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Ein Strauß voller Walzer
Von Thomas Molke /
Fotos: © Björn Hickmann
Der als "Walzerkönig" titulierte Johann Strauss (Sohn) feiert in den beiden Jahren der Spielzeit 2024/2025 gleich mehrere Jubiläen. Zum einen wurde er am 25.10.1825 vor 200 Jahren geboren. Zum anderen starb er vor 125 Jahren am 03.06.1899. Das ist für das Theater Dortmund Grund genug, ihm zum Ende der Saison eine festliche Operngala zu widmen, und da er selbst aus einer äußerst musikalischen Familie stammt, die mit dem gleichnamigen Vater Johann und den beiden Brüdern Josef und Eduard einen Großteil des 19. Jahrhunderts das Musikleben in und um Wien nachhaltig geprägt hat, werden auch die weiteren Mitglieder der "Strauss-Dynastie" an diesem Abend berücksichtigt. Obendrein steht der Name "Strauss" - in welcher Schreibweise auch immer - aber auch mit den beiden nicht verwandten Richard und Oscar für zwei weitere namhafte Komponisten, die ebenfalls ins Programm aufgenommen worden sind. So gibt es unter dem Titel Sechs Sträusse eine Opern- und Operettengala, die von keinem Geringeren moderiert wird als Götz Alsmann, der hier bereits vor zwei Spielzeiten einen unterhaltsamen Streifzug durch die Roaring Oper(ett)a der 1920er Jahre gemacht hat (siehe auch unsere Rezension) und in dieser Spielzeit im Ring an einem Abend in die Rolle von Loriot (Vicco von Bülow) geschlüpft ist (siehe auch unsere Rezension). Dass Strauss' Operette Die Fledermaus an diesem Abend einen zentralen Stellenwert einnimmt, mag ebenfalls mehrere Gründe haben. Einerseits handelt es sich um das heute wohl berühmteste Werk des "Walzerkönigs", das 1874 - also 150 Jahre vor 2024 - eine umjubelte Uraufführung erlebte, mit der Strauss' erfolgreiche Operettenkarriere startete. Andererseits feierte eine Neuproduktion dieses Stückes in Dortmund im November dieser Spielzeit Premiere, sodass man die Auszüge daraus mit dem Ensemble größtenteils szenisch auf die Bühne bringen kann. Die Bühne, auf der die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi im Zentrum Platz genommen haben, dürfte beim Publikum Erinnerungen an die letzte Operettengala wecken, da ähnliche Elemente wieder aufgefahren werden, die dem Abend einen festlichen Charakter verleihen. Die Roben der Damen, für die Nina Albrecht-Paffendorf verantwortlich zeichnet, sind nicht nur in sattem Rot einer Rose gehalten, sondern greifen auch im Blumenhaarschmuck die Idee eines "Straußes" wieder auf. Über der Bühne hängt eine Projektionsfläche, auf der bei jeder musikalischen Nummer ein Bild des jeweiligen Komponisten eingeblendet wird. Des Weiteren kann man in den Übertiteln hier den gesungenen Text mitlesen, was bei den meisten Stücken allerdings nicht erforderlich ist. Götz Alsmann (links), hier mit Sungho Kim (rechts) Der Teil vor der Pause ist der Strauss-Familie gewidmet und wird neben den musikalischen Schmankerln von zahlreichen Anekdoten Alsmanns eingerahmt, die er in gewohnt humorvoller und begeisternder Art zum Besten gibt. Liest man das Programm, vermisst man eine Komposition von Johann Strauss (Vater), aber die präsentiert Alsmann am Banjo, wobei er das Publikum aktiviert, mit Klatschen den Takt vorzugeben. So erklingt der berühmte "Radetzky-Marsch" in einer wohl bis jetzt selten gehörten Variante. Zu den Kompositionen von Josef und Eduard Strauss, den beiden jüngeren Brüdern Johanns, erfährt man auch einiges über die Geschichte des berühmten Wiener Johann-Strauss-Orchesters, das Johann nach dem Tod seines Vaters mit dem vom Vater gegründeten gleichnamigen Orchester zusammengeführt hatte und das nacheinander von den Brüdern geleitet wurde. Josef übernahm das Orchester bis zu seinem Tod 1870, als Johann aufgrund anderer kompositorischer Verpflichtungen zu wenig Zeit dafür aufbringen konnte, und Eduard machte es schließlich zu einem Tournee-Orchester, das große Teile der Welt bereiste und Strauss' Musik unter anderem auch in Amerika populär machte. Passend zur Geschichte gibt es von Eduard die Polka Bahn frei, die an eine musikalische Zugreise erinnert. Tanja Christine Kuhn und Sungho Kim (Mitte) beim "Kleinen Flirt" mit Carl Rumstadt (links) und Daegyun Jeong (rechts) Neben den Instrumentalstücken der Strauss-Brüder darf natürlich auch die Operette nicht zu kurz kommen. So gibt es ein Duett aus einem eher unbekannten Werk, Das Spitzentuch der Königin, das 1931 von Erich Wolfgang Korngold unter dem Titel Das Lied der Liebe in einer Neufassung herausgegeben wurde: "Ein kleiner Flirt". Tanja Christine Kuhn schlüpft in die Rolle der verheirateten Baronin Paulette, die sich in den Grafen Richard von Auerspach verliebt hat, den Sungho Kim interpretiert. Dabei begeistert Kuhn mit strahlenden Sopranhöhen. Kim legt den Grafen mit leidenschaftlichem tenoralem Schmelz und kraftvollen Spitzentönen an. Auch darstellerisch holen die beiden aus dem "kleinen Flirt" einiges heraus, wenn zum Ende Carl Rumstadt und Daegyun Jeong auf die Bühne kommen und es ein munteres Bäumchen-wechsle-dich-Spiel gibt. Kim glänzt an diesem Abend außerdem nicht nur als Alfred in der Fledermaus, der mit seinem Gesang zunächst seine Geliebte Rosalinde und später auch den Gefängnisaufseher Frosch an den Rand der Verzweiflung bringt, sondern spielt auch immer wieder mit herrlicher Selbstironie den selbstverliebten Tenor, der Alsmann in seiner Moderation unterbricht und unter anderem a cappella die Spitzentöne in "Nessun dorma" aus Puccinis Turandot schmettert. Auch am Ende der Pause hat er schon die Bühne okkupiert und singt sich mit berühmten Tenor-Arien zur Freude des Publikums ein, bevor ihn das auftretende Orchester "von der Bühne jagt". Anna Sohn bei den Orchesterliedern von Richard Strauss Nach der Pause rahmen dann Kompositionen von Johann Strauss (Sohn) Auszüge aus Werken der "Sträuße" ein, die nicht zum Familien-Clan gehören. Bei der Annen-Polka und dem Czardas aus Strauss' Operette Ritter Pásmán hätte man sich im Spiel der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Motonori Kobayashi etwas mehr Feuer gewünscht. Es klingt alles sehr sauber und akkurat, lässt aber ein wenig den forschen, frechen Unterton vermissen, mit dem Alsmann in seiner Anmoderation die Werke anpreist. Für den Auszug aus Oscar Straus' Operettenparodie Die lustigen Nibelungen greift Alsmann dann selbst zum Instrument und interpretiert mit großartigem Spielwitz Siegfrieds Couplet "Ich hab' ein Bad genommen", was ihm (Siegfried) genauso wenig bekommen sei wie die Hochzeit. Nach dieser komödiantischen Einlage geht es dann zu Richard Strauss. Ob hier die Musikauswahl so gelungen ist, ist Geschmacksache. Man hat sich für die Koloratur-Arie der Zerbinetta aus Ariadne auf Naxos, "Großmächtige Prinzessin", und vier Orchesterlieder entschieden. Sooyeon Lee meistert die anspruchsvolle Arie der Zerbinetta, die Ariadne in ihrem Liebeskummer zu trösten versucht, ordentlich. Anna Sohn punktet mit strahlend fließendem Sopran und sauberer Diktion bei den Orchesterliedern. Dennoch hätte vielleicht ein Auszug aus dem Rosenkavalier besser zum Rest des Programms gepasst. Zum Abschluss gibt es dann noch das große Finale aus der Fledermaus, bei dem wie auch bereits beim Finale II vor der Pause der von Fabio Mancini einstudierte Opernchor mit großer Spielfreude zum Einsatz kommt. Ganz ohne Zugabe lässt das begeisterte Publikum das Ensemble an diesem Abend natürlich nicht gehen. So gibt es noch einmal den "Radetzky-Marsch", dieses Mal gespielt von den Dortmunder Philharmonikern, wobei Kobayashi das klatschende Publikum mitdirigiert und gekonnt die Lautstärke des Applauses regelt. In der Projektion gibt es dazu als besonderen Gag sechs Vogelsträuße in Anspielung auf den Titel des Abends. Zum Abschluss wiederholt das Ensemble noch einmal das Finale II "Im Feuerstrom der Reben", bevor die Zuschauerinnen und Zuschauer beschwingt in den Sommerabend entlassen werden. FAZIT Götz Alsmann erweist sich erneut als Meister der gepflegten Unterhaltung und bereitet mit dem gut aufgelegten Ensemble und den Dortmunder Philharmonikern unter der Leitung von Motonori Kobayashi einen kurzweiligen Streifzug durch die diversen "Sträusse". Programm Johann Strauss (Sohn) Sinngedichte, op. 1 (Walzer, 1844) Johann Strauss (Sohn) und Josef Strauss Josef Strauss Eduard Strauss Johann Strauss (Sohn) / Erich Wolfgang Korngold Johann Strauss (Sohn) Annen-Polka (1852) Eine Nacht in Venedig (1883): "Komm in die Gondel" (Sungho Kim) Ritter Pásmán (1892): Czardas Oscar Straus Richard Strauss Capriccio (1942): Mondscheinmusik 4 Orchesterlieder (Anna Sohn) Johann Strauss (Sohn)
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Kostüme
Choreinstudierung
Dortmunder Philharmoniker Opernchor Theater Dortmund Solistinnen und Solisten *rezensierte Aufführung Moderation Sopran Mezzosopran Tenor Bariton Bass-Bariton
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