Rossini Opera Festival
Pesaro
09.08.2021 - 22.08.2021
Von Thomas Molke
Das Teatro Rossini in
Pesaro von außen
Nachdem im letzten Jahr wegen der grassierenden Corona-Pandemie das 41.
Rossini Opera Festival in dem kleinen beschaulichen Pesaro an der Adria
nur in einer abgespeckten Form stattfinden konnte, kehrt man zwar auch in
diesem Jahr noch nicht komplett zum regulären Spielbetrieb zurück, da Corona
immer noch nicht überstanden ist, feiert aber mit Blick auf die Anzahl der Produktionen
wieder in vollem Umfang den wohl berühmtesten Bürger der Stadt. So gibt es
auch in diesem Jahr wieder drei szenische Opern, die alljährliche Produktion
von Il viaggio a Reims, die mit jungen Sängerinnen und Sängern der
Accademia Rossiniana
einstudiert wird, und mehrere Konzerte.
Als Spielort
dient zum einen das Teatro Rossini im Zentrum der Altstadt, das 1673 als
Teatro del Sole gebaut wurde. 1818 wurde es in seiner jetzigen Form neu
errichtet und erhielt 1855 seinen Namen. 1980 wurde das Theater restauriert
und bietet zu normalen Zeiten ungefähr
650 Zuschauern Platz.
Zum anderen finden Aufführungen auch in der etwas außerhalb der Stadt
gelegenen Vitifrigo Arena statt, einer modernen
Mehrzweckhalle, die 1996 fertig gestellt wurde und mit der man sich unter
anderem für die Austragung des Eurovision Song Contest 2022 beworben hat.
Wie in den vergangenen Jahren finden auch in diesem Jahr wieder zwei
Opernproduktionen in der Vitifrigo Arena statt.
Die Vitifrigo Arena in
Pesaro
Den Anfang macht in diesem Jahr am 9. August 2021 um
19.00 Uhr in der Vitifrigo Arena die
Neuinszenierung von Rossinis französischer Grand Opéra
Moïse et Pharaon.
Diese 1827 in Paris uraufgeführte Oper geht auf die 1818 für Neapel
komponierte Azione tragica sacra Mosè in Egitto zurück, war aber
wesentlich erfolgreicher und degradierte die "Urfassung" zu einer bloßen
Vorstufe, so dass die französische Version später sogar ins Italienische
übersetzt wurde und unter dem Titel Mosè e Faraone zu erleben war.
Erzählt wird die biblische Geschichte über Moses und den Auszug der Hebräer
aus Ägypten mit dem Marsch durch das Rote Meer. Es darf mit Spannung
erwartet werden, wie Pier Luigi Pizzi dieses fulminante Ende der Oper in
Szene setzen wird. In den Titelpartien sind Roberto Tagliavini als Moïse und Erwin Schrott als Pharaon zu erleben.
Eleonora Buratto übernimmt die Partie der Anaï. Vasilisa Berzhanskaya,
die 2016 als Marchesa Melibea in Il viaggio a Reims hier aufhorchen
ließ, kehrt als Sinaïde nach Pesaro zurück. Die musikalische Leitung
des Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai liegt in den Händen von Giacomo
Sagripanti. (Weitere Aufführungen: 12., 16. und 19. August 2021
jeweils um 19.00 Uhr)
Blick in den
Zuschauerraum des Teatro Rossini in Pesaro
Weiter geht es im Teatro Rossini am 10. August 2021
um 20.00 Uhr mit einer
Neuproduktion von Rossinis letzter Farsa für Venedig,
Il signor Bruschino.
Hierbei handelt es sich um eine Koproduktion mit dem Royal Opera House
Muscat und dem Teatro Comunale di Bologna. Dieser Verwechslungskomödie war
nach der Uraufführung 1813 kein großer Erfolg beschieden, so dass das Stück
sehr schnell von den Spielplänen verschwand. In Pesaro debütiert der
Buffo-Bass Giorgio Caoduro als alter Gaudenzio, der sein Mündel Sofia mit
dem Sohn eines gewissen Signor Bruschino verheiraten möchte. Marina Monzò,
die nach ihrem großartigen Debüt 2016 als Contessa di Folleville in Il
viaggio a Reims 2017 in La pietra del paragone als Fulvia
zu erleben war, kehrt nun als Gaudenzios Mündel Sofia zurück, die ganz
andere Pläne verfolgt als ihr Vormund und stattdessen ihren Geliebten
Florville heiraten möchte, der von dem jungen Tenor Jack Swanson gesungen
wird. In der Titelpartie ist der Bariton Pietro Spagnoli zu erleben, der in
Pesaro seit 1989 gewissermaßen Dauergast ist. Für die Inszenierung, das
Bühnenbild und die Kostüme zeichnen Barbe & Doucet verantwortlich.
Musikalisch begleitet wird die Produktion von der Filarmonica Gioachino
Rossini unter der Leitung von Michele Spotti. (Weitere Aufführungen: 13., 15.
und 18. August 2021 jeweils um 20.00 Uhr)
Blick auf die Bühne
des Teatro Rossini in Pesaro
Alle Jahre wieder kommt es vor, dass in Pesaro die gleiche Oper auf dem
Spielplan steht wie einen Monat zuvor beim Belcanto Opera Festival
Rossini in Wildbad, zuletzt 2013 und 2015 als sich beide Festivals -
unabhängig voneinander? - einmal für Rossinis Guillaume Tell
und zwei Jahre später für L'inganno felice entschieden haben.
In diesem Jahr feiert am 11. August 2021 um 20.00 Uhr in der
Vitifrigo Arena eine Neuproduktion von
Elisabetta regina d'Inghilterra
Premiere, die in Bad Wildbad in der Inszenierung von Festspielintendant
Jochen Schönleber zu erleben war (siehe auch
unsere Rezension).
Die Koproduktion mit der Fondazione Teatro Massimo di Palermo setzt Davide
Livermore in Szene, der in Pesaro seit vielen Jahren kein Unbekannter mehr
ist. In guter Erinnerung sind sicherlich noch Demetrio e Polibio aus
dem Jahr 2010 geblieben, eine Produktion, die 2019 wieder aufgenommen worden
ist, oder Ciro in Babilonia 2012 mit einer Wiederaufnahme 2016 und
die beiden komischen Opern L'italiana in Algeri 2013 und Il turco
in Italia 2016. Nun darf mit großer Spannung sein Blick auf die
englische Königin Elisabeth I. erwartet werden. In der Titelpartie ist die
Mezzosopranistin Karine Deshayes zu erleben. Als der von ihr geliebte
Leicester kehrt Sergey Romanovsky nach Pesaro zurück. Seine heimliche Braut
Matilde ist mit Salome Jicia ebenfalls mit einer "alten Bekannten" in Pesaro
besetzt, die hier nach ihrem Debüt als Contessa di Folleville 2015 mehrere
Erfolge gefeiert hat (Titelpartien in La donna del lago 2016,
Torvaldo e Dorliska 2017und Semiramide 2019). Als intriganter
Norfolc debütiert der Tenor Barry Banks. Musikalisch begleitet wird die
Produktion von dem Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai unter der Leitung
von Evelino Pidò. (Weitere Aufführungen:
14., 17. und 21. August jeweils um 20.00 Uhr)
Des Weiteren ergänzen zahlreiche Konzerte das Programm. Hervorzuheben sind:
- die Aufführung von Rossinis Stabat mater am 20. August 2021 um
20.30 Uhr in der Vitifrigo Arena mit Giuliana Gianfaldoni, Vasilisa
Berzhanskaya, Ruzil Gatin und Riccardo Fassi als Solisten und
- eine Gala Rossini am 22. August 2021 um 20.30 Uhr auf der Piazza
del Populo anlässlich des 25-jährigen Jubiläums von Juan Diego Flórez, der
neben anderen Solistinnen und Solisten des diesjährigen Festivals hier
auftreten wird.
Natürlich dürfen auch in diesem Jahr die beiden Vormittagsaufführungen im
Teatro Rossini von
Il viaggio a Reims nicht fehlen, die in jedem Jahr
von Sängerinnen und Sängern der Accademia Rossiniana bestritten werden, die
im Juli in einem Wettbewerb ausgewählt worden sind. (Termine: 15. und
18.
August 2021 um 11.00 Uhr)
Weitere
Informationen finden Sie unter
www.rossinioperafestival.it.
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Homepage
unsere Rezensionen:
Moïse et Pharaon
Il signor Bruschino
Elisabetta regina d'Inghilterra
Il viaggio a Reims
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