Wexford Festival Opera
21.10.2022 -
06.11.2022
Von Thomas Molke
Blick auf Wexford am
Abend
Während sich andernorts die großen und kleinen
Opernbühnen mitten im normalen Spielbetrieb befinden, lockt das Wexford
Festival Opera zum mittlerweile 71. Mal Operninteressierte aus aller
Welt in das beschauliche Küstenstädtchen an der Südostküste Irlands, um
Opernraritäten jenseits des gängigen Repertoires zu präsentieren. 2020 hat
Rosetta Cucchi mit ambitionierten Plänen die künstlerische Leitung des
Festivals übernommen. Doch dann kam Covid-19 und machte auch ihren Visionen
einen Strich durch die Rechnung. Aufgrund der geltenden Reisebeschränkungen
war eine Durchführung des Festivals 2020 nicht möglich, und so entschied man
sich, unter dem Motto "Waiting For Shakespeare in the Air" ein kostenloses
Online-Festival für die zahlreichen Fans in der ganzen Welt zu veranstalten.
2021 konnte man das für 2020 geplante Programm unter dem Motto "Shakespeare
in the Heart" nur vor reduziertem Publikum spielen. Auch wenn die
Corona-Pandemie noch nicht vorbei ist, hofft man dennoch, in diesem Jahr
wieder zum normalen Spielbetrieb zurückkehren zu können. Das Motto "Magic &
Music" mit dem folgenden Zitat von James Joyce "Shut your eyes and see"
klingt dabei nahezu wie eine Kampfansage an das Corona-Virus. Manchmal hilft
es nämlich nur, die Augen zu schließen, um die Fantasie neu anzuregen. Mit
diesem Ziel hat Cucchi ein umfangreiches Programm geschnürt, in dessen
Zentrum wieder drei große Opernaufführungen stehen.
Das National
Opera House, Blick aus dem Zuschauerraum
Den Anfang macht am 21. Oktober 2022 um 20.00 Uhr im
National Opera House La tempesta
von Fromental Halévy. Die Oper basiert auf Shakespeares The Tempest
und erlebte im Juni 1850 im Her Majesty's Theatre in London ihre
Uraufführung. Cucchi hält dieses Stück für besonders geeignet für Wexford, da
hier ein französischer Komponist eine italienische Oper für ein britisches
Publikum geschaffen hat, was man als durchaus kosmopolitisch bezeichnen
kann. Als Liebespaar Miranda und Fernando sind Hila Baggio und Giulio
Pelligra zu erleben. Die Partien des Prospero und des Calibano sind mit zwei
jungen Mitgliedern der von Cucchi 2020 gegründeten "Wexford Factory"
besetzt. Nikolai Zemlianskikh und Giorgi Manoshvili gehören zu den insgesamt
16 Künstlerinnen und Künstlern, die in den kommenden zwei Jahren in
Meisterklassen und kleineren und größeren Opernpartien in Wexford gefördert
werden. Wie erfolgreich dieses Projekt sein kann, zeigt die Sopranistin Jade
Phoenix, die als Teilnehmerin der vergangenen zwei Jahre als Giulietta in
Bellinis I Capuleti e i Montecchi begeisterte und nun die Partie des
Luftgeistes Ariel übernimmt. Inszenieren wird diese Koproduktion mit dem
Teatro C. Coccia Novara in Italien Roberto Catalano. Die musikalische
Leitung übernimmt Francesco Cilluffo. (Weitere
Aufführungen: 24. und 29. Oktober 2022 und 3. November 2022 jeweils um 20.00 Uhr)
Das National
Opera House, Blick in den Zuschauerraum
Weiter geht es am 22. Oktober 2022 um 20.00 Uhr im
National Opera House mit Lalla-Roukh von
Félicien David. Auch diese Oper hat in gewisser Weise einen kosmopolitischen
Charakter. Das französische Libretto basiert auf einer Romanze des irischen
Dichters Thomas Moore und erzählt die Geschichte einer persischen
Prinzessin, die sich auf dem Weg zu ihrem designierten Bräutigam in einen
Poeten verliebt. Die Oper erlebte am 12. Mai 1862 in Paris ihre
Uraufführung, drei Jahre nach Davids Herculanum, einem Werk, das 2016
in Wexford auf dem Programm stand (siehe auch
unsere Rezension).
In der Titelpartie ist Gabrielle Philiponet zu erleben. Die
Partie des Poeten Nourreddin, der sich als ihr zukünftiger Ehemann entpuppt,
übernimmt Pablo Bemsch. Für die Inszenierung zeichnet Orpha Phelan
verantwortlich. Die musikalische Leitung liegt in den Händen von Steven
White. (Weitere Aufführungen: 25. Oktober 2022 und 4. November 2022 jeweils um 20.00 Uhr
und 30. Oktober 2022 um 17.00 Uhr)
Die dritte große Opernproduktion, die am 23. Oktober 2022 um 20.00 Uhr
im National Opera House Premiere feiert, ist eine Koproduktion mit dem
Pilsen Theater in Tschechien und widmet sich einer Zauberin, die man auf der
Opernbühne vor allem von Händel, Gluck, Vivaldi und Rossini kennt:
Armida. In Wexford handelt es
sich jedoch um die relativ unbekannte tschechische Oper von
Antonín Dvořák,
die am 25. März 1904 am Prager Nationaltheater ihre Uraufführung erlebte.
Für die Titelpartie kehrt die Sopranistin Jennifer Davis zurück, die 2013 im
Short Work L'elisir d'amore zu erleben war und seitdem international
Karriere gemacht hat. Als Rinaldo ist Gerard Schneider zu erleben. Hartmut
Schörghofer zeichnet für die Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme
verantwortlich. Die musikalische Leitung übernimmt Norbert Baxa. (Weitere Vorstellungen: 28. Oktober 2022,
2. und 5. November 2022 jeweils um 20.00 Uhr)
Die von Cucchi 2020 gegründete "Wexford Factory" begleitet
jetzt junge Künstlerinnen und Künstler über einen Zeitraum von zwei Jahren
auf ihrem beruflichen Weg. Die für 2020 ausgewählten Künstlerinnen
und Künstler hatten aufgrund der Corona-Pandemie keine Möglichkeit, vor
Live-Publikum aufzutreten, weshalb die Factory mit ihnen 2021 fortgesetzt worden ist. Von daher wurde
beschlossen, das Programm grundsätzlich auf zwei Jahre anzulegen. Kooperiert
wird hierbei neben der Technological University Dublin und der Royal Irish
Academy of Music mit dem Bolshoi Young Artists Opera Programme in Moskau und
der Rossini-Opera Festival "Alberto Zedda" Akademie in Pesaro. Cucchi
plant, für die nächsten Jahre diese Förderung noch auszuweiten. Mit den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern der Wexford Factory wird neben mehreren Workshops die Oper Cinderella
der erst 16-jährigen Komponistin Alma Elizabeth Deutscher erarbeitet,
die bereits im Alter von 10 Jahren ihre erste Oper komponierte.
Cinderella entstand, als Deutscher 11 Jahre alt war. Die Uraufführung
2016 in Wien leitete Zubin Mehta. Die Premiere dieser Produktion findet am 26. Oktober 2022 um
11.00 Uhr im National Opera House statt. Inszenieren wird Davide Gasparro. (Weitere Termine: 29.
Oktober 2022 und 5. November 2022 jeweils um 15.00 Uhr und 31. Oktober 2022
um 17.00 Uhr)
Natürlich dürfen auch das allseits beliebte
Gala-Konzert (Termin: 1. November 2022) sowie die Lunchtime Recitals
in der St. Iberius Church und Dr. Tom Walsh Lecture (Termin:
27. Oktober 2022) nicht fehlen. Thema ist dieses Mal "Shakespeare's Rough
Magic". Vortragen wird Patrick Spottiswoode, der lange Jahre eine zentrale
Rolle beim Globe Theatre in London gespielt hat. Als Stargast für ein
weitere Gala mit Orchester konnte Daniela Barcellona gewonnen werden
(Termin: 27. Oktober 2022).
Das Format "Pocket Operas / Opera Beag", das
eigentlich schon 2020 an die Stelle der beliebten "Short Works" treten
sollte, wird nun 2022 endlich stattfinden. Im Jerome Hynes Theatre wird es
an mehreren Nachmittagen The Master von Alberto Caruso aus dem Jahr
2016 geben. Das Werk basiert auf einer Erzählung des irischen
Schriftstellers Colm Tóibín, der auch das Libretto
verfasst hat. Im Wexford Arts Centre gibt es die fantasievolle Farsa The
Spectre Knight von Alfred Cellier, die am 9. Februar 1878 ihre
Uraufführung an der Opéra-Comique in London erlebte.
Hervorzuheben ist auch die Premiere des WFO Artist in Residence Komponisten
Conor Mitchell. Am 26 Oktober 2022 feiert um 20.00 Uhr seine Kammeroper
Les Selenites im Jerome Hynes Theatre Premiere. Dabei geht es um die
bizarre Welt des französischen Film-Pioniers Georges Méliès. (Weitere
Aufführung: 6. November 2022 um 11.00 Uhr)
Das
komplette Programm finden Sie unter
www.wexfordopera.com.
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Homepage
unsere Rezensionen:
La tempesta
Lalla Roukh
Armida
Cinderella
The Master
The Spectre Knight
Pressekonferenz mit Rosetta Cucchi
zum Wexford Festival Opera 2023
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