Händel-Festspiele 2017
in Halle (Saale)
26.05.2017 -
11.06.2017
Von Thomas Molke
Die
Internationalen Händel-Festspiele in Göttingen gehen in diesem Jahr
nahtlos in die Festspiele in Halle über, und so können
sich die zahlreichen Händel-Fans aus der ganzen Welt von Göttingen aus
direkt
auf den Weg in die Geburtsstadt des Komponisten machen, um "an authentischen
Händel-Orten" das wohl größte Musikfest in Sachsen-Anhalt zu erleben. Zu
hoffen ist, dass die diesjährigen Festspiele die Wogen in der momentan recht
hitzigen Diskussion um die Finanzen der Bühnen Halle glätten. In über 100
verschiedenen Veranstaltungen, darunter 54 Verkaufsveranstaltungen, an 24
Orten an insgesamt 17 Tagen dürfte bei einer hoffentlich hohen
Platzauslastung wohl klar werden "welche Art Theater man in Halle braucht".
Intendant Clemens Birnbaum hat die diesjährigen Festspiele unter das Motto
"Original? - Fälschung?" gestellt und greift damit ein im digitalen
Zeitalter heiß diskutiertes Thema auf. Obwohl es zu Händels Zeit üblich war,
sich beispielsweise in Opern Arien anderer Komponisten frei zu bedienen,
sahen auch damals schon die Künstler Probleme in der Wiederverwertung ihres
geistigen Eigentums, und Händel versuchte sogar, sich durch ein Druckprivileg
gegen unerwünschte Vervielfältigungen seiner Werke zu wehren. Aber auch bei
unterschiedlichen Fassungen, die er selbst von einzelnen Werken komponierte,
kann man sich heute die Frage stellen, welche Version denn jetzt eigentlich
als "Original" gelten darf. In diesem Jahr werden beispielsweise Händels
Messiah in der Dubliner Fassung am 2. Juni 2017 um 17.00 Uhr im Dom zu
Halle und in der Londoner Fassung am 10. Juni 2017 um 20.00 Uhr in der
Marktkirche zu Halle einander gegenübergestellt.
Natürlich wird in diesem Jahr dem anstehenden
Reformationsjubiläum Rechnung getragen. So bilden Händels Oratorien nicht
nur einen thematischen Schwerpunkt, sondern eröffnen auch in Kooperation mit
der Oper Halle am 26. Mai 2017 die diesjährigen Festspiele. Als szenische
Neuproduktion gibt es Händels Spätwerk
Jephtha in einer Inszenierung
von Tatjana Gürbaca (siehe auch
unser Interview mit Frau
Gürbaca). Mit großen Chören und affektgeladenen Arien gelang Händel mit
diesem Werk 1752 im Theatre Royal in Covent Garden ein weiterer musikalischer Höhepunkt. Erzählt wird ein mitreißendes Drama zwischen Gelübde und
Vaterliebe, das seine Quellen im Buch der Richter im Alten Testament hat. In
der Titelpartie ist der Tenor Robert Sellier zu erleben, der im letzten Jahr
den Haliate in Händels Sosarme, Re di Media interpretierte. Die
weiteren Rollen sind mit Svitlana Slyvia (Storgè), Ines Lex (Iphis), Leandro
Marziotte (Hamor) und Ki-Hyun Park (Zebul) besetzt. Das
Händelfestspielorchester Halle steht unter der Leitung des Barockspezialisten
Christoph Spering. (Weitere Termine: 28. Mai 2017 um 18.00 Uhr, 2. Juni 2017
um 19.00 Uhr und 4. Juni 2017 um 15.00 Uhr)
Als Wiederaufnahme der Oper Halle ist auch am 30 Mai 2017
und am 8. Juni 2017 die Produktion aus dem letzten Jahr,
Sosarme, Re di
Media, zu erleben (siehe auch
unsere Rezension von 2016). Die Besetzung ist mit Ausnahme der Partie der Erenice,
die in diesem Jahr Svitlana Slyvia übernimmt, mit der des Vorjahres
identisch.
Im pittoresken Goethe-Theater Bad Lauchstädt sind in
diesem Jahr zwei Produktionen mit Marionetten zu erleben. Den Anfang macht
am 27. Mai 2017 um 14.30 Uhr Händels Masque
Acis and Galatea, ein
Thema das Händel gleich dreimal vertonte. Erzählt wird die Geschichte der
Wassernymphe Galatea, die den Schäfer Acis liebt, der von dem eifersüchtigen
Riesen Polyphem getötet wird. Unter der musikalischen Leitung von Jana
Semerádová agiert die Marionettentheatercompany Buchty a Ioutky aus Prag zum
Gesang von Sophie Junker (Galatea), Benedikt Kristjánsson (Acis) und Tomá š
Král (Polifemo). Diese Produktion ist auch noch in Dortmund im Rahmen des
Klangvokal Festivals am 10. Juni 2017 zu erleben. (Weitere Termine in
Bad Lauchstädt: 28. Mai 2017 um 14.30 Uhr und 29. Mai 2017 um 19.00 Uhr)
Ein Wiedersehen gibt es auch mit der Mailänder Compagnie
Carlo Colla e Figli und der lautten Compagney Berlin, die 2011 mit einer
märchenhaften Inszenierung von Rinaldo das Festspielpublikum
begeisterten (siehe auch
unsere Rezension der Produktion bei den Händel-Festspielen in
Karlsruhe). Nun ist mit Händels Oper
Giustino eine weitere
Abenteuergeschichte mit Seeschlachten, feuerspeienden Drachen und
aufziehenden Heerscharen zu erleben. Der Held aus Byzanz ist ein junger Mann
vom Lande, dem es aufgrund seiner mutigen Taten gelingt, nicht nur die Krone
zu erlangen, sondern auch das Herz der Schwester des Kaisers, Leocasta, zu
gewinnen. Die musikalische Leitung übernimmt Wolfgang Katschner. Als
Solisten sind Owen Willetts (Giustino), Fanie Antonelou (Arianna), Sylvia
Rena Ziegler (Anastasio) und Helena Rasker (Leocasta) zu hören.
(Aufführungen im Goethe-Theater Bad Lauchstädt: 9. Juni 2017 um 19.00 Uhr,
10. und 11. Juni 2017 um 14.30 Uhr)
Auch das Carl-Maria-von-Weber-Theater in Bernburg ist
erneut
Spielstätte der Festspiele. Am 4. und 5. Juni 2017 gibt es jeweils um 16.00
Uhr Händels Tanz-Prolog Terpsicore, der um Les Caractères de la
Danse von Jean-Féry Rebel ergänzt wird. Das Hartig Ensemble unter der
Leitung von Helena Kazárova rekonstruiert seit 20 Jahren barocke Tänze aus
englischen und französischen Quellen, und präsentiert nun Händels Ballett,
das er für die legendäre französische Tänzerin Marie Sallé schuf. Rebels
Les Caractères de la Danse ist gewissermaßen ein Schnellkurs durch die
Modetänze, die im Barock angesagt waren. Musikalisch begleitet werden die
Aufführungen von dem Ensemble Musica Florea unter der Leitung von Marek
Štryncl.
Als konzertante Opernaufführungen stehen dann noch die
folgenden Veranstaltungen auf dem Programm:
- Händels Serenata Aci, Galatea e Polifemo am 6. Juni 2017 um 19.30
Uhr im Löwengebäude, der Aula der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg und
- das Opern-Pasticcio L'Elpidia overe Li rivali generosi mit Musik
von Vinci und Orlandini in einer Bearbeitung von Händel am 10. Juni 2017 um
15.00 Uhr im Freylinghausen-Saal der Franckeschen Stiftungen.
Als weitere Oratorien sind neben der bereits erwähnten
szenischen Produktion und der beiden Messiah-Versionen noch folgende
Werke zu erleben:
- Johannes-Passion am 27. Mai 2017 um 16.00 Uhr in der Konzerthalle
Ulrichskirche,
- Deborah am 1. Juni 2017 um 19.00 Uhr in der Marktkirche zu Halle
und
- Esther am 3. Juni 2017 um 19.00 Uhr in der Georg-Friedrich-Händel
Halle.
Als weitere Höhepunkte dürften auch die zahlreichen
Konzerte mit namhaften Sängerinnen und Sängern der Barockszene betrachtet
werden. Zu nennen sind hier unter anderem:
- ein Festkonzert mit der Mezzosopranistin Ann Hallenberg am 28. Mai 2017 um
16.00 Uhr in der Konzerthalle Ulrichskirche,
- ein Festkonzert mit dem Countertenor Xavier Sabata am 3. Juni 2017 um
15.00 Uhr im Löwengebäude,
- ein Festkonzert mit der Mezzosopranistin Sonia Prina am 4. Juni 2017 um
19.30 Uhr in der Konzerthalle Ulrichskirche,
- ein Festkonzert mit der Mezzosopranistin Vivica Genaux am 5. Juni 2017 um
11.00 Uhr im Dom zu Halle mit anschließender Verleihung des Händel-Preises
der Stadt Halle,
- ein Festkonzert mit dem Tenor Juan Sancho am 5. Juni 2017 um 15.00 Uhr im
Festsaal Leopoldina und
- das obligatorische Abschlusskonzert mit Feuerwerk am 11. Juni 2017 um
21.00 Uhr in der Galgenbergschlucht.
Das komplette Programm finden Sie
hier.
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