Internationale
Gluck-Opern-Festspiele
Nürnberg
16.07.2016 -
30.07.2016
Von Thomas Molke
Zum mittlerweile sechsten Mal finden im
Zwei-Jahres-Rhythmus die Internationalen Gluck-Opern-Festspiele
statt, und zum zweiten Mal bezieht die zum 300. Geburtstag des großen
Opernreformators gegründete GmbH die ganze Region Franken / Nordbayern zur
Austragung der Festspiele ein. So finden die 17 Vorstellungen an 15 Tagen
auf insgesamt 12 Bühnen in neun unterschiedlichen Städten statt. Das
diesjährige Festspielmotto "ZEITkultur / STREITkultur" bezieht sich
dabei vor
allem auf Glucks Zeit in Paris, wo er mit seinen Iphigenie-Opern
einerseits zum
Weltstar reifte und andererseits einen heftigen Streit zwischen den Traditionalisten und
Reform-Anhängern über die zukünftige Gestalt des Musiktheaters auslöste. Von
daher verwundert es nicht, wenn die Figur der Iphigenie im Zentrum von drei
der insgesamt sechs bei den Festspielen aufgeführten Opern steht.
Als erste Auseinandersetzung mit Iphigenie ist am 18.
Juli 2016 in der Meistersingerhalle in Nürnberg allerdings keine Oper von
Gluck zu erleben, sondern die deutsche Erstaufführung von
Iphigénie en Tauride von Niccolo Piccinni, einem musikalischen Gegner Glucks, dessen
1781 in Paris uraufgeführte Oper musikalisch eine ganz andere Richtung
einschlug als Glucks Fassung. Glucks Iphigenie auf Tauris wird dem dann am 22. Juli 2016 im
Stadttheater Fürth gegenübergestellt, wobei hier erstmals seit 1890 die von
Richard Strauss bearbeitete Fassung gespielt wird. Die musikalische Leitung
dieser konzertanten Aufführung übernimmt Christoph Spering. Für die
Titelpartie konnte die litauische Sopranistin Viktoria Kaminskaite gewonnen
werden. Der griechische Bariton Aris Argiris übernimmt die Partie ihres
Bruders Orest.
Mit der Vorgeschichte zur Tauris-Episode beschäftigt sich
dann die konzertante Aufführung von
Ifigenia in Aulide von Luigi
Cherubini am 23. Juli 2016 im Mainfrankentheater Würzburg. Die Noten dieser
1788 in Mailand uraufgeführten Oper galten lange als verschollen, so dass
auch diese deutsche Erstaufführung eine große Entdeckung zu werden
verspricht. Die musikalische Leitung übernimmt Enrico Calesso.
Szenisch gibt es dann am 26. Juli 2016 im
Markgrafentheater Erlangen die Parma-Fassung von Glucks wohl bekanntestem
Werk Orfeo ed Euridice. Als Orfeo ist der renommierte Countertenor
Valer Sabadus zu erleben, der diese Partie in der gleichen Fassung bereits
konzertant bei den Tagen der Alten Musik in Herne vor zwei Jahren
interpretierte (siehe auch
unsere Rezension).
Die musikalische Leitung übernimmt Michael Hofstetter. Das Kabinetttheater
Wien wirkt bei dieser Produktion mit poetischen Bildern und Puppen mit.
Die Freiluftbühne Berching wird wie vor zwei Jahren
wieder Aufführungsort für eine absolute Gluck-Rarität. Am 29. und 30. Juli
2016 präsentiert die Nürnberger Pocket Opera Company, Deutschlands ältestes
freies Musiktheater, im Rahmen des "Barocken Juli" in Berching Glucks
Il
parnaso confuso. Hier steht der Himmel Kopf, wenn die Musen Melpomene,
Euterpe und Erato unter Anleitung Apollos die Hochzeit des Kaisers
musikalisch begleiten sollen. Die Regie dieses selten aufgeführten
Opernspaßes übernimmt Peter Beat Wyrsch. Die musikalische Leitung liegt in
den Händen von Franz Killer.
Des Weiteren präsentiert das Theater Mummpitz im
Kachelbau die Uraufführung der Jugendoper T.M.A. - Coming of Age als
Auftragswerk der Festspiele. Glucks Frühwerk Telemaco liefert dabei
den Stoff zu einem neuen Musiktheater zwischen Realität und virtueller Welt,
zu dem die Elektro-Band Wrongkong aus Nürnberg den zeitgenössischen Sound
beisteuert. (Termine: 20., 21. und 22. Juli 2017 jeweils um 18.00 Uhr)
Auch zwei Tanzgastspiele bereichern das Programm. Am 21.
Juli 2016 ist im Stadttheater Fürth das Ballett im Revier aus Gelsenkirchen
zu erleben, mit dem Doppelabend Die Geschichte vom Soldaten / Orpheus,
zwei Choreographien von Ji
Des Weiteren sei auf folgende drei Konzerte mit
herausragenden Solisten hingewiesen:
- das Eröffnungskonzert am 16. Juli 2016 in der Meistersingerhalle in
Nürnberg mit der Mezzosopranistin
Elīna Garanča,
- ein Konzert mit dem Countertenor Valer Sabadus am 24. Juli 2016 in der
Orangerie in Ansbach, wo er unter dem Titel Ridente la calma die
Musik des Spätbarocks zu neuem Leben erweckt und
- ein Konzert mit Daniel Behle und dem L'Orfeo Barockorchester unter der
Leitung von Michi Gaigg am 27. Juli 2016 im Reitstadel in Neumarkt, in dem
bekannte und unbekannte Meisterwerke von Schubert und Gluck vorgestellt
werden.
Das Symposion am 19. Juli 2016 beschäftigt sich mit dem
Pariser Opernstreit und seinen Folgen.