rhein entlang von Mainz bis Köln, auf der ihn u.a. "Ascanio in Alba" und das Klaviertrio in G-Dur KV 496 begleiten oder in einer Westerwälder Hütte, in der er im Juli nach Herzenslust die Sonaten für Orgel und Orchester KV 328/329
aufdrehen kann. Ortheil erzählt von seinem Salzburg-Besuch Anfang
Dezember mit großem Mozart-Programm (wo, wenn nicht dort?) und von der
Beschäftigung mit "Cosi fan tutte" im August/September an der italienischen Adria.
Ein Konzert mit Alfred Brendel und Mozarts "Klaviervariationen" irritiert ihn am 10. Februar, und an seine Jugend-Erfahrungen mit den kammermusikalischen Vorzügen eines Ibach-Flügels - auf einem solchen spielte er bei einem Wettbewerb einmal "Ah, vous dirai-je Maman" KV 265
- erinnert er sich im Oktober. Bei einer Schwebebahnfahrt am 25. Juni
in Wuppertal begleiten ihn von Vohwinkel nach Oberbarmen und zurück im
schwankenden, pendelnden Zug die Violinkonzerte KV 211, 216, 218 und 219.
Auch eine Art von Heimkehr, denn in Wuppertal verbrachte Ortheil einen
Teil seiner Jugend und Schulzeit (erwähnt es aber hier nicht). "Das Glück der Musik" liest sich flüssig und erzählt eine Menge über Mozart,
vor allem aber über den Autor, der mit diesem Buch eine
selbstzufriedene Nabelschau betreibt und etwas zu eitel mit "seinem"
Mozart wuchert - so wird das Unterfangen zu einer gespreizt wirkenden
Selbstbespiegelung und hinterläßt trotz seiner Eloquenz einen faden
Nachgeschmack.
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Hanns-Josef Ortheil
Das Glück der Musik
Vom Vergnügen, Mozart zu hören
Luchterhand Literaturverlag, München 2006 221 Seiten, Klappenbroschur 10,- Euro
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Informationen unter:
www.randomhouse.de
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